Moskau/Berlin | aktualisiert | Russlands Präsident Wladimir Putin hat die ukrainische Führung dazu aufgefordert, ihren Militäreinsatz im Osten der Ukraine unverzüglich zu stoppen. Derweil hat die deutsche Bundesregierung in der Ukraine-Krise ihr Vokabular verschärft und erstmals von einer „militärischen Intervention“ Russlands gesprochen.

„Ich fordere die ukrainische Führung erneut dazu auf, ihre militärischen Aktionen sofort zu stoppen, das Feuer einzustellen und sich mit den Vertretern des Donbass an den Verhandlungstisch zu setzen, um alle angehäuften Probleme mit friedlichen Mitteln zu lösen“, hieß es in einer Mitteilung des russischen Präsidenten vom Freitag.

Moskau sei dazu bereit, „humanitäre Hilfe für die Menschen im Donbass, die von dieser humanitären Katastrophe betroffen sind, bereitzustellen“, so Putin weiter.

Der russische Präsident appellierte zudem an die Separatisten, einen „humanitären Korridor“ für den Abzug der eingeschlossenen ukrainische Truppen zu öffnen. Zu den Vorwürfen seitens des Westens, russische Soldaten wären in der Ost-Ukraine aktiv und würden die Separatisten unterstützen, äußerte sich Putin in der Mitteilung nicht.

Russland-Beauftragter: Putin zu Intervention in Ukraine bereit

Nach Einschätzung des Russland-Beauftragten der Bundesregierung, Gernot Erler (SPD), rückt ein offenes Eingreifen Russlands in der Ukraine immer näher: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass Präsident Wladimir Putin bereit ist für eine offene Intervention“, sagte Erler in einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag). Putin habe eine Prioritäten-Entscheidung getroffen. „Er ist fest entschlossen, auch höchste politische Risiken einzugehen, um auf jeden Fall eine militärische Niederlage der pro-russischen Separatisten in der Ukraine zu verhindern.“

Bereits jetzt gebe es Hinweise auf verstärkte russische Unterstützung für die Separatisten. Nachdem diese zwischenzeitlich in die Defensive geraten seien, laufe nun eine Gegenoffensive. Mit Blick auf den EU-Sondergipfel am Wochenende warnte Erler davor, die Wirkung von Sanktionen zu überschätzen.

Strafmaßnahmen würden selbstverständlich ein Thema der Staats- und Regierungschefs sein, da sich Russlands Kurs nicht geändert, sondern sogar in eine negative Richtung verändert habe. „Da Putin aber unter allen Umständen entschlossen ist, die Separatisten vor einer militärischen Niederlage zu bewahren, wird er sich davon auch von Sanktionen nicht abhalten lassen.“ Der SPD-Politiker betonte, die politische Katastrophe für Russland sei ohnehin schon eingetreten: Das Land sei international weitgehend isoliert, „weil immer deutlicher wird, dass es illegal militärisch in der Ukraine interveniert“.

Putin genießt nach Einschätzung von Erler zwar weiter große Popularität in der russischen Bevölkerung. Zugleich gebe es in Moskau aber große Frustration darüber, dass man den Willen der Menschen, Ukrainer zu bleiben, absolut unterschätzt habe, sagte der SPD-Politiker. Gestartet sei die Führung in Moskau mit der Hoffnung, dass sich elf von 24 ukrainischen Regionen zu einem autarken Gebilde zusammenschließen und sich zur russischen Welt bekennen würden.

Das sei aber nicht passiert. „Übrig geblieben sind nur die Stadtkerne von Donezk und Lugansk, während der Rest sich auf einen anderen Weg gemacht hat.“

Berlin spricht von „militärischer Intervention“

Die deutsche Bundesregierung hat in der Ukraine-Krise ihr Vokabular verschärft und erstmals von einer „militärischen Intervention“ Russlands gesprochen. Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert sollen sich die Hinweise auf eine Präsenz von Russen und russischen Waffen in der Ostukraine verdichtet haben. „Das alles zusammen addiert sich zu einer militärischen Intervention“, sagte Seibert am Freitag in Berlin.

Eine entsprechende Einschätzung hatte es zuvor auch von Seiten der Nato gegeben, das Militärbündnis sprach von einem „Einfall“. Russland weist den Vorwurf, Truppen in die Ukraine entsendet zu haben, jedoch zurück. Nach Angaben des russischen Außenministers Sergej Lawrow seien Nato-Satellitenbilder mit angeblichen russischen Truppenbewegungen nur „Computerspiele“.

Am Wochenende soll derweil auf einem Sondergipfel der Europäischen Union (EU) in Brüssel über weitere Sanktionen gegen Russland beraten werden.

Autor: dts