Die VHS hat ihre Wurzeln in der Weimarer Republik. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand sie im Hansahochhaus ihren Platz.

Köln | Die Kölner Volkshochschule ist die größte in NRW und die zweitgrößte nach München in Deutschland. 30.000 Menschen nutzen jedes Semester die Angebote der VHS. Insgesamt können sie zwischen 3500 Veranstaltungen von 900 freiberuflichen Dozenten wählen.

Gegründet wurde die Kölner Volkshochschule 1919. Der „Verein geistiger Arbeiter“ plante damals Bildung für alle, denn der Aufbruch in die Demokratie brauchte mündige Bürger – informiert und fähig, sich eine eigene Meinung zu bilden. Gegründet wird der Verein von Professoren und Dozenten der Kölner Uni, die auch gerade wieder ihre Pforten geöffnet hat. Gewerkschaften und Berufsverbände sind von Anfang an beteiligt. Der Verein residiert im Stollwerck-Haus an der Hohe Straße. Am 2. Mai 2019 gibt es den ersten Vortrag über die neue Reichsverfassung.

Diese legt fest, dass Volkshochschulen staatlich gefördert werden sollen. Viele weitere Grundpfeiler der heutigen VHS haben ihre Wurzeln in dieser Zeit. Dazu gehört die kommunale Verankerung, die Förderung durch die Länder, die Freiheit der Lehre, die Freiwilligkeit der Teilnahme und die freiberuflichen Lehrkräfte. Schon früh wird es international bei der VHS. 1922 treffen sich deutsche und englische Arbeiter, als frühere Kriegsgegner, zur deutsch-englischen Volkshochschulheimwoche im Schloss Brühl.

Und der Lernbedarf ist durch aus groß: zahlreiche Menschen hatten in ihrer Jugend nicht die Möglichkeit, Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen – entsprechende Kurse in der VHS helfen die Kluft zwischen den „geistigen Arbeitern“ und den „Handarbeitern“ zu schließen, und den vom Krieg aus der Bahn geworfenen Menschen bieten sich neue Möglichkeiten, sich beruflich neu zu orientieren. 1919 startete die VHS mit 20 Vortragsreihen und sechs Kursen.

Während der NS-Diktatur musste die städtische Volkshochschule pausieren, um nicht durch eine Übernahme zum Instrument der nationalsozialistischen Ideologie zu werden – so wurde sie 1933 von ihrem Leiter Paul Honigsheim geschlossen. 1935 gründeten die Nazis in Köln mit der sogenannten „Volksbildungsstätte“ eine Nachfolgerin und nutzen diese als Mittel, um ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es am 15. September 1946 den demokratischen Neuanfang der Kölner VHS – sie wird in der Aula der Uni wieder begründet. 1949 ist das Grundgesetz Thema der Vorträge und Seminare, in den 50er Jahren folgt die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft als Thema. Auch die Kooperation mit den Gewerkschaften wird im Programm „Arbeit und Leben fortgeführt. Wieder dient die VHS der Verständigung und Orientierung in einer Umbruchsituation – das gilt für Kriegsheimkehrer genauso wie für Besatzungssoldaten.

Zu den ersten Gebäuden, in denen die VHS mit ihren Angeboten ihren Platz für Unterrichtsorte findet in das Hansahochaus am Ring. 1965 bezieht die Volkshochschule ihr neues Domizil am Neumarkt – das VHS-Studienhaus. Zur Ausstattung gehören ein hochmodernes Sprachlabor, ein Tanz- und Bewegungsraum, ein Musiksaal, Werkstätten sowie Seminarräume. Viele Einrichtung, die in den Stadtteilen verteilt waren, haben jetzt einen zentralen, gemeinsamen Platz. Von 2008 bis 2015 wird das Gebäude umgebaut. Mit dem Forum im Kulturquartier bekommt die VHS einen neuen großen Saal zur Verfügung gestellt.

Gefeiert wird das 100-jährige Bestehen am 24. Mai mit einer zentralen Festveranstaltung im Forum, zu der auch OB Henriette Reker erwartet wird. Am gleichen Tag gibt es die Jubiläumsnacht im VHS-Gebäude mit bunten Themen von Yoga über Sprachen bis zum Workshop für Geburtstagsgedichte. Dritter Baustein ist eine Ausstellung, die am gleichen Tag im VHS-Studienhaus eröffnet wird und die ihre Besucher mit auf eine Reise in die Geschichte nehmen wird.

Mit dem Blick in die Vergangenheit öffnet sich auch der Blick in die Zukunft der Einrichtung. Zu deren Zielen gehört es, die 2003 wegen der Haushaltskonsolidierung gestoppte Dezentralisierung wieder rückgängig zu machen. So will die VHS künftig verstärkt in die Veedel gehen und in allen Kölner Stadtbezirken vertreten sein.

Ähnlich wichtig sind die Deutsch-Sprachkurse für Menschen mit Migrationshintergrund, um diesen die Integration zu ermöglichen. Die VHS ist hier der größte Träger für Integrationsangebote in der Stadt. Unterrichtet wird Deutsch als Zweit- und Fremdsprache. Dazu gehört zum Beispiel auch ein Sprachkurs, der Pflegepersonal qualifizieren soll. Angeboten wird außerdem ein online-unterstützter Englisch-Konversationskurs, der über die VHS-Cloud läuft und der parallel auch Präsenzkurse anbietet. Der Bereich Sprache ist der größte Bereich der VHS.

Digitale Bildung

Ein Schwerpunkt im ersten Halbjahr ist für die VHS die digitale Bildung. Dort gibt es die kostenlose Reihe „Digital Corner“ zum Beispiel mit einer Online-Schreibwerkstatt, bei der man örtlich flexibel lernen kann – von zu Hause oder vor Ort bei der Volkshochschule, wo man sich auch mit Dozenten und anderen Teilnehmern austauschen kann. Weitere Themen sind beispielsweise „Die Arbeitswelt der Zukunft“ oder die „Digitale Vernetzung“.

Bei der politischen Bildung gibt es am 31. Januar im Forum eine Veranstaltung mit dem Titel „Zehn Regeln für Demokratie“, bei der es darum geht, wie man Demokratie im Alltag verteidigen kann. Eine weitere Veranstaltung gibt es im Forum zum „Tag des Rassismus“ am 21. März. Zur Europawahl wird am 9. Mai ein Speed-Dating mit Kandidaten angeboten. Im Bereich Psychologie geht es am 14. März im Forum um „Gewalt an Frauen“.

Zum Jubiläum gibt es Veranstaltungen wie „100 Jahre Frauen in deutschen Parlamenten“ am 28. März, 100 Jahre Bildung für alle: Die Volkshochschulen und die Bildung für Frauen am 11. Juli, die VHS zur Zeit des Nationalsozialismus am 18. Juni, die Volkshochschule in der Kölner Kulturszene am 27. Juni und die Veranstaltung „Mit Musicals durchs Jahrhundert: Ein Medley“ am 24. Mai.

Autor: Von Stephan Eppinger
Foto: Jakob Schüller, Leiter der VHS, und Agnes Klein, zuständige Dezernentin mit Programmen von 1946 und 2019