Report-k.de: Jürgen Roters ist am Freitag 100 Tage im Amt. Sind nach Ihrer Auffas-sung erste Konturen einer neuen Stadtpolitik erkennbar?
Winrich Granitzka, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion: Auf den ersten Blick ist die Abkehr von den repräsentativen Aufgaben eines Oberbürgermeisters erkennbar. Was ich jedoch bisher vermisse sind fundierte und klare Entscheidungen bei schwie-rigen Themen wie z. B. Haushalt, Opernquartier oder Umbau des Breslauer Platzes. Sehr begrüßenswert ist es demgegenüber, dass Herr Roters in der Frage des Baus eines Stadtbahntunnels unter der Rheinuferstraße auf unseren Kurs eingeschwenkt ist.
Hat nach Ihrer Einschätzung Kölns neuer Oberbürgermeister bereits erste Impulse gesetzt?
Als bisherigen Impuls könnte man die Einrichtung eines vierten Bürgermeisterpos-tens nennen. Blickt man auf das heute im Kölner Stadtanzeiger abgedruckte Inter-view des Oberbürgermeisters gibt es dennoch Anlass zur Hoffnung. Nach dem The-ma „Stadtbahntunnel“ übernimmt der Oberbürgermeister dort auch unsere Forderung zur Einschaltung einer unabhängigen Personalberatung für die Vergabe des Kämme-rerpostens. Ich denke, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern ein transparentes und faires Verfahren bei der Auswahl der städtischen Dezernenten schuldig sind.
Hat Jürgen Roters die schwierige Haushaltslage 2010 in Köln im Griff?
Ehrlich gesagt ist dies in so kurzer Zeit nicht zu erwarten. Der von der SPD gewählte Ansatz die Steuern und damit die Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen – Stichwort Kulturtaxe – halten wir aber nicht für den richtigen Weg. Für den Haushalt 2010 gilt es nachhaltig zu sparen. Hierauf werden wir in den Beratungen achten, so dass sich auch der Oberbürgermeister beim Haushalt nicht einfach durch-lavieren kann. Ich glaube, zur Konsolidierung der kommunalen Haushalte müssen wir verstärkt regional denken und Projekte gemeinsam – wie in der Regionale 2010 ge-schehen – angehen. Dies könnte ein gangbarer Weg auch für die finanzielle Zukunft unserer Stadt sein.
Wie bewerten Sie die Präsenz des neuen Oberbürgermeisters in der Öffentlichkeit?
Auch hier gilt – aller Anfang ist schwer! Herr Roters hat sich dafür entschieden mehr in der Verwaltung zu arbeiten, weshalb er die öffentliche Präsenz delegiert hat. Für den Start ist dies nachvollziehbar. Auf Dauer muss er dennoch dem Begriff „Bürger“ im „Ober – meister“ mehr Raum widmen. Herr Roters wird sich hier umstellen müs-sen.
Eine der ersten Entscheidungen unter Jürgen Roters war der Umbau der Oper und Neubau des Schauspielhauses. Hat Kölns Oberbürgermeister den politischen Pro-zess gut gelenkt? Und war diese Entscheidung die richtige für Köln?
Zum Zeitpunkt der Ratsentscheidung am 17.12.2009 war der wesentliche politische Prozess abgeschlossen, so dass für Herrn Roters kaum die Gelegenheit bestand lenkend einzugreifen. Dessen Vorlage war zudem alles andere als überzeugend, weshalb wir auch dagegen gestimmt haben. In dem ganzen Diskussionsprozess ist die CDU immer für eine Sanierung der Oper und den Neubau des Schauspielhauses eingetreten. Durch die jetzt getroffene Entscheidung wurde die selbstauferlegte, fi-nanzielle Beschränkung für das Projekt leider aufgegeben.
Weitere Stimmen zu 100 Tagen Jürgen Roters:
IHK: Dr. Herbert Ferger, Hauptgeschäftsführer >>>
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Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführers der HWK zu Köln >>>
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Marc Kurtenbach, Präsident des Wirtschaftsclubs Köln >>>
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Jörg Mährle, Deutscher Gewerkschaftsbund Köln >>>
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Martin Börschel, Fraktionsvorsitzender der Kölner SPD >>>
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Jörg Detjen, Vorsitzender der Fraktion Die Linke >>>
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Ralph Sterck, Vorsitzender der FDP-Fraktion Köln >>>
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10 Kölner Bürger melden sich zu Wort >>>
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Herr Granitzka, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
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Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung