Köln | In Köln herrscht dicke Luft: Um den Ausstoß des klimaschädlichen Stickstoffdioxid drastisch zu senken, beriet seit einem Jahr ein „ Runder Tisch Luftreinhaltung“, welche Maßnahmen die Stadt kurz- bis langfristig umsetzen kann. Jetzt wurde ein Katalog mit 56 Handlungsempfehlungen Maßnahmen von OB Henriette Reker abgezeichnet. Er wird nun den politischen Gremien zur Beratung vorgelegt.

Die Vorschläge wurden nach Schnelligkeit der Umsetzung, Kosten für Verwaltung und Bürger, Umsetzbarkeit und Wirkung in jeweils drei Abstufungen gewichtet, erklärt Konrad Peschen, Leiter des Umweltamtes, die jetzt vorgelegte Liste. Danach ist es am einfachsten, die „Kommunikationsaktivitäten“ – sprich die Werbung für eine Änderung des Mobilitätsverhaltens – zu verbessern. Das ist quasi sofort und mit relativ geringem Aufwand möglich, die Kosten für die Stadt sind überschaubar, die Bürger werden nicht direkt belastet.

Allerdings kennt die Verwaltung ihre Kölner: Sie werden nicht darauf reagieren. Der Wirkungsgrad dieser Maßnahme erhält deshalb nur eine drei – die schlechteste Note. Gleiches gilt für Stauhinweise oder das Baustellenmanagement.

Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel soll erleichtert werden

Wichtiger ist daher der Aufbau einer Infrastruktur, die es den Menschen leichter macht, zum Beispiel auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen und dadurch den Individualverkehr zu senken. Dazu zählen grundsätzliche Überlegungen, wie künftige Wohnsiedlungen zu planen sind oder auch der Ausbau des KVB-Netzes. Maßnahmen allerdings, die nur langfristig umsetzbar sind. Und im Falle etwa einer Ost-West-U-Bahn auch teuer sind.

Mittelfristig umsetzbar wären dagegen der verstärkte Einsatz von E-Mobilen insbesondere bei städtischen Betrieben– verbunden mit einer Erweiterung des Ladestationen-Netzes für Privat-PKW –, die Verlagerung von LKW-Verkehr auf die Schiene, „umweltsensitive Ampelsteuerung“ oder Ausbau des Bewohnerparkens.

Vorgeschlagen wird auch, den Lieferverkehr in die Innenstadt umzuorganisieren. Kurzfristig könnte dies – bei allerdings nur geringer Wirkung und mittlerer Kosten für die Betreiber – durch den Einsatz von Lasträdern geschehen. Mittelfristig sind Güterverteilzentren oder ein „LKW-Führungskonzept“ angedacht.

Teilweise Fahrverbote und City-Maut als letzte Möglichkeit

Als Umweltdezernent Harald Rau, erst wenige Wochen im Amt, vor fast einem Jahr auch ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge als mögliche Maßnahme vorschlug, um die permanente Überschreitung der CO2-Grenzwerte zu verhindern, wurde er prompt von der OB zurückgepfiffen. Zufahrtsbeschränkungen in die Innenstadt tauchen auch jetzt nur ganz am Schluss auf – seien sie teilweise, etwa auf Dieselfahrzeuge beschränkt, oder auch über eine City-Maut. Große Hoffnung wird hier auf die Einführung einer blauen Plakette für Dieselfahrzeuge gesetzt. Angesichts der laufenden Gerichtsprozesse dürften Fahrverbote aber als ultima ratio noch nicht vom Tisch sein.

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Das sagt die Kölner Politik:

SPD: Dieselfahrverbote und City-Maut verhindern
Wilfried Becker, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion: „Es ist uns unverständlich, warum diese Vorlage so lange gedauert hat und nicht schon längst Maßnahmen umgesetzt werden. Bereits im Sommer 2016 haben wir konkrete Vorschläge gemacht, um die Schadstoffe in der Luft merklich zu reduzieren. Oberbürgermeisterin Reker und Umweltdezernent Rau müssen jetzt endlich handeln – zum Schutz der Gesundheit aller Kölnerinnen und Kölner.“
Andreas Pöttgen, verkehrspolitischer Sprecher: „Durch die langen Verzögerungen wurde viel wertvolle Zeit vertan. Hoffentlich können Dieselfahrverbote und eine sozial ungerechte City-Maut dennoch verhindert werden. Diese Maßnahmen lehnen wir entschieden ab.“
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Grüne fordern Blaue Plakette

Jörg Frank, Fraktionsgeschäftsführer Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Kölner Rat: „Wie begrüßen ausdrücklich, dass OB Henriette Reker nun eine Entscheidungsvorlage auf Basis des Runden Tisches für die Ratssitzung am 6. Februar vorgelegt hat. Wir wollen eine zügige Beratung vorantreiben. Wichtig sind uns vor allem kurzfristige Maßnahmen mit hoher Wirksamkeit. Dazu gehören z.B. die Sonderbusstreifen für KVB-Busse, Mobilitätsstationen an ÖPNV-Stationen und die Umsetzung des LKW-Führungskonzepts einschließlich des LKW-Transitverbots durch die Innenstadt. Überfällig ist auch die Sperrung der Innenstadt für Touristenbusse (Komödienstraße). Das gilt auch für die Einführung der „Blauen Plakete“, um nur noch Diesel-Fahrzeugen mit besonders niedrigem Schadstoffausstoß in der Stadt zuzulassen. Gegen die Einführung der „Blauen Plakete“ wehrt sich immer noch die Bundesregierung. Es ist aber davon auszugehen, dass solch differenzierte Dieselfahrverbote vom Bundesverwaltungsgericht in Kürze vorgeschrieben werden.“
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Köln / Freie Wähler: Fahrverbote zur Luftreinhaltung sind eine „Bankrotterklärung“.
„Das Ergebnis des „Runden Tisches“ zur Erarbeitung von Maßnahmen zur Luftreinhaltung in Köln ist beschämend, eine echte Bankrotterklärung. Denn die Experten kommen zu der Erkenntnis, dass lediglich mit Fahrverboten und Einfahrbeschränkung im Sinne einer Blauen Plakette kurzfristig eine deutliche Reduzierung der Stickstoffdioxidwerte an den Kölner Belastungsschwerpunkten zu erreichen sei. Hier wird deutlich, dass in Köln Politik und Verwaltung das Problem seit Jahren verdrängt, und durch Fehlentscheidungen wie die großflächigen Baumfällungen auf der Bonner Straße, sogar noch verschärft haben“, so Thorsten Ilg von den Freien Wählern.

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Autor: ehu