Köln | Artikel ergänzt | Das Bündnis „Gemeinsam laut“ und die Organisatoren von „Widersetzen“ sprechen von 70.000 Menschen, die in Essen gegen die Partei Alternative für Deutschland (AfD) und deren Bundesparteitag in der Essener Grugahalle demonstrieren. Der AfD Bundesparteitag auf dem unter anderem die Neuwahl des Vorstandes ansteht begann 30 Minuten verspätet. Die Polizei Essen meldet Festnahmen. Ein erster Überblick über den Samstag in Essen.
70.000 Menschen gegen die AfD
An zehn verschiedenen Orten in Essen veranstalteten die Gegendemonstranten Sitzblockaden oder Kundgebungen gegen den AfD-Bundesparteitag. Am gestrigen Rave gegen die AfD nahmen rund 10.000 Menschen teil, so die Veranstalter. Ab 6 Uhr morgen nahmen rund 7.000 Menschen an den Sitzblockaden teil. Ab 14 Uhr startet die Kundgebung gegen die AfD auf dem Parkplatz 2 der Messe Essen.
Dazu erklärt Alassa Mfouapon vom Freundeskreises Flüchtlingssolidarität und Sprecher von widersetzen: “Wenn die AfD es wagt, ihren Parteitag mitten ins Ruhrgebiet zu legen, dann machen wir den Faschisten klar: Sie sind hier nicht willkommen! Die AfD will die Zeit der Nazi-Diktatur zurückbringen, sie will Millionen Menschen deportieren und ruft zu Gewalt gegen Minderheiten und politische Gegner auf. Demokratische Parteien übernehmen aktuell leider viel zu oft die rassistischen Forderungen der AfD. Wir zeigen heute: Das ist nicht im Sinne der deutschen Gesellschaft! Die Mehrheit in diesem Land ist gegen Faschismus.”
Polizei meldet Festnahmen bei Protesten gegen AfD-Parteitag
Bei den Protesten gegen den AfD-Parteitag in Essen hat es gewalttätige Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gegeben.
Im Bereich Rüttenscheid sei es „zu mehreren gewalttätigen Störaktionen“ gekommen, teilte die Essener Polizei am Samstagvormittag mit. Demonstranten hätten sich teilweise vermummt und Einsatzkräfte angegriffen. „Es kam bereits zu mehreren Festnahmen“, sagte ein Polizeisprecher.
Im Vorfeld waren mehrere Protestaktionen gegen den AfD-Parteitag mit tausenden Teilnehmern angemeldet worden, die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz und positionierte Wasserwerfer in der Nähe des Veranstaltungsortes. Der Parteitag begann schließlich mit 30 Minuten Verspätung.
Von Seiten der Demonstrierenden heißt es: Unter dem Motto “widersetzen” hatten sich Studierende, Familien, Beschäftigte aus Krankenhäusern, Nahverkehrsunternehmen und viele mehr mit ihren Körpern der AfD in den Weg gestellt und so die Anreise zur Grugahalle verzögert. Die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke gegen die Demonstrierende ein, es gab mehrere Festnahmen.
Gewalt bei Protesten gegen AfD-Parteitag eskaliert
Bei den Protesten gegen den AfD-Parteitag in Essen ist die Lage am Nachmittag eskaliert. Zwei Polizisten seien durch Demonstranten schwer verletzt worden, teilten die Sicherheitsbehörden mit.
Demnach sollen bisher unbekannte Täter während des Geleitschutzes eines Politikers durch eine Gruppe von Störern zwei Polizeibeamten der Bereitschaftspolizei gegen den Kopf getreten haben. Noch am Boden liegend seien die Beamten „mit Tritten traktiert“ worden, so die Polizei. Sie mussten in der Folge in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Die Tat ereignete sich im direkten Umfeld der Grugahalle.
Sieben ihrer Kollegen wurden laut Polizeiangaben bei dem Angriff ebenfalls verletzt, allerdings nur leicht. Die Täter konnten zunächst in der Menschenmenge unerkannt untertauchen und flüchten. Man werte derzeit Videoaufnahmen aus, um sie zu identifizieren, hieß es.
Bereits zuvor hatte die Polizei mitgeteilt, dass es im Bereich Rüttenscheid zu gewalttätigen Störaktionen gekommen sei. Demnach kamen auch Pfefferspray und Schlagstöcke zum Einsatz. Mehrere Personen wurden festgenommen – eine genaue Zahl wurde zunächst nicht mitgeteilt.
Anlässlich des Parteitages waren mehrere Protestaktionen mit tausenden Teilnehmern angemeldet worden, die Polizei ist das ganze Wochenende mit einem Großaufgebot im Einsatz – Wasserwerfer wurden bereits in der Nähe des Veranstaltungsortes positioniert. Am Sonntagvormittag ist unter anderem eine Mahnwache nahe der Grugahalle geplant.
Kritik an Polizei von Gegendemonstranten
Entsetzt reagiert das Bündnis widersetzen auf Medienberichte über Angriffe von AfD-Delegierten auf friedliche Demonstrierende. Wie in Medienberichten bereits zu lesen ist, ist der AfD-Politiker Stefan Hrdy aus dem Auto gestiegen und ist auf Demonstrierende zugegangen und hat sie angespuckt. Eine Ankündigung auf Strafanzeige durch die Polizei habe er bestätigt. In einer weiteren Situation habe er einer Person ins Bein gebissen.
Kritik übt das Bündnis auch am Vorgehen der Polizei. Diese habe das “Camp gegen Rassismus” an den Stadtrand verbannt, Demonstrierende schikaniert und auf unser Grundrecht auf Versammlungsfreiheit mit Pfefferspray und Schlagstöcken reagiert. Es gab Verletzte unter den Demonstrierenden.
Verdi Hamburg berichtet von einem Angriff der Polizei Essen
Verdi Hamburg schreibt zu dem Vorfall: „Heute morgen, kurz nach 6:00 Uhr, ist es in Essen zu einem Angriff der Polizei auf unsere Kolleg:innen und weitere friedliche Demoteilnehmer:innen gekommen.
Kurz nachdem die Menschen ihren Bus verlassen haben, um an den angemeldeten Versammlungen teilzunehmen, sind sie von Polizistinnen unter Schlagstockeinsatz und Pfefferspray brutal eingekesselt worden. Eine Kollegin aus dem Kessel berichtet: ,Wir sind nach Essen gekommen um gemeinsam mit unseren Kolleg:innen und Freund:innen für eine demokratische und offene Gesellschaft einzustehen. Das ist, was wir alle machen sollten. Wir sind schockiert über das brutale vorgehen der Polizei und das gerade Erlebte.‘
Wir verurteilen diesen Angriff auf die Menschen und das Versammlungsrecht aufs Schärfste.
Leider bestätigen sich damit Befürchtungen der letzten Tage. Bereits zu Wochenbeginn mussten wir mit Empörung vom Verbot des ‚Camp gegen Rassismus‘ in Essen-Werden erfahren. Das Camp wurde seit Monaten geplant, um einen Ort des demokratischen Austauschs, des kulturellen Programms und des Zusammenkommens zu schaffen. Am 24. Juni 2024 hatte die Polizei das campen im Löwental jedoch plötzlich untersagt- zwei Tage vor dem Start des Aufbaus. Auch die Diffamierung von zivilem Ungehorsam wie Straßenblockaden als ‚unfriedlichen Protest‘ wie in der gestrigen Pressemitteilung der Essener Polizei weisen wir entschieden zurück! Spaltungsversuche in gute und böse Demonstranten lehnen wir ab.“
Polizei Essen stellt Situation in „Zwischenbilanz“ anders dar
Die Polizei Essen berichtet von 32 Demonstrationen gegen den AfD-Bundesparteitag. Die Polizei Essen bilanziert nicht zwischen Aktionen des zivilen Ungehorsams und Aktionen, bei denen versucht wurde Sperrstellen zu durchbrechen. Zudem macht die generalistische Darstellung der Beamten eine strafrechtliche und juristische Einordnung nahezu unmöglich. Die Polizei Essen schreibt: „Leider gab es immer wieder größere Personengruppen von zum Teil mehreren hundert Personen, die durch gewaltsame Störaktionen versuchten die Delegierten an der Teilnahme des Bundesparteitags zu hindern oder Sperrstellen zu durchbrechen. Im Rahmen dieser gewalttätigen Aktionen mussten unsere Kolleginnen und Kollegen wiederholt Gebrauch vom Schlagstock und Reizgas machen.“
Einen Fall berichtet die Polizei Essen ausführlich, der sich gegen 10 Uhr im Bereich des Grugaplatzes und der Alfredstraße zugetragen haben soll. Beamte der Bereitschaftspolizei sollen einen Delegierten begleitet haben. Sie seien aus einer Gruppe von 200 Personen angegriffen worden. Dabei seien Einsatzkräfte verletzt worden. Die Polizei spricht insgesamt von 28 verletzten Beamt:innen. Dabei handelt es sich bis auf einen Fall um leichte Verletzungen, so die Beamten.
| red, Mit Material von dts nachrichtenagentur |