Das Symbolbild zeigt eine S-Bahn

Köln | Die Kölner Linke rechnet vor, wie nach ihrer Auffassung eine dauerhafte Finanzierung eines 9-Euro-Tickets ermöglicht werden könnte. Sie sieht einkommensarme Haushalte durch das 9-Euro-Ticket entlastet, dabei zahlen dann auch Millionäre nur 9 Euro, sofern sie den ÖPNV nutzen. Finanzieren will die Kölner Linke die Kosten durch Abschaffung der Subvention auf Dieselkraftstoff und das Dienstwagenprivileg.

Das will die Kölner Linke

Die Kölner Linke unterstützt den bundesweiten Aufruf „9 Euro-Ticket weiterfahren“. So schreibt der Kreisverband der Linken: „Die Fortführung des 9 Euro-Tickets sei klima- und verkehrspolitisch, aber auch sozialpolitisch geboten.“ Und dessen verkehrspolitische Sprecherin Maria Schu, teilt schriftlich mit: „Das 9 Euro-Ticket ist eine echte Entlastung bei den Mobilitätskosten für einkommensarme Haushalte und macht Sozialtickets überflüssig“.

Finanzieren will die Linke dies aus der Steuersubvention für Dieselkraftstoffe von jährlich 8,5 Milliarden Euro und der Abschaffung des Dienstwagenprivilegs, das rund 5 Milliarden Euro kalkulatorisch bringt. Damit, so der Kreissprecher der Linken Sergen Canoglu könne das 9-Euro-Ticket langfristig bezahlt werden.

Stimmt die einfache Rechnung der Linken so?

Auf den ersten Blick birgt die Rechnung der Kölner Linken Potenzial. Auf den zweiten Blick wird sie populistisch und argumentiert alleine aus einer urbanen Perspektive. Im Oktober 2021 sorgte eine Studie der Tochter der Deutschen Bahn ioki für Aufsehen. Diese stellte fest, dass 27 Millionen Deutsche in urbanen Regionen über einen guten Anschluss an den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) verfügen, aber 55 Millionen Menschen nur ein geringer ausgebauter und oft nicht ausreichender ÖPNV zur Verfügung steht. Diese würden nicht von einer Verlängerung des 9-Euro-Tickets profitieren, sehr wohl aber etwa von den höheren Dieselpreisen benachteiligt. Dies träfe auch Menschen mit geringerem Einkommen, die aufgrund der Nichtverfügbarkeit von ÖPNV auf ein Kraftfahrzeug angewiesen sind.  

Ein weiterer Aspekt ist das Thema Logistik: LKW fahren in der Regel mit Dieselkraftstoffen. Selbst die letzte Novelle des einstigen Mineralölsteuergesetzes in den 1990er-Jahren nannte die Begünstigung der Güter- und Personenbeförderung als Ziel. Auch der ÖPNV fährt mit dem Kraftstoff und in Köln und der Region gibt es immer noch das von der Bahn sogenannte „Dieselnetz“ bei den Regionalzügen. Gut, letztere blieben für den Endverbraucher günstiger mit einem 9-Euro-Ticket. Aber die Verbraucherpreise in den anderen Segmenten würden steigen, denn die gestiegenen Kosten für den Kraftstoff würden Logistiker auf den Handel und der wiederum auf seine Preise umlegen.

Ob gerade einkommensschwache Haushalte davon wirklich profitieren würden? Alleine im Bereich Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke betrug die Inflationsrate im Mai 10,7 Prozent und lag damit deutlich über dem Durchschnitt. So kommt das DIW ECON, dass von der Diakonie Deutschland e.V. beauftragt wurde deren Vorschlag für einen Krisenmechanismus zu prüfen, zu folgender Einschätzung: „Die Ergebnisse zeigen, dass die hohen Inflationsraten vor allem die einkommensschwächsten Haushalte treffen. Die anteilige Belastung der einkommensschwächsten Haushalte bei der aktuell prognostizierten Inflationsentwicklung ist nahezu fünf Mal so hoch wie die der einkommensstärksten. Fast 70 Prozent ihres Nettohaushaltseinkommens geben die 20 Prozent der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen für die durch die Inflation besonders belasteten Bereiche Nahrungsmittel, Wohnen und Verkehr aus.“ Die Diakonie schlug vor monatlich 100 Euro pro Leistungsempfänger für einen Zeitraum von 6 Monaten auszuzahlen. Dazu zählt, dass die Teuerungsrate im Bereich Verkehr vor allem den Bereich der Individualmobilität betrifft.  

Weiter stellt DIW Econ fest: „Die von der Bundesregierung bereits verabschiedeten Maßnahmenpakete entlasten einkommensschwächere Haushalte stärker als einkommensstarke, aber reichen nicht aus, um die Belastung durch höhere Preise in den untersten Einkommensgruppen vollständig zu kompensieren.“

Das 9-Euro-Ticket kommt auch gut angebundenen Millionären oder Menschen mit hohen Einkommen zugute. Die wohnen zudem oft in den Speckgürteln der urbanen Regionen.

Kölner Linke will Unterschriften für das 9-Euro-Ticket sammeln

Die Kölner Linke will in den kommenden Wochen auf die Straße gehen und Unterschriften für den Aufruf „9 Euro-Ticket weiterfahren“ sammeln. Die Linksjugend solid Köln hat am 10. August auf dem Alter Markt einen Aktionstag vorgesehen.