Claus-Ulrich Preuß, Cem Özdemir, Reinhard Grindel und Arnd Henze. (v.l.n.r.)

Das irakische Flüchtlingsproblem
Vor allem die Ausführungen von Reinhard Grindel verfestigten diesen Eindruck. Man mag das an einem Beispiel der Diskussion klar machen, als es um das Problem der Flüchtlinge aus dem Irak ging. Vielschichtig wurde das Thema angegangen zeigte aber auch die Grenzen deutscher Flüchtlingspolitik auf beeindruckende Art und Weise. Die Iraker, die vor Saddam Hussein flohen erhielten einst in der Bundesrepublik Asyl. Jetzt befinden sie sich wieder im Status der Duldung, ihr Asylantrag wurde wieder herabgestuft, d.h. im Klartext sie können innerhalb von drei Monaten wieder abgeschoben werden. Begründung: Saddam sei gestürzt und damit die Bedrohung für die Flüchtlinge entfallen, sie können in ihrem Land wieder sicher leben. Und das bei täglichen Berichten über Anschläge in den Nachrichten. Mit dem Status Duldung verlieren die Flüchtlinge vor allem die Sicherheit, auch deren Kinder, die mittlerweile hier zur Schule gehen. Und richtigerweise wurde auf dem Podium gesagt, motivieren Sie ein Kind mal wenn seine Zukunft unsicher ist. CDU Mann Grindel sprach zwar davon, dass nur straffällige alleinlebende Männer derzeit abgeschoben würden, aber die psychologische Komponente ließ er völlig außer Acht. Es wurden noch viele andere Beispiele die ähnliche Ungerechtigkeiten des deutschen Asylverfahrens belegen an diesem Abend in der Christuskirche vorgetragen. Claus-Ulrich Preuß, Geschäftsführer des „Kölner Flüchtlingsrates“, sprach dann auch von einem Skandal, dass die Verfahren der gerade mal 20.000 Iraker wieder aufgenommen wurden und Özedmir forderte eine pragmatische Lösung.

Europäisches Engagement in der Region gefordert
Cem Özdemir forderte auch, dass sich die Europäer und die Deutschen stärker in der Region des Nahen Ostens engagieren, nicht militärisch sondern politisch. Özdemir forderte eine substantielle Lösung für die Region und nicht nur eine singuläre Lösung für den Irak, sieht die Europäer aber vor allem in Pflicht, da die Amerikaner mit ihrem militärischen Eingreifen die Chancen in ihren politischen Dialogen minimiert haben. Viele in der Christuskirche, aber auch Experten befürchten gerade im Irak eine Ausweitung des Flüchtlingsproblems. Experten rechnen mit 5 bis 7 Millionen potentiellen Flüchtlingen. Ein Mann aus dem Plenum formulierte es drastisch: Gerade in den Flüchltingslagern, da wo Hoffnungslosigkeit wohnt, gedeihe gerade Fundamentalismus.

Das Land wo Milch und Honig fließen in der afrikanischen Wellblechhüte
Ein weiteres Beispiel aus dem Plenum zeigte, wie irrwitzig unsere westliche Politik agiert. Ein Mann erzählte von seinen Besuchen in zwei Dörfern in Ghana. Dort stand eine Wellblechhüte in der Mitte des Dorfes. In ihr ein Fernsehgerät mit den Programmen CNN, BBC und Deutsche Welle. Davor eine Tafel auf der mit Kreide das aktuelle Programm geschrieben steht. Für ein paar Cents sehen dort Jung und Alt den ganzen Tag wie schön es in der Bundesrepublik ist, die neuesten glitzernden Mercedes Modelle, blühende Landschaften. Der Mann aus dem Planum fragte zu Recht, ob es irgendjemand wundere, dass die Menschen den Wunsch hegen ins Land zu kommen wo Milch und Honig fließt?  All das ist bekannt, aber die Antwort von CDU Mann Grindel, der auch im Verwaltungsrat der Deutschen Welle sitzt irritierte dann doch. Man wisse um die Problematik und könne leider die Programme, die über Satellit ausgestrahlt werden nicht so koordinieren wie man das gerne wolle. Denn die Filme der Deutschen Welle seien eben auch für Amerika und Asien gemacht um in Hochglanz Investoren anzulocken. Interpretiert man Grindel, dann muss man mutmaßen, dass man derzeit bei der Deutschen Welle sozusagen nach dem Ausschaltknopf für Afrika suche.

Immerhin bei einem Thema herrschte ein wenig Einigkeit, der "Brain Train" muss aufgehalten, d.h. die intelligenten Menschen und die, die es sich leisten können aus den ärmsten Ländern nach Europa abzuwerben und damit den Herkunftsländern damit die Entwicklungschancen zu verbauen. Cem Özdemir merkte allerdings auch kritisch an, dass heute oft die Menschen, die nach Europa gekommen sind und hier leben und arbeiten die einzigsten Ernährer für ganze Dörfer in Afrika seien, mit dem Geld das sie nach Hause schicken.

Viele Themen wurden angesprochen, so auch das Problem der Illegalisierung von Menschen, deren Chancenlosigkeit und alle Themen zeigten, dass Politik und Europa keine Lösung für die Probleme hat und sich des Problems vor allem durch Abschottung erwehren will. Es bleiben auf der einen Seite immer die Appelle an die Menschlichkeit und auf der anderen Seite werden die Ängste formuliert, in dem sofort Kriminalität, Schleuserbanden in die Waagschale geworfen werden. Eines wurde aber auch in der kleinen Kölner Christuskirche im rechstrheinischen Dellbrück klar, die Lösung liegt alleine in einer gerechten Verteilung und menschenwürdigen Lebens auf dem gesamten Planeten, denn nur Repression und Abschottung wird alleine nicht auf die Dauer die Lösung des Problems sein. Arnd Henze, stellv. Auslandschef Fernsehen beim WDR, der die Diskussion moderierte stellte dann in seinem Fazit auch ein Unbehagen fest das nach der Diskussion bliebe und wertete dies als Aufforderung an diesem Thema weiter zu arbeiten.

www.dellbruecker-forum.de
Das 100ste Dellbrücker Forum wird sich mit dem Thema "Wie belastbar ist die Demokratie?" befassen.

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung