Köln | Die 32-jährige Rebekka Müller tritt für die seit vier Jahren bestehende Partei Volt als bundesweite Spitzenkandidatin an, belegt in NRW Listenplatz 1 und bewirbt sich um den Kölner Direktwahlkreis I als Direktkandidatin. Für die Politik gab Müller sogar ihren Job auf.

Wie kommt Rebecca Müller in die Politik?

Rebekka Müller war trotz oder gerade wegen ihres jungen Alters von 32 Jahren schon in vielen Branchen unterwegs. Auf die Frage, wie sie in die Politik kam, spricht Müller zunächst von einem untypischen Verlauf. Vor allem, wer auf die klassischen Parteikarrieren von der Jugendorganisation der Parteien bis zum Parteiamt blickt. Sie sei immer politisch interessiert gewesen und zu Hause lief der „Deutschlandfunk“. Das fand Müller spannend, hatte aber lange das Gefühl das „läuft ja irgendwie und wir bewegen uns politisch in einer Richtung mit der ich gut leben kann“. „Ich habe sehr früh gelernt, dass es für eine Frau superwichtig ist finanziell unabhängig zu sein und das war für mich der ausschlaggebende Punkt. Daher legte ich zunächst den Fokus auf meine berufliche Karriere“, sagt Müller.

Impulse von außen

Dann kam das Erstarken der AfD. Müller spricht von einem Schockmoment. Der Brexit und die Wahl von Trump. Müller kann sich an diese Tage noch sehr genau erinnern, bis zu dem Moment, wo sie gerade war, was sie machte und was sie emotional fühlte, als das Thema sie erreichte. Für sie prägende Ereignisse und sie merkte, dass die Politik europaweit und global in die falsche Richtung tendiere. Beruflich sei sie jeden Tag mit dem Flieger unterwegs gewesen und habe sich gefragt, wie nachhaltig das sei und welchen CO2-Fußabdruck sie persönlich hinterlasse oder gibt es nicht auch Menschen in den Ländern die sie beruflich ansteuere, die ihren Job machen könnten. Müller wollte sich beruflich umorientieren, politisch engagieren und mehr in Köln sein. Auch persönlich zog sie Konsequenzen: Keine privaten Flugreisen mehr oder Klamotten nur noch aus dem Second Hand Verkauf.

Zur Europawahl lernte sie über ihren Bekanntenkreis Volt kennen. Müller: „Das ist zum einen eine Partei mit der ich mich als Europäerin über den Europa-Aspekt sehr gut identifizieren kann und zum anderen sagt mir die evidenzbasierte und sachorientierte Politik sehr zu. Wir stehen vor so großen Herausforderungen und müssen diese sachlich und in einem breiten Konsens in der Demokratie lösen, weil wir es anders gar nicht schaffen werden.“

Die Kommunalwahl motivierte

Sie machte bei Volt mit und engagierte sich sehr schnell stark. Die Kommunalwahl in Köln gab den Ausschlag zur Kandidatur. Als City-Lead für Köln ist Müller nahe an der Kommunalpolitik geblieben und engagiert sich im Liegenschaftsausschuss als Sachkundige Bürgerin. Volt in Köln beteiligte sich im Ratsbündnis mit Grünen und CDU und bestimmt die Stadtpolitik mit. Dort merke sie, dass es immer wichtiger sei, die evidenzbasierte, paneuropäische und damit vernetzte Politik etwa über Best Practices einzubringen. Bei Volt werde grenzenlos gehandelt und gedacht und nur so seien die aktuellen Herausforderungen zu lösen.

Die Wahl zur deutschlandweiten Spitzenkandidatin bei dieser Bundestagswahl habe sie selbst überrascht. Sie kündigte ihren Job, um jetzt Vollzeit ehrenamtlich in den Bundestagswahlkampf einzusteigen. Jetzt ist Müller deutschlandweit unterwegs und erreicht damit eine breitere Medienpräsenz. Sie betont dabei den Teamgedanken von Volt, der ihr helfe so viel zu erreichen. Dies sei als Einzelkämpferin nicht zu schaffen, sondern nur im Team.

Wo landet Volt bei der Bundestagswahl

Müller schätzt, durch Reaktionen an den Wahlständen oder über Social Media, dass die Menschen in Deutschland ein „wahnsinnig großes Bedürfnis“ nach Veränderung verspüren und nach einer Politik, die die großen Herausforderungen dieses Jahrhunderts erst einmal annimmt sowie sachlich diskutiert. Dabei gehe es nicht sofort um die perfekte Lösung aber zumindest um eine Auseinandersetzung mit der Komplexität dieser Fragestellungen und eine Politik die dann wirklich Verantwortung übernehme. Dies vermisst Müller aktuell im Wahlkampf.

In der Corona-Politik stellt Müller eine Überforderung der etablierten Parteien fest. Durch die Ausweitung der epidemischen Lage werde auf demokratische Mechanismen nicht viel Wert gelegt und dies zeige, dass die Politik mit der aktuellen Situation überfordert sei. Dies führe dazu, dass sich Menschen eine Alternative und eine Erneuerung des etablierten Parteiensystems wünschten.

Angesprochen auf die Agilität der noch jungen Partei sich nach der Kommunalwahl gleich in Machtbündnissen zu engagieren, sagt Müller, dass Volt keinen Machtanspruch an sich vertrete, sondern es gehe bei Volt immer um die inhaltlichen Themen. In Köln im Bündnis mit Grünen und CDU spüre Volt, dass die Partei so mehr inhaltlich mitgestalten könne. Es gehe der Partei dabei um den Gestaltungsspielraum für ihre eigenen Themen und diese auch umsetzen zu können. Damit übernehme die Partei Verantwortung ist sich Müller sicher.

Wo schärft Volt sein Profil?

Der paneuropäische Gedanke sei Kern der Organisation von Volt. Volt sei die einzige Partei mit einem europäischen Grundsatzprogramm. Von dort seien auf alle politischen Ebenen die Programme konsistent heruntergebrochen. Dazu komme als Alleinstellungsmerkmal, dass Volt digital und persönlich europaweit vernetzt sei. Als Beispiel nennt Müller, dass sie zum Thema Kreislaufwirtschaft, ihre Kollegin in Amsterdam anrufen und nachfragen könne, wie dort mit dieser Problematik umgegangen werde. Davon könne sie direkt lernen. Das können andere Parteien nicht. Nur Volt denke und handele europäisch, sagt Müller.

Müller zeigt sich optimistisch was das Wahlergebnis angeht, spricht aber bei der 5-Prozent-Hürde von einer großen Herausforderung. Sie hält den Sprung über diese Hürde dann für möglich, wenn Volt es gelingt in Umfragen über 3 Prozent zu liegen.

Autor: Andi Goral
Foto: Das Pressefoto zeigt die Volt Spitzenkandidatin Rebekka Müller. | Foto: Wearecine Mars