Brüssel | Durch das Brexit-Votum steht das lang ersehnte Europäische Patentgericht vor dem Aus. Denn nach dem Referendum der Briten könnte nicht nur das europäische Einheitspatent zusammenbrechen. Auch der geplante Gerichtssitz in London würde keinen Sinn mehr machen.

„Die Auswirkungen des britischen Referendums auf das Europäische Patentgericht sind derzeit völlig offen“, sagte die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) dem „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe). „Tatsächlich würde ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU sowohl das Übereinkommen zum Patentgericht in der bisherigen Fassung als auch den Standort London infrage stellen.“ Ähnlich sieht das auch der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner: „Das Prestigeprojekt hängt derzeit komplett in der Schwebe.“ Fechner warnt jedoch davor, das Einheitspatent einfach aufzugeben.

Dafür sei die wirtschaftliche Bedeutung für deutsche Unternehmen und Erfinder viel zu groß. „Es werden aber auf jeden Fall Nachverhandlungen nötig sein“, sagte Fechner dem „Handelsblatt“. Dass London nun noch Gerichtssitz wird, hält der SPD-Politiker indes für ausgeschlossen.

Die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne), betonte: „Das Vereinigte Königreich muss dabei sein, so steht es klar im Gesetz.“ Das entbinde Deutschland, Frankreich und die anderen Mitgliedstaaten jedoch nicht von der Pflicht, erst einmal das Gesetz zu ratifizieren. „Wie es weitergeht, wird man erst sehen und sagen können, wenn Großbritannien tatsächlich einen Austrittsantrag gestellt haben sollte und darüber verhandelt werden wird“, sagte Künast dem „Handelsblatt“.

Nach den bisherigen Planungen sollte das Europäische Patentgericht im April 2017 seine Arbeit aufnehmen. Zeitgleich würde auch das neue EU-Patent in Kraft treten. Demnach würde das Einheitspatent vom Europäischen Patentamt erteilt und automatisch in allen EU-Staaten gelten. Bei Streitigkeiten wäre das Europäische Patentgericht mit Sitz in Paris zuständig, mit Kammern in München und London.

Autor: dts