Köln | Lange wurde darüber verhandelt, jetzt ist der Vertrag unterschriftsreif: Gerhard Richter gibt 100 Werke nach Berlin, wo sie in der Nationalgalerie, bzw. dem zukünftigen „Museum des 20. Jahrhunderts“ zu sehen sein werden.

Auftakt der Zusammenarbeit ist die Ausstellung „Reflexionen über Malerei“, die in diesen Tagen in der Alten Nationalgalerie Berlin anläuft und bis zum 3. Oktober 2021 zu sehen sein soll. In ihr soll auch der vierteilige Zyklus „Birkenau“ zu sehen sein.

„Der aus vier großformatigen, abstrakten Bildern bestehende Zyklus „Birkenau“ von 2014 stellt das Ergebnis einer langen und tiefen Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Holocaust dar. Intensiv beschäftigte Gerhard Richter dabei die Frage, ob und wie der Völkermord an bis zu sechs Millionen Juden und anderen Menschen überhaupt darstellbar sei.“

Gerhard Richter, bei der Vorstellung in Berlin nicht anwesend, lässt sich so zitieren: „Der Anlass, eine Stiftung zu gründen, waren die vier Birkenau-Bilder, die ich nicht auf den Kunstmarkt bringen wollte. Mit der Entscheidung war der Weg frei für eine Stiftung, die inzwischen über 100 Werke umfasst. Ich freue mich, dass die Bilder nach Berlin kommen.“

So ist formal die in Köln eingetragene Gerhard Richter Kunststiftung mit der Richter-Tochter Ella Maria Richter als Vorständin Vertragspartner der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Trägerin der Alten und Neuen Nationalgalerie und des zukünftigen Berliner Mega-Ausstellungsortes „Museum des 20. Jahrhunderts“.

„Die Präsentation der „Birkenau“-Bilder stellt den Auftakt zu einer langfristig angelegten Kooperation zwischen der Gerhard Richter Kunststiftung und der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin dar“, teilt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit. „Die Gerhard Richter Kunststiftung stellt dem Museum mehr als 100 Werke aus verschiedenen Schaffensphasen des deutschen Künstlers zur Verfügung: von Einzelwerken wie „Besetztes Haus“ (1989) über bedeutende Glas- und Spiegelarbeiten wie „Spiegel, grau“ (1991) oder „6 stehende Scheiben“ (2002/2011) bis zu seriell angelegten Gemälde-Reihen im Spätwerk wie „4.900 Farben“ (2007), „Strip“ (2013) oder einer Reihe abstrakter Bilder aus den letzten Jahren.

Beginnend mit dem Jahr 2023 sollen wesentliche Teile des Gerhard Richter-Konvoluts zunächst in der Neuen Nationalgalerie ausgestellt werden. Eigentlicher Bestimmungsort der Werke ist der Neubau am Kulturforum, das „Museum des 20.Jahrhunderts“. Hierfür ist ein Raum im Obergeschoss vorgesehen. Im Zentrum wird der Zyklus „Birkenau“ stehen, der aufgrund seiner großen Tragweite und seiner für die Geschichte Deutschlands so eminenten Bedeutung permanent zu sehen sein wird.“

Berlin wird damit neben Dresden, aber vor Köln, wo der Starkünstler jahrzehntelang ansässig ist, der zweite wichtige Standort in Deutschland, an dem Richter-Arbeiten in Deutschland dauerhaft zu sehen sein werden. Die Stadt verdankt den Deal, so ist zu hören, neben dem Prestige der Nationalgalerie dem beständigen Werben von Udo Kittelmann, dem langjährigen Direktor der Nationalgalerie (der mittlerweile Berlin verlassen hat und Künstlerischer Leiter des privaten Museums Frieder Burda in Baden-Baden geworden ist). Kittelmann wusste, wie man das macht: Zum 80. Geburtstag des Künstlers im Jahre 2012 organisierte er (anders als Köln) eine große Richter-Retrospektive.

Autor: Von Christoph Mohr
Foto: Gerhard Richter im Jahr 2007 bei der Verleihung der Kölner Ehrenbürgerwürde