Kerpen | Einsatzkräfte haben den in einem Erdbunker vergrabenen Aktivisten in einem Waldbesetzercamp im Hambacher Forst nahe Kerpen bis zum frühen Morgen nicht bergen können. Report-k.de liegt ein O-Ton des Aktivisten aus dem Erdloch vor, der anders als die Polizei die von Lebensgefahr sprach, mitteilt, dass es ihm gut gehe und nur der Räumungsversuch sein Leben aufs Spiel setze.

17:05 Uhr > Aktivist im Hambacher Forst flüchtet vor Rettern

Der seit Tagen unter der Erde verschanzte Umweltaktivist im Hambacher Forst in Kerpen hält die Polizei weiter auf Trab. Die Einsatzkräfte hatten am Freitag bereits Sichtkontakt, als der Mann im Alter wichtige Stützbalken wegtrat und in einen Gang flüchtete. „Er bringt sich und andere in Gefahr“, sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur dapd. Am Freitagnachmittag stellten sich die Rettungskräfte auf einen weiteren Nachteinsatz ein.

Der Demonstrant ist der letzte verbliebene Aktivist des Waldcamps. Feuerwehr und Rettungskräfte sind mit schwerem Gerät vor Ort und setzten einen Saugbagger ein, um einen Parallelschacht auszuheben. Über eine Freundin des Mannes wurde Kontakt gehalten. Entgegen ersten Vermutungen hat er sich nicht angekettet und kann sich frei bewegen.

8:15 Uhr > Die Mitteilung des Aktivisten aus dem Erdloch, wie Sie heute morgen report-k.de im Wortlaut erreichte:

„Ich wundere mich ein bisschen über die große Aufmerksamkeit dafür, dass die Polizei mit dem Räumungsversuch mein Leben aufs Spiel setzt – gleichzeitig interessiert sich scheinbar kein Mensch dafür, dass die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen zerstört werden: Täglich sterben Hunderte an Hunger, Durst und Vertreibung als direkte Folgen des menschengemachten Klimawandels.“

Hier unten sei es riskant und ungemütlich, aber RWE riskiere die Zukunft des Planeten, heißt es weiter. Wenn nicht endlich mehr Menschen selber handeln um den Braunkohleabbau zu stoppen, mache RWE die Erde nicht nur ungemütlich, sondern unbewohnbar, so die Analyse des Aktivisten.

Ausserdem forderte er die Polizei auf, nicht von oben anzufangen zu baggern, sondern die Räumung abzubrechen oder ein spezielles Räumungsteam aus Großbritannien anzufordern, mit dem Namen „uk evict“. Dem Aktivisten gehe es gut, und er sei keinen Gefahren ausgesetzt, wenn die Polizei nicht unverantwortliche Maßnahmen zur Räumung durchführe. Er sagte, dass er nicht gerettet werden müsste, wie die Polizei behaupte.

Das Vorgehen der Polizei

Zur Sicherheit werden zwei Schächte zu dem Aktivisten gegraben, der sich in etwa sechs Metern Tiefe verschanzt, wie ein Sprecher der Polizei am Freitag sagte.Mit einem Saugbagger arbeiteten sich die knapp 100 Feuerwehrleute, Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks, Polizisten und Geologen die ganze Nacht hindurch nach unten vor. Es sei nicht klar, wann man zu dem Umweltschützer vordringe, sagte der Polizeisprecher. Der Demonstrant hat sich nach Polizeiangaben zusätzlich an einen Betonblock gekettet. Er habe erklärt, dass er sich aus eigener Kraft aus seiner Situation nicht mehr befreien könne. Von der Verlobten des Mannes habe die Polizei einen Schlüssel bekommen. Ob der tatsächlich zu dem vom Demonstranten verwendeten Schloss passe, sei noch nicht klar. Laut Polizei besteht Kontakt zu dem Mann.

Grubenwehr im Einsatz

Mitarbeiter der Grubenwehr der Stadt Herne waren zuvor in den Schacht hinabgestiegen und hatten Sichtkontakt zu dem Mann. Sie hätten den Erdbunker wegen der Einsturzgefahr aber wieder verlassen müssen, sagte ein Polizeisprecher. Der Mann könne jederzeit verschüttet werden. Die Polizei geht davon aus, in der Nacht zu Freitag oder am Morgen auf den Mann zu stoßen. Der Demonstrant wird im Erdloch mit Frischluft versorgt. Die Räumung des Camps hatte bereits am Dienstag begonnen. Die Fläche soll gerodet und an den Energiekonzern RWE übergeben werden, der dort Braunkohle abbaggern will. Dagegen hatten Gegner dieser Pläne seit April mit der Besetzung protestiert.

Mehr zum Thema:

Polizei spricht von Lebensgefahr für den Aktivisten im Erdloch

Die Räumung beginnt – die Waldbesetzung im Hambacher Forst wird von der Polizei aufgelöst

Autor: Andi Goral, dapd
Foto: Der Wegweiser, den die Aktivisten zu Ihrem Waldcamp aufgestellt hatten.