Düsseldorf | Die Überalterung der Gesellschaft macht auch vor der Polizei in Nordrhein-Westfalen nicht halt: Der Altersdurchschnitt in NRW ist seit 2005 um dreieinhalb Jahre auf rund 45 Jahre gestiegen. In etlichen Behörden liegt das Durchschnittsalter bereits bei fast 50 Jahren. Die Polizeigewerkschaften warnen vor einer Versorgungslücke. Das NRW-Innenministerium sieht sich dagegen gut vorbereitet und will mit Neueinstellungen, Umschulungen und einer veränderten Aufgabenverteilung gegensteuern.

Obwohl die jährlichen Neueinstellungen vom Land aufgestockt werden, drohe der Polizei ab 2015 ein massiver Stellenabbau, weil viele Beamten in den Ruhestand gingen, warnten die Gewerkschaften. Wenn die Entwicklung anhalte, fehlten bis zum Ende des Jahrzehnts rund 2.000 Gesetzeshüter, prognostiziert die Gewerkschaft der Polizei in NRW (GdP NRW).

Die rot-grüne Landesregierung hat bereits auf die Überalterung in den Polizeiwachen reagiert: Ab 2014 kommen nach Angaben des Innenministeriums mit 1.400 Neueinstellungen deshalb jährlich rund 300 Kräfte mehr als bisher nach. „Das ist erforderlich, um die extremen Spitzen der Pensionierungen aufzufangen“, sagte Ministeriumssprecher Wolfgang Beus. Derzeit gibt es rund 40.000 Polizisten im Land.

Gewerkschaft moniert „Rechenfehler“

Diese Maßnahmen reichten dennoch nicht aus, kritisiert die GdP in Düsseldorf. „Die Aufstockung ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, enthält aber einen entscheidenden Rechenfehler“, sagte Gewerkschaftssprecher Stephan Hegger und fordert 1.700 zusätzliche Stellen pro Jahr. Nicht alle der 1.400 Nachwuchspolizisten, die ihre Ausbildung bei der Polizei beginnen, würden diese nämlich auch erfolgreich abschließen. „Wegen Abbrechern und Durchfallern treten rund sechs Prozent weniger den Dienst an“. Mehr Frauen im Polizeidienst führten zudem zu vermehrten Erziehungszeiten und Ausfällen, die aufgefangen werden müssten. Faktisch sei nach Angaben der Gewerkschaft also mit rund 250 Nachrückern weniger zu rechnen.

Der NRW-Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus, kritisierte zudem: „Auch die Bewerberzahlen gehen stetig zurück. Um die 1.400 Stellen besetzen zu können, müsste jeder zweite Bewerber genommen werden – auf Kosten der Qualifizierung und der Motivation.“

Besonders kritisch ist die Situation in ländlichen Gebieten: So arbeiten laut einer Statistik des Ministeriums im Kreis Höxter mit einem durchschnittlichen Alter von 49,83 Jahren die ältesten Beamten. Zum Vergleich: In Köln ist ein „Durchschnittspolizist“ 41,72 Jahre alt.

Dennoch sind sich die Verantwortlichen einig, dass auch die älteren Beamten in NRW weiterhin gut für die Polizeiarbeit qualifiziert sind. Einerseits gebe es altersbedingt zwar gesundheitliche Einschränkungen und es sind vor allem im Bereich der Internetkriminalität Schulungen erforderlich. Andererseits profitierten die Dienststellen und der Nachwuchs auch von den Erfahrungen der älteren Kollegen.

Autor: Carmen Tomlik, dapd