Köln | Die Kölner Polizei berichtet heute öffentlich über einen Fall aus Köln-Mülheim per Pressemitteilung und auf ihren Social Media Kanälen Facebook und Twitter: Ein Mann, der der Polizei als Drogenkonsument bekannt ist, fuhr zum wiederholten Mal ohne Führerschein mit seinem PKW. Es gab kein Unfallgeschehen und ob der Mann unter Drogeneinfluss steht muss noch geklärt werden. Wäre dieser Fall der Kölner Polizei eine Meldung wert gewesen, wenn der Mann Alkoholiker wäre? Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, CSU, sagte im April 2019, als sie ihren Jahresbericht 2018 vorlegte: „Drogenabhängigkeit ist eine Krankheit, Kranke brauchen Hilfe und keine Stigmatisierung.“ Stigmatisieren Veröffentlichungen der Polizei nicht Drogenabhängige und wo bleibt das Hilfsangebot?

Der Vorgang

Die Kölner Polizei stoppte ein Fahrzeug am Samstagmorgen gegen 9:30 Uhr auf der Von Sparr Straße in Köln-Mülheim. Der Fahrer verfügte nicht über eine gültige Fahrerlaubnis und gab an, Drogen zu konsumieren. Bei der Durchsuchung des Mannes fanden die Beamten Drogen und Drogenbesteck. Der Mann sei ein Wiederholungstäter so die Polizei. Die Beamten handelten, da ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorliegt, entsprechend Recht und Gesetz, daran ist nichts auszusetzen. Und mehr als in diesem kleinen Absatz steht, gibt es eigentlich auch nicht zu berichten. Interessant ist, was die Kölner Polizei daraus in ihrer Öffentlichkeitsarbeit und Pressearbeit macht und wie dies medial reflektiert wird.

Die reisserische Polizeimeldung

Kölner Polizistinnen und Polizisten, aber auch die Öffentlichkeit werfen Medien immer wieder vor, Themen reißerisch aufzugreifen. Aber wo liegt der Ursprung, wenngleich diese Frage Medien nicht entbindet sachlich und vernünftig zu berichten oder nicht zu berichten. Interessant ist daher der Blick auf diese Polizeimeldung. Eigentlich ist die Polizei in ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zur Zurückhaltung aufgefordert und soll sachlich informieren.

Alleine die Überschrift zu diesem Fall ist alles andere als sachlich: „Mit Drogen im Gepäck und „gedopt“ gefahren – Blutprobe und vier Anzeigen“. Diese reißerische Überschrift nimmt prompt die Kölner Abonnementzeitung „Kölner Stadtanzeiger“ und macht daraus „Mit Drogen in Mülheim unterwegs – Polizei stellt ‚gedopten‘ Autofahrer“. Journalistisch korrekt, denn die Überschrift wird zitiert. Zwar hält sich der „Express“ bei der Überschrift noch zurück, schreibt dann aber schon in der ersten Zeile etwas, was in der Polizeimeldung so nicht steht und auch faktisch zumindest aktuell nicht bewiesen ist: „Völlig zugedröhnt und ohne gültigen Führerschein war ein Kölner (38) mit seinem Opel im Stadtteil Mülheim unterwegs.“ Auch die Durchsuchung des Mannes stellt der „Express“ falsch dar und schreibt, dass die Substanzen in dem PKW gefunden wurden. Die Substanzen hatte der Mann aber bei sich und er befand sich nicht mehr bei seinem Fahrzeug.

In der Polizeimeldung selbst wird aus der Fahrt des Mannes, der keinen Unfall verursachte, eine „Drogenfahrt“ – was auch immer das sein mag und das obwohl dies erst feststehen kann, wenn die ihm entnommene Blutprobe positiv getestet ist. Der Mann wurde, nachdem er seinen Wagen auf der Von Sparr Straße parkte, verfolgt und angehalten. In der Polizeimeldung wird daraus „gestellt“. Dann, so ist die Meldung zu verstehen, ist der Mann durchsucht worden. Bei der Durchsuchung des Mannes wurden „Heroin, weißes Pulver, Tabletten und ein Drogenbesteck gefunden“, so die Mitteilung. In der Überschrift wird aus dieser nüchternen Tatsache: „Mit Drogen im Gepäck“. Gegen den Mann fertigten die Beamten drei Strafanzeigen und eine gegen den Halter des PKW, im Text der Polizeimeldung richtig dargestellt in der Überschrift werden daraus unsauber aber polemisch „vier Anzeigen“.

Stigmatisierung von Drogenabhängigen

Die Zahl der Drogentoten durch verbotene Substanzen in Deutschland ist hoch. Alleine im Jahr 2018 sind 1.276 Menschen infolge des Drogenkonsums in Deutschland gestorben. In NRW ist die Zahl der Drogentoten in 2018 um 37 Todesfälle gegenüber 2017 angestiegen. Insgesamt starben in NRW 240 Menschen. Köln lag 2018 nach Berlin mit 4,6 Drogentoten pro 100.000 Einwohner an der Spitze in Deutschland, nur Berlin hatte eine höhere Fallzahl.

Drogensucht ist eine Krankheit, keine Charakterschwäche oder persönliches Versagen. Sie ist, so stellt es auch das „Deutsche Ärzteblatt“ fest eine anerkannte Krankheit. Menschen vor allem die von der Polizei so genannten „Wiederholungstäter“ brauchen Hilfe und nicht nur Repression und schon gar keine Stigmatisierung. Neben einer reißerischen Sprache in der Polizeimeldung findet sich kein einziger Hinweis darauf, dass die Kölner Polizei dem von ihr so titulierten „Wiederholungstäter“ Hilfe angeboten hat. Kein Hinweis auf mögliche Suchtberatungs- oder Hilfsangebote in der Stadt. Statt dessen heroisiert sich die Polizei selbst in dem sie den „Ertappten stellt“. Es geht bei Menschen, die drogensüchtig sind darum, sie gesundheitlich und sozial zu stabilisieren und ihre soziale Reintegration zu fördern. Eine Pressemitteilung, wie die der Polizei Köln „POL-K: 200301-3-K Mit Drogen im Gepäck und „gedopt“ gefahren – Blutprobe und vier Anzeigen“ tut dies nicht.

Hier sollte die Kölner Polizei sensibler handeln und wenn sie der Auffassung ist, dass dieser Fall für die Öffentlichkeit wichtig ist, wenigstens auf Beratungsangebote wie etwa der der Drogenhilfe Köln (drogenhilfe-koeln.de) oder die Suchtberatungsseite der Stadt Köln hinweisen. Vor allem dann wenn, wie geschehen, die Polizei Köln dies auch noch in ihren eigenen Medienkänalen veröffentlicht.

Autor: Andi Goral