Köln | Vor drei Monaten traf Bundespräsident Gauck den französischen Präsidenten Hollande und Überlebende des Massakers von Oradour-sur-Glane in Frankreich und sagte: „Dieser Ort und seine Bewohner wurden in einem barbarischen, in einem zum Himmel schreienden Verbrechen vernichtet“. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Dortmund gegen einen 88-jährigen Kölner wegen der Morde in Oradour-sur-Glane im Juni 1944 Anklage vor dem Kölner Landgericht erhoben.

Der heutige Rentner soll am 10. Juni 1944 gemeinsam mit anderen Mitgliedern seiner Kompagnie 25 Menschen als Maschinengewehrschütze der 3. Kompanie des I. Bataillons des SS-Panzergrenadier-Regiments 4 „Der Führer“ niedergeschossen haben. Anschließend sollen die Überlebenden von anderen Mitgliedern des Erschießungskommandos durch Pistolenschüsse und dem anschließenden niederbrennen der Scheune getötet worden sein. Der Befehl zu diesen Grausamkeiten sei erteilt worden, so die Staatsanwaltschaft Dortmund die zentral in NRW für nationalsozialistische Verbrechen zuständig ist, um eine vermeintliche Entführung eines Bataillonskommandeurs zu sühnen und die Bevölkerung abzuschrecken.

Zunächst seien die SS-Kräfte in die Ortschaft eingedrungen, haben alle Bewohner auf dem Marktplatz zusammengetrieben und dann Frauen, Kinder und Männer getrennt. Die Männer wurden von den Erschießungskommandos, zu denen der Angeklagte gehört haben soll, in die Scheunen gebracht und dort umgebracht. Nachdem die Männer liquidiert waren, begaben sich die SS-Männer zur Kirche des kleinen Ortes, wo die Frauen und Kinder zusammengepfercht warteten. Zunächst sollen einige Opfer mit Handgranaten, Sprengstoff und Handgranaten getötet worden sein. Dann zündeten die SS-Leute die Kirche an. Alle Frauen und Kinder starben. Die Anklage spricht von 642 ermordeten Einwohnern, darunter 254 Frauen und 207 Kindern.

Dem heute 88-jährigen Kölner legt die Staatsanwaltschaft auch zur Last bei der Ermordung in der Kirche geholfen zu haben. Entweder habe er in der Nähe Absperr- und Bewachungsmaßnahmen durchgeführt oder Brennmaterial in die Kirche getragen habe. Der Pressesprecher Dr. Achim Hengstenberg des Landgerichts Köln: „Die 4. große Strafkammer des Landgerichts Köln (Az. 104 Ks 81/13) hat nun – als Jugendkammer, weil der Angeklagte zur Tatzeit erst 19 Jahre alt war – darüber zu entscheiden, ob das Hauptverfahren eröffnet wird. Dem Angeschuldigten ist durch die Vorsitzende die Anklageschrift mitgeteilt worden. Zugleich ist er aufgefordert worden, bis zum 31. März 2014 zu erklären, ob er die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens beantragen oder Einwendungen gegen die Eröffnung vorbringen will.“

Autor: ag
Foto: Frankreich, Oradour-sur-Glane bei Limoges – Luftaufnahme des zerstörten Ortes (ADN) / Bundesarchiv_Bild_183-K0127-0201-001,_Frankreich,_Oradour,_Luftaufnahme.jpg // This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany license. Bundesarchiv, Bild 183-K0127-0201-001 / CC-BY-SA