Köln | BUND für Umwelt und Naturschutz, kurz BUND, und die anderen Landesverbände am Rhein laden an diesem Wochenende zu den 3. Naturschutztagen am Rhein ein. Die Tagung findet unter dem Motto „Lebendige Gewässer erst 2027? – Neue Impulse braucht das Land“ in der Jugendherberge Köln-Riehl statt. Im Mittelpunkt der Tagung steht die schleppende Umsetzung der europäischen Wasserrahmen – Richtlinien aus dem Jahr 2000, kurz WRRL. Nach deren Vergabe sollten eigentlich bis Ende 2015 alle Gewässer einen guten ökologischen und chemischen Zustand erreichen. Nur acht Prozent der Flüsse und Bäche sollen bisher dieses Ziel erreicht haben und fast 50 Prozent der Grundwasserkörper seien noch immer in schlechtem Zustand.

Seit 2000 sind Anforderungen bekannt

Am 22. Dezember 2015 hätten die Gewässer in Deutschland einen naturnahen, guten Zustand erreichen müssen. Dieses Umweltziel sieht die EG-Wasserrahmenrichtline vor. Spätestens seit 2003 war zu verhindern, dass die Situation von Bächen, Flüssen, Grundwasser, Seen sowie wasserabhängigen Schutzgebieten sich weiter verschlechtert. Im Rahmen der EU-weiten gemeinsamen Umsetzungsstrategie legte die EU-Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten fest, dass Ausnahmen von diesen Umweltzielen Ausnahmen bleiben sollen. Dies gilt auch für die Fristverlängerung von 2015 auf 2021 beziehungsweise 2027.

Uns ist jetzt richtig der Kragen geplatzt“

Unabhängig von einigen positiven Beispielen und Entwicklungen stehe für BUND fest, dass im Jahr 2017 in NRW nur acht Prozent der Flüsse und Bäche dieses Ziel erreicht haben. Fast 50 Prozent der Grundwasserkörper sind noch immer in einem schlechten Zustand, betont Paul Kröfges, Sprecher des BUND Arbeitskreises Wasser in NRW. „Uns ist jetzt richtig der Kragen geplatzt. Zunächst hieß es, dass 2015 alle Richtlinien erfüllt sein sollten, doch noch immer ist die Situation sehr schlecht.“ Als Ursache der Zielverfehlung nennt Kröfges folgende fünft Punkte:

<UL><LI>politische Blockadehaltung und Desinteresse, besonders auf kommunaler Ebene,

</LI><LI>unzureichend ausgestattete und politisch ausgebremste Verwaltungen,

</LI><LI>schlechte Koordination und unklare Zuständigkeiten,

</LI><LI>mangelnde finanzielle Ausstattung und fehlende Verknüpfung mit den Naturschutzzielen

</LI><LI>Dominanz und Eigeninteressen von Flächenbesitzern und Landnutzer

</LI></UL>

Beschwerde in Brüssel eingereicht – Vertragsverletzungsverfahren

Vor diesem Hintergrund hat der BUND eine juristisch fundierte EU Beschwerde in Brüssel eingereicht und fordert hierin die EU auf, nach deren Prüfung ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten. Beigefügt wurde eine bundesweite Fallsammlung, die belegt, wie Möglichkeiten zur Verbesserung vertan, Chancen nicht genutzt und sogar Verschlechterungen – entgegen dem in der WRRL enthaltenen Verschlechterungsverbot – in Kauf genommen wurden. Dies führte im Ergebnis zu dieser drastischen Zielverfehlung.

Der BUND geht davon aus, dass die EU, dass Brüssel diesen Hinweisen nachgehen und handeln muss.

Die derzeitigen Problemfälle für NRW fasst Bund in den folgenden fünf Punkten wie folgt zusammen:

<UL><LI>keine Ökologische Durchgängigkeit der Gewässer: Beispiel Agger, Ruhr,

</LI><LI>Nährstoffeinträge (Gülle) aus der Landwirtschaft werden nicht ausreichend reduziert: Beispiel Viersen – Dülken, Neye, Dinkel bei Heek

</LI><LI>Eine umfassende Renaturierung wird politisch boykottiert; Beispiel Siegmündung

</LI><LI>Weitere Bebauung von Auen und Flächen für den natürlichen Wasserhaushalt wird ermöglicht: Beispiel Werre, Meine, Gruttbach, Eckenbach, Rotbach

</LI><LI>HMWB Gewässer werden nicht geschützt und entwickelt, Deiche nicht zurückverlegt: Beispiel Rhein ab Duisburg (Vertiefung), Himmelgeist bei Düsseldorf

</LI></UL>

BUND ist besorgt über die neue Landesregierung in NRW

Besorgt ist man beim BUND vor allem auch wegen der neuen Landesregierung in NRW. Aus dem Koalitionsvertrag gehe hervor, dass nur auf Kooperation gesetzt und von vornherein auf die Möglichkeit verzichtet wird, höhere Anforderungen in Stickstoffbelasteten Bereichen zu verlangen.

Zudem setzt der Koalitionsvertrag beim Hochwasserschutz ’nur‘ auf technische Lösungen und erwägt sogar, das Wasserentnahmeentgelt zu kürzen oder zu streichen, womit einer regulären Umsetzung erst recht der Boden entzogen würde, erklärt Kröfges.

Forderungen und Ziele

Ziel von BUND war es für eine selbsterhaltende Population zu sorgen. Dieses konnte nicht erreicht werden. Doch sind die Probleme allein mit technischen Maßnahmen nicht zu lösen, betont Kröfges. BUND fordert daher vor allem Renaturierungsmaßnahmen – also die Wiederherstellung von naturnahen Lebensräumen. Kröfges fordert die sofortige Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinien. Die neue Landesregierung in NRW setze hier, seiner Meinung nach, keine Impulse. Achim Baumgartner, Sprecher des BUND im Rhein Sieg Kreis, fordert zudem die Politik auf, nicht sofort aufzugeben sondern den Naturschutz anzunehmen und auch tatsächlich umzusetzen. Eine schnelle und konsequente Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinien könne nur gelingen, wenn Land und kommunale Ebene die Umweltverwaltung und eine ressortübergreifende Gewässerpolitik besser personell ausstatten, wenn öffentliche Subventionen ökologischen Anforderungen genügen und alle Hauptverursacher von Gewässerbelastungen Wassergebühren zahlen müssen, um die Kosten fairer zu verteilen. Von diesem Ergebnis würden alle gewinnen so BUND abschließen.

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Tagung mit Exkursion im Überblick – 3. Naturschutztagen am Rhein

Freitag, 15.09.2017[/infobox]

<UL><LI>14:00 Uhr Eintreffen, Registrierung, Stehkaffee

</LI><LI>14:30 Uhr Begrüßung Holger Sticht, NRW    Landesvorsitz.  des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschlands (BUND) Eva Pier, Natur   – und Umweltschutz-Akademie NRW (NUA) Paul Kröfges, Landesarbeitskreis (LAK) Wasser des BUND  NRW   

</LI><LI>14:40 Uhr Grußwort Dr. Ralf Heinen, Bürgermeister der Stadt Köln Moderation: Dr. Georg Gellert, ehem. Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW) jetzt    LAK Wasser des BUND

</LI><LI>14:50 Uhr Initiativen und Impulse des Naturschutzes für Lebendige Gewässer Grußwort und Einführung in das Thema Prof. Hubert Weiger, Bundesvorsitzender des BUND

</LI><LI>15:00 Uhr Situationsbericht und Ausblick auf die Umsetzung der WRRL in NRW Dr. Christoph Aschemeier Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur – und Verbraucherschutz des Landes NRW (MULNV)

</LI><LI>15:20 Uhr Welche Rolle spielen kleine Fließgewässer für Biodiversität und im Gewässerschutz? Dr. Holger Schindler, BUND Rheinland-Pfalz   

</LI><LI>15.40 Uhr Wasserkraft und Durchgängigkeit aus Sicht der Fischerei Dr . Olaf Niepagenkemper, Fischereiverband NRW

</LI><LI>16.00 Uhr Diskussion

</LI><LI>16.30 Uhr Kaffeepause

</LI><LI>16.45 Uhr Kriegen wir die Gefährdung des Grundwassers durch intensive Landwirtschaft in den Griff? Dr. Sabine Bergmann, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW)

</LI><LI>17.05 Uhr Trägt das neue NRW Landeswassergesetz zur besseren Umsetzung der WRRL bei? Prof. Dr. Dr. Durner, Universität Bonn

</LI><LI>17.25 Uhr Diskussion

</LI><LI>17.45 Uhr Ende des Tagungsprogramms

</LI><LI>18.00 Uhr Abendessen für Übernachtungsgäste

</LI><LI>20.00 Uhr Geselliges Beisammensein

</LI></UL>

Samstag, 16.09.2017

<UL><LI>9:00 Uhr Begrüßung und Rückblick auf den 1.Tagungstag: Dr. Georg Gellert, ehem. Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW) Moderation: Andreas Vollmert, BestWords – Büro für Kommunikation

</LI><LI>9:10  Uhr Der chemische Zustand unserer Gewässer aus ökosystemarer Sicht Dr. Friederike Vietoris (MULNV)

</LI><LI>9:30  Uhr Was wurde versäumt, was muss besser werden? Karlheinz Meier, BUND LAK Wasser

</LI><LI>9:50  Uhr Defizite im Gewässerschutz im Einzugsgebiet des Rheins Nikolaus Geiler, BUND Baden-Württemberg

</LI><LI>10:10  Uhr Diskussion (unmittelbare Fragen – ansonsten Gesprächsrunde)  

</LI><LI>10:30  Uhr Kaffeepause

</LI><LI>10:45 Uhr Eine Roadmap zur Revitalisierung der Wasserrahmenrichtlinie Leonardo Mazza, European Environmental Bureau

</LI><LI>11:10  Uhr Moderierte Gesprächsrunde mit Landespolitikern und Akteuren des Gewässerschutzes Rainer Deppe,  CDU  -Landtagsabgeordneter für den Rheinisch-Bergischen Kreis Annette Watermann-Krass, SPD-Landtagsabgeordnete für den Kreis Warendorf vor ab: Impulsbeitrag von Paul Kröfges, LAK Wasser von 10 min

</LI><LI>12:15 Uhr Ende der Tagungsveranstaltung

</LI><LI>12:30 Uhr Mittagspause

</LI><LI>13:15 Uhr Bus  -Exkursion in die Flittarder Aue Leitung: Gabriel Falk BUND Köln

</LI><LI>ca. 16:30 Uhr Ankunft am Tagungsort Es besteht die Möglichkeit, bei der Rückfahrt den Bahnhof Köln Messe Deutz anzufahren! Ende der Exkursion

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Autor: Irem Barlin
Foto: Achim Baumgartner, Sprecher des BUND im Rhein Sieg Kreis | Paul Kröfges, Sprecher des Landesarbeitskreises Wasser (NRW) | Hubert Weiger, Bundesvorsitzender des BUND