Köln | In der Belvederestraße in Köln-Müngersdorf buddelt derzeit ein Kölner Tiefbauunternehmen für Stadtentwässerungsbetriebe Köln (StEB) einen neuen Kanal. Aber an der Oberfläche ist fast nichts zu sehen, nur ein großes rundes Loch, ein kleines Betonsilo und ein Bagger. Denn der neue Abwasserkanal wird durch einen Stollen gelegt werden, der im Bergbauverfahren vorgetrieben wird.

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Der alte Kanal ist zu klein geworden

Die Müngersdorfer Nachbarn waren nicht unneugierig, als die StEB heute zum Nachbarschaftstreffen im Tunnel eingeladen hatte. Drei Meter ging es per einfacher Steckleiter in die Tief. Dort ein tiefes schwarzes Loch, zwei Eisenbahnschienen, eine aufgestellte Lore und ein altes dickes Steinzeug-Abwasserrohr, an die 100 Jahre alt. Das ist zwar immer noch im Einsatz, muss aber ausgetauscht werden, denn bei Starkregen kann es nicht mehr genug Wasser aufnehmen und so kam es im tiefer gelegenen Stadtteil von Alt-Müngersdorf häufiger zu Überschwemmungen in den vergangenen zehn Jahren. Denn Müngersdorf hat eine Hanglage und die routinemässige Überprüfung des alten Kanals habe ergeben, dass er erheblich beschädigt sei.

Klassischer Bergbau mit Lore und Hacke

Aufgrund der baulichen Situation vor Ort, ein Haus steht ungünstig für die Bauarbeiten mit einem Bagger in offener Bauweise und der Schulbusverkehr konnte nicht verlegt werden, hat man sich für die Stollenbauweise entschieden. Es sind die so genannten „Kölner Stollen“, die in diesem Fall bemannt ausgeführt werden. Dirk Höller ist einer der Männer die ganz vorne graben. Zunächst werden Stahlbleche ins Erdreich getrieben und bilden eine Hülle. Zwei Mann graben derzeit vorne mit Schaufeln und Spitzhacke. Das ausgegrabene Erdreich muss dann aus dem Tunnel mit der Lore von Hand geschoben werden. Das ist klassischer Bergbau und körperlich anstrengend, denn mittlerweile ist der Stollen über 100 Meter lang und man muss mit der schweren Lore zwei Meter Höhenunterschied überwinden. Insgesamt wird der Stollen 200 Meter lang und kostet rund 900.000 Euro. Fertig werden will man zum Ende das Jahres, dann sollen auch die Oberflächen wiederhergestellt sein.

Wasserspiegel wird um einen Meter gesenkt

Neben dem alten Rohr, das derzeit ausgegraben wird, wird man das neue und größere Rohr legen, dass auch wieder aus Steinzeug sein wird. Dann wird das alte Rohr zerstört und der Stollen mit einem Spezialbeton verfüllt. In Müngersdorf, auch oben auf dem Hang, wird mit der neuen und größeren Leitung der Wasserspiegel um rund einen Meter gesenkt. Auch damit werde die Gefahr von Überschwemmungen bei Starkregen gebannt. Rheinhochwasser müssen die Müngersdorfer übrigens nie fürchten, dazu liegen ihre Häuser zu hoch. Bei den Müngersdorfer Bürgern kam die Exkursionsmöglichkeit in ihren Untergrund gut an. Und wer sich traute drei Meter nach unten zu klettern, wollte alles ganz genau wissen, vor allem, wo man sich gerade befindet in der Tiefe.

Autor: Andi Goral
Foto: Dirk Höller zeigt wie die Absicherung mit dem Hammer eingefügt werden – viel Handwerk ist beim „Kölner Stollen“ in Müngersdorf nötig