Köln | Drei jüdische Gäste aus Israel und England sind derzeit in Köln zu Gast, wo sie vor der NS-Zeit einmal zu Hause waren. Heute empfing Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters die Besucher im Rathaus der Stadt.

„Köln ist nicht meine Heimatstadt. Die liegt inzwischen zeit 73 Jahren in Israel. Aber an Köln habe ich viele bekannte Gefühle und Erinnerungen“, sagt Don Goren. Mit 14 Jahren musste er Deutschland verlassen, um dem Terror der Nazis gegen die Juden zu entgehen. „Es gibt noch viele Dinge an die ich mich erinnere. Das Haus, in dem wir gelebt haben, der Weg zur Schule und die Bar Mitzwa in der Synagoge an der Roonstraße. Ich war in den vergangenen 20 Jahren häufiger in Köln“, sagt der 87-Jährige. Mit zwei früheren Kölnerinnen, die heute in England leben, ist er derzeit zu Gast am Rhein.

„Wir erfahren hier auch den Wunsch der Menschen, uns zu zeigen, dass es inzwischen eine andere Stadt und ein anderes Deutschland gibt“, sagt Goren. Als aufregend empfindet Ruth Fluss die Reise nach Köln: „Die Stadt zu besuchen, in der meine Eltern geheiratet und gelebt haben, ist sehr interessant. Ich selbst war drei Monate, als meine Familie Köln verlassen haben““, sagt die 75-jährige, deren Vater 1942 in Auschwitz ermordet wurde. „Meine Mutter wurde schwanger von der Gestapo inhaftiert, kam aber frei, so dass wir nach England fliehen konnten.“

Aufregend findet die Engländerin auch die Begegnung mit den Menschen in Köln: „Die Leute wollen sich erinnern, aber auch zeigen, dass sie heute andere Menschen sind. Das habe ich auch erlebt, als ich am Niederrhein war und an dem Geburtsort meiner Mutter die Stolperstein gesehen habe, die an die Naziopfer erinnern.“ In Köln geboren wurde Henriette Franke. „ich war 15, als wir weg mussten. Ich war oft in Köln – auf dem jüdischen Friedhof in Bocklemünd gibt es noch ein Familiengrab, wo unter anderem meine Großmutter begraben wurde“, berichtet die 88-Jährige.

Für Oberbürgermeister Jürgen Roters sind Besuche ehemaliger jüdischer Kölner eminent wichtig: „Der Besuch zeigt, dass Sie trotz all der schrecklichen Erfahrungen, den Kölnern gegenüber offen sind. Wir können, das was Sie erlebt haben, nicht wieder gut machen, aber wir können Ihnen zeigen, dass heute in der Stadt andere Menschen leben, als zu der Zeit, als Sie Köln verlassen haben.“ Wichtig sei, dass wenn die Flamme des Rassismus und Antisemitismus wieder aufflamme, dass man in der Stadt zusammenstehe und diese Entwicklungen im Keim ersticke. „Denn diese bedeuten nur Unrecht, Tod und Vertreibung“, betont Roters heute Mittag in seiner Rede im Hansasaal des Rathauses.

Auf dem Programm der Gäste steht unter anderem ein Besuch in der Archäologischen Zone, wo auch ein jüdisches Museum entstehen soll. „Dies ist ein Zeichen dafür, dass wir ein friedliches Zusammenleben im Zeichen der Toleranz in dieser Stadt führen wollen“, sagt der OB.

Autor: Stephan Eppinger
Foto: Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters (2.v.r.) mit den Gästen aus England und Israel im Rathaus