Köln | Nachdem am Vormittag die Zwangsversteigerung  von 1.199 Wohnungen im Stadtteil Chorweiler auf Antreiben der Stadt Köln verschoben wurde, fanden sich am Donnerstagnachmittag rund 200 Menschen am Pariser Platz in Chorweiler zusammen, um unter dem Motto „Wir sind Chorweiler!“ friedlich gegen eine drohende Versteigerung an international agierende „Immobilien-Heuschrecken“ zu demonstrieren.

Am 18. Januar sollten die Hochhäuser in Köln-Chorweiler zwangsversteigert werden. Dieser Termin wurde nun vorerst juristisch, vorangetrieben durch die Stadt Köln, um drei Wochen verschoben. Im Vorfeld hatten sich massiv Hinweise dahingehend verdichtet, dass international operierende „Immobilien-Heuschrecken“ als potenzielle Käufer auftreten wollten, die schon in der Vergangenheit in anderen Kölner Stadtvierteln, wie etwa Köln-Finkenberg Immobilien erworben hatten.

„Missstände beseitigen“

Die Organisatoren der Demonstration verfolgten dabei zweierlei Motive: Zum einen wollten sie zeigen, dass ihnen die Entwicklung ihres Viertels nicht egal ist und sie sich für ihren Stadtteil engagieren. Zum anderen hatten sie klare Forderungen in Richtung der Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung formuliert:

Zum einen forderten die Verantwortlichen „die Beseitigung der Missstände, die Durchführung notwendiger Sanierungsarbeiten, den Erhalt preiswerten Wohnraums und die Stärkung der nachbarschaftlichen Gemeinschaft, vor allem vor dem Hintergrund einer zu erwarteten Zuspitzung  der Missstände in den teilweise stark renovierungsbedürftigen Wohnblöcken.“

Ferner forderten die Macher, dass das Land NRW, die Stadt Köln sowie die NRW-Bank als Gläubiger sich zusammen mit der Chorweiler Bürgerschaft für einen sozialverträglichen Kauf einsetze und den Immobilien-Heuschrecken einen Riegel vorschiebe; denn : „Eigentum verpflichtet“.

„Chorweiler nicht preisgeben“

„Wir wollen Chorweiler nicht preisgeben. Chorweiler muss als lebenswertes Wohnviertel erhalten bleiben“, so Cornelia Wittsack-Junge, Bezirksbürgermeisterin Chorweiler (Bündnis `90/Die Grünen) während ihrer Begrüßungsansprache auf der Veranstaltung. Landtagsabgeordneter Jochen Ott (SPD), zeigte sich angesichts der Vorgehensweise mancher Investoren entrüstet. „Für alles in Deutschland gibt es einen TÜV, nur nicht für Wohnungen.“ Man müsse sogenannten „Heuschrecken“ einen Riegel vorschieben.

Die Fraktionen mehrerer Parteien im Kölner Rat hatten im Vorfeld dazu aufgefordert, sich an der Aktion zu beteiligen.  Der Protestaufruf wurde getragen vom Internationaler Bund Soziale Dienste, der Streetwork-Arbeit des Trägers mit ihrem Jugendmigrationsdienst (JMD-Köln) und  dem Büro für Soziales und Gemeinwesenarbeit der katholischen Pfarrgemeinde Sel. Papst Johannes XXIII. Köln, den Machern von  „Arsch huh, Zäng ussenander!“ sowie  zahlreichen anderen Akteuren in und rund um den Stadtteil.  „Chorweiler ist in der Vergangenheit in den Medien oft sehr negativ dargestellt worden.“, so Taner Erdener, Streetworker in Chorweiler und Mitorganisator. „Heute wollen wir zeigen, dass Chorweiler anders ist.“  Für die Vorbereitung habe das Team nur zwei Wochen Zeit gehabt. „Am meisten hat mich gefreut“, so Erdener weiter, „dass sich die Jugendlichen hier so stark engagiert haben“.  

Neben Redebeiträgen von Vertretern aus Politik und Verwaltung gab es ein vielfältiges Programm auf einer Bühne zu sehen, darunter der Chor der Waldorfschule Chorweiler, Stephan Brings (Bassist der Band „Brings“), Fatih Cevikkollu (Kabarettist), Ralf Richter (Schauspieler), mehreren  Rap- und HipHop Dance-Crews aus Chorweiler wie Mighty und Hasan (Rap), Marvin und Hussein, Burak Asik (Saz und Gesang)und Kadir (Darbuka) . Durch das Programm führte Fatih Cevikkollu. Den Auftakt machten „Hop Stop Banda“ (Gypsy Boogie, Gangster Swing & Soviet Tango).

Autor: Daniel Deininger
Foto: Demonstration in Chorweiler