Köln | Seit fast 50 Jahren steht der Heilige Severin hinter der Kirche St. Johann Baptist. Schaut von seinem abseits gelegenen Standort stumm auf den brausenden Verkehr von und zur Severinsbrücke. Verdreckt und vergammelt und zerbröselt. Die mahnende Auszeichung „Denkmal des Monats März 2018“ – regelmäßig vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL) verliehen – hat er sich redlich verdient.

Vom Bischofsstab ist ein Stück herausgebrochen – wie, von wem und seit wann? Keiner weiß es.

Als die Brücke 1959 eröffnet wurde, wollte die Stadt als Schmuck etwas Besonderes haben, nicht den üblichen Brückenheiligen St. Nepomuk. Man entschied sich für St. Severin, Ende des 4. Jahrhunderts Kölns dritter Bischof, Namensgeber des „Vringsveedels“. Die Fronten im Stadtrat waren damals eindeutig: die CDU dafür, SPD und FDP dagegen. Auch der evangelischen Kirche behagte es nicht so recht. Aber gegen den Namensgeber des benachbarten Stadtteil konnte sie dann doch nichts einwenden.

Ablenkung für Autofahrer? Eine Testfigur aus Pappe wurde nachts angesägt

Strittig war der Standort auf der Brücke: Könnten die Autofahrer nicht abgelenkt werden? Eine Testfigur aus Pappe wurde nachts abgesägt. Dann also der Standort hinter St. Johann Baptist, nur wenige Schrittchen von der Brüstung zur Brückenauffahrt entfernt. Am 28. November 1968 wurde die Skulptur enthüllt. 160.000 DM waren dafür veranschlagt, nur 150.000 kostete es tatsächlich. Das waren noch Zeiten.

Aus einer Höhe von gut acht Metern breitet der Heilige seine segnenden Hände über den Autoverkehr aus.

Den Auftrag für die am Ende 4,50 Meter hohe Figur hatte der Kölner Bildhauer Elmar Hillebrand (1925-2016) erhalten, ein international renommierter Künstler, dessen Arbeiten in vielen Ländern Europas stehen. Er war Student von Ewald Mataré und Studienkollege von Joseph Beuys an der Düsseldorfer Kunstakademie. Sein bekanntestes Werk in Köln ist der Hochaltar im Dom, aber auch an der Restaurierung der romanischen Kirchen war er beteiligt.

Die Heiligenfigur wurde aus einem 40-Tonnen-Stück Marmor geschlagen

Im italienischen Marmor-Paradies Carrara holte sich Hillebrand 1965 einen 35 Tonnen schweren Block aus Oleanus-Marmor, ein kristalliner Stein, hellgrau mit feinen Maserungen. Er brachte ihn nach Villmar an der Lahn, wo vor allem der Bildhauer Walter Schmitt sich daran machte, nach Hillebrands Entwurf 15 Tonnen wegzumeißeln, damit daraus St. Severin wird. Lediglich die Hände sind aus einem anderen Block.

In der rechten Hand hält der Heilige seinen Bischofsstab, gefertigt aus Diabas, einem schwarzgrünen Basaltgestein, innen durch einen Stahlstab zusammengehalten. Doch in der Mitte ist ein Stück herausgebrochen, den Stein selber durchziehen durchgehende lange Risse. Und das einstige helle Grau ist nur noch an wenigen Stellen zu ahnen. Bedeckt ist der Stein fast überall mit einer jahrzehntealten Dreckschicht, auf dem Sockel hat sich Moos angesiedelt.

Keiner weiß, wer für den Zustand des Schutzpatrons zuständig ist

Mit seiner Auszeichnung – sie geht nur höchst selten an ein vorbildhaft erhaltenes Bauwerk – macht nun der „Rheinische Verein“ auf den fortschreitenden Verfall der Figur aufmerksam. Erhofft sich ein Gutachten dazu, wie der Stein zu reinigen ist, wie der zerborstene Bischofsstab restauriert werden kann. Experten warnen: Kärchern ist nicht, dadurch können Poren im Stein geöffnet werden, in denen sich Moos und im Winter gesteinsprengendes Eis festsetzen. Da ist wohl Handarbeit angesagt.

Doch die Sache hat einen Haken: Trotz eifriger Recherchen hat man nicht herausgefunden, wem der vergessene Heilige Severin gehört – wer also für seinen Zustand und dessen Abhilfe zuständig ist. Bezahlt hat ihn jedenfalls die Stadt, es steht auf städtischem Grund und der damalige OB Theo Burauen war bei der Enthüllung äußerst stolz auf das neue Kunstwerk. Wer sich für den Erhalt der Skulptur engagieren will – auch finanziell – kann sich bei RVDL-Mitglied Rudolf Conrads melden (rc.conrads@googlemail.com).

Autor: dts
Foto: Vom einst hellen Grau ist dem heiligen Severin nicht mehr viel geblieben. Im Hintergrund der Kirchenturm von St. Johann Baptist.