Köln | Der Vorläufer des Runden Tisches für Integration e.V. wurde im Jahr 1991 gegründet. Auch nach 27 Jahren, mehreren „Flüchtlingswellen“ und einer zunehmenden Institutionalisierung von Integration hat der Verein seinen festen Platz und seine Aufgabe in der Kölner Stadtgesellschaft. Am 16. September 2018 wird der Verein mit einer Demonstration unter der Überschrift „Köln zeigt Haltung“ gegen Diskriminierung und Vorurteile seine Stimme erheben.

1991 war kein gutes Jahr in Deutschland. Im Jahr nach der Wiedervereinigung dämmerte vielen, dass die Euphorie des Jahrs der Wiedervereinigung verflogen und die angekündigten blühenden Landschaften in neuen Neuen Bundesländern eine langwierige Herausforderung bleiben werden. Im September 1991 greifen gewaltbereite Deutsche, vor allem Jugendliche aus Hoyerswerda und Neonazis aus ganz Deutschland, zuerst ein von Vietnamesen bewohntes Arbeiterheim an, drei Tage später ein Asylbewerberheim an. Sie werfen Flaschen, Steine und Molotowcocktails auf die Heime. Die umstehenden Bürger klatschen Beifall.

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Diese erschreckende wie verstörenden Bilder eines Pogroms sind der Auftakt von gewalttätigen, brutalen, rassistisch motivierten Übergriffen und Anschlägen, die bis heute andauern. Unter diesem Eindruck entsteht in Köln die Idee zur Gründung eines Runden Tisches gegen Ausländerfeindlichkeit, der später in „Runder Tisch für Ausländerfreundlichkeit“ und elf Jahre nach seiner Gründung schließlich in „Kölner Runder Tisch für Integration e.V.“ umbenannt wurde. Die Initiatoren waren der damalige Bundestagsabgeordnete Konrad Gilges und Hilmar Ankerstein, damals Vorstand der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Auch Dr. Katharina Focke, Bundesfamilienministerin unter Willy Brandt, Gerhart Baum, Innenminister im Kabinett Schmidt, OB Norbert Burger, Jürgen Wilhelm von der Landschaftsversammlung des LVR und Manfred Kock, Stadtsuperintendent der Evangelischen Kirche in Köln, machten ebenfalls von Anfang an mit.

An der Organisation hat sich seit der Gründung wenig geändert. Vier Mal im Jahr trifft sich ein Koordinierungsausschuss, um die jährlichen vier Veranstaltungen zu aktuellen Fragen der Migration und Integration in Köln inhaltlich zu beraten und organisatorisch vorzubereiten. So hat sich der Runde Tisch in den vergangenen drei Jahren vor allem mit der Situation der Geflüchteten befasst, darüber informiert, Empfehlungen ausgesprochen und Forderungen aufgestellt. Ein Förderverein sorgt sich um Werbung und Förderung der Tätigkeiten des Runden Tisches“.

Wichtige Impulse für die Integration

Immer wieder setzt der Runde Tisch damit auch Zeichen, wie etwa das „Fairness-Abkommen“, das die demokratischen Parteien in die Pflicht nimmt, Fragen der Herkunft nicht zum Wahlkampf-Thema zu machen. 1998 erstmals zur Bundestagswahl umgesetzt, gehört es heute zum festen Bestandteil. Beschwerden der „Alternative für Deutschland“ weist der Sprecher des Runden Tisches, Dr. Wolfgang Uellenberg-van Dawen entschieden zurück. „Das Fairness-Abkommen richtet sich an die Parteien, die sich in ihren Grundsatz-Programmen zu den Menschenrechte für alle bekennen“, stellt er im Gespräch mit Report-k.de klar.

Der Runde Tisch hat sein Büro im Trakt des Migrationsmuseums DOMiD im Bezirksrathaus Ehrenfeld.

Auch wenn der Weg weiterhin hart und steinig ist, in den vergangenen Jahren hat sich bereits viel getan. „Wir haben immer gefordert, dass sich die Strukturen in der Stadt verbessern“, betonte Bernd Geiß, Vorsitzender des Fördervereins für den Runden Tisch. Damit meint er vor allem die Entwicklung eines Integrationskonzeptes, das erst auf massiven Druck auch des Runden Tisches in Angriff genommen wurde. So gab es in Köln schon vor diesem Konzept viele gute Angebote. Doch es fehlte an Koordinierung und einer angemessenen Evaluation. Mit der Erstellung eines solchen Konzeptes ging auch die zunehmende Institutionalisierung des Themas Integration, das schließlich in diesem Jahr mit der Bildung eines eigenen Amtes seinen vorläufigen Höhepunkt fand, lobte Geiß.

Allerdings sei es damit alleine nicht getan. Für Uellenberg-van Dawen ist dies nur ein Zwischenschritt. So gibt es zwar schon viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit interkultureller Kompetenz, aber schon auf der Ebene der Amtsleiterinnen und Amtsleiter werden es deutlich weniger. Und so wiederholt der frühere Kölner Gewerkschaftschef eine Forderung, die schon seit einem Jahrzehnt im Raum steht: das kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger. „Das würde einiges bewegen“.

Perspektive für den Runden Tisch

Auch wenn mit der institutionellen Aufwertung das Thema Integration „mehr als nur noch eine Nebensache städtischen Handelns“ ist. Die Verantwortlichen des Runden Tisches wollen auch ihre eigene Positionierung weiterentwickeln. „Wir wollen zu einem Ort werden, wo es regelmäßige Dialoge gibt. Denn der Dialog ist das beste Mittel gegen Rassismus“, betonte Uellenberg-van Dawen.

Tatsächlich sei man derzeit dabei, mit den Wirtschaftskammern des Handwerks, sowie der IHK gemeinsam gegen die derzeitige Abschiedepraxis zu protestieren. Zumindest beim Handwerk ist dieses Thema bereits auf der Agenda, seit deren oberster Repräsentant in Deutschland sich über die Abschiebung ausgebildeter Ausländer beschwerte.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die soziale Frage. Gerade die Ethnisierung bzw. Selbstethnisierung von Menschen mit Zuwanderungshintergrund hat eine starke, wenn nicht bestimmende Komponente. Insofern spielen auch die Themenfelder Bildung und Ausbildung eine wichtige Rolle. Für den 16. September plant der Verein zudem eine große öffentliche Demo, die unter der Überschrift „Köln zeigt Haltung“ ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Hass setzen will.

Während viele Träger, die auch in der Integrationsarbeit aktiv sind, bereits als Einrichtungen Mitglieder im Verein Runder Tisch für Integration sind, tun sich manche Migrantenselbstorganisationen noch etwas schwer. Hier wollen die Verantwortlichen Überzeugungsarbeit leisten und können dabei auf jüngste Erfolge zurückblicken. Einer dieser neuen Kooperationspartner ist unter anderem das Bündnis für Afrika. „Wir wollen, dass der Runde Tisch in seinen Strukturen denen der Stadtgesellschaft entspricht“, so Uellenberg-van Dawen. Der Ehrenamtspreis der Stadt Köln ist da ein Motivationsschub.

Weitere Infos zum Ehrenamtspreis der Stadt Köln finden sie auf Report-k.de.

Autor: Ralph Kruppa
Foto: Dr. Wolfgang Uellenberg-van Dawen (links) und Bernd Geiß, Vorsitzender des Fördervereins, wollen mit ihrem Engagement die Integration von „Ausländern“ in die Stadtgesellschaft voranbringen.