Köln. „Das Grundwasser war tief und klar und mit Schilf bewachsen. Hier schwammen Wildenten und quakten unzählige Frösche – eine schöne, friedlich scheinende Landschaft“, erinnert sich Hans Klein an die frühere Kiesgrube Breuer in Ossendorf. Dass dort trotz der Idylle von den Nazis entsetzliche Greueltaten verübt wurden, hat Klein bis heute nicht losgelassen. Er ist der Initiator einer neuen Gedenkstätte in Form eines riesigen Kieselsteins, der an zwei in den Jahren 1942 und 1943 ermordete junge Männer erinnert.

Der Pole Franz Jakubowski und der Ukrainer Wasyl Zwadiuk waren von den Nazis als Zwangsarbeiter nach Köln gebracht worden. Jakubowski musste seinen Dienst in einem Gärtnereibetrieb an der Frohnhofstraße verrichten. Dort verliebte sich der junge Mann in eine 21-jährige Nachbarin. Nach deren Schwangerschaft wurde er von einer Ossendorfer Bürgerin denunziert und von der Gestapo verhaftet.

Am 12. November wurde er zur Kiesgrube gebracht und dort erhängt. Mit der Maschinenpistole zwang man andere Zwangsarbeitet, sich den Mord mitanzusehen. Die Mutter seines Kindes brachten die Nazischergen nach dessen frühen Tod ins KZ Ravensbrück gebracht, wo sie nur mit Glück überlebte.

Sein Nachfolger in der Gärtnerei war wohl das zweite Opfer Zwadiuk, der nach einem Streit mit dem Besitzer des Betriebs um einen Heimaturlaub ebenfalls verhaftet und in Ossendorf ermordet wurde. Seine Leiche brachten seine Mörder zur Uni Bonn, wo sie für Versuche genutzt wurde. An beide erinnert jetzt eine am Stein angebrachte Metalltafel. Bis heute sind die Täter unbekannt und nicht zur Rechenschaft gezogen worden.

„Dieser Stein soll den beiden bislang namenlosen und vergessenen Zwangsarbeitern wieder einen Namen geben“, erklärt Bezirksbürgermeister Josef Wirges. Es sei wichtig, an diese Greueltaten zu erinnern und zu mahnen, sagt er auch angesichts rechter Umtriebe in der heutigen Zeit wie der brutalen Mordserie der NSU.

Schon am kommenden Samstag werde die als rechtsextrem geltende Vereinigung Pro Köln sich vor der Ehrenfelder Moschee zu einer Demo treffen. „Wir werden mit dem Bündniss gegen Rechtsextremismus vor Ort sein und Stellung beziehen“, sagt Wirges, dem es Sorge bereitet, dass Staatsschutzorgane wie bei der NSU auf dem rechten Auge blind zu sein scheinen.

Rolly Brings, der mit seinem musikalischen Beitrag zum Erinnern aufrief, erinnert sich noch an die Kiesgrube, wo er als Kind gespielt hat. „Meine Eltern fanden klare Worte und erzählten uns, dass dort Zwangsarbeiter ermordet wurden. Wenn ich daran denke, dass man andere Zwangsarbeiter gezwungen hat, sich das mit anzusehen,versagt mir heute noch die Stimme.“

Warum solche Morde in aller Öffentlichkeit passiert sind, dafür hat Werner Jung, Direktor des NS-Dokumentationszentrum eine erschreckende Erklärung: „Das war eine so effiziente wie auch scheußliche Inszenierung, mit der andere Zwangsarbeiter auf brutale Weise gewarnt und bedroht wurden“, sagt der Experte auch mit Blick auf die öffentlichen NS-Morde in Ehrenfeld. „Dieser Tag ist ein guter Tag für die Erinnerungskultur in Köln“, betohnt Jung vor den anwesenden Gästen, zu den auch der stellvertretende polnische Generalkonsul und der ukrainische Generalkonsul gehören.

„Das ist die schlimmste Tat in der 1000-jährigen Geschichte Ossendorfs. Dieses Geschehen darf angesichts sechs weitere öffentlicher NS-Morde hier an der Kiesgrube, die mir von Zeitzeugen bestätigt wurden, nicht in Vergessenheit geraten“, mahnt Hans Klein in seiner Rede. Wie solche Greueltaten künftig verhindert werden können, zeigen die Kinder der KGS Wilhelm-Schreiber-Straße, die unterstützt von Ludwig Sebus Lieder von der Bedeutung der Freundschaft singen.

Autor: Stephan Eppinger
Foto: Josef Wirges, Hans Klein und Dr. Werner Jung vor dem Gedenkstein