Köln | Am gestrigen Donnerstag gaben Kölns Polizeipräsident Uwe Jacob und Einsatzleiter Klaus Rüschenschmift weitere Details zum morgigen Einsatz bekannt. Zwar steht der Besuch des türkischen Staatspräsidenten Erdogan in Köln weiiterhin im Fokus der Aufmerksamkeit. Aber das ist nicht die einzige Kundgebung in der Domstadt. Und auch gestern waren noch nicht alle Einzelheiten des Besuchablaufs bekannt.

„Ich habe großes Verständnis für Sorgen und Unmut all derer, die am kommenden Wochenende in zum Teil erheblichen Maße von der Moschee-Einweihung und dem Besuch des türkischen Staatsoberhauptes betroffen sind“, so Jacob in seinem Statement zur Eröffnung der gestrigen Pressekonferenz. Schon seit Wochenbeginn sind Beamte im direkten Umfeld der Ditib-Moschee unterwegs, um Anwohner und Geschäftsleute auf die bevorstehenden Einschränkungen hinzuweisen. Ein kritischer Faktor ist dabei sicher die Ditib, auch wenn die Polizeiverantwortlichen auf entsprechende Nachfragen eher zurückhaltend reagierten. „Ich denke, der Veranstalter hat nicht völlig überschaut, welche Verantwortung er mit einer solchen Veranstaltung hat“, gab sich Jacob diplomatisch.

So kam es nach Darstellung von Jacob wohl am Mittwochabend zu einem Gespräch zwischen der Stadt Köln, der Polizei und dem Veranstalter Ditib. Der hatte zuvor über die sozialen Medien alle eingeladen, die sich der Ditib und dem türkischen Staatspräsidenten verbunden. Die Behörden gehen von bis zu 25.000 Besuchern aus, lediglich 5.000 dürfen in den so genannten Sicherheitsbereich rund um die Moschee, 500 Gäste sind geladen. Der Rest, der nicht in den Sicherheitsbereich hineinkommt, soll sich im Inneren Grüngürtel aufhalten dürfen. Ein Sicherheitskonzept, wie es für Großveranstaltungen dieser Art obligatorisch ist, lag bis zum gestrigen Donnerstag jedoch noch nicht vor. Die Stadt Köln, die als Genehmigungsbehörde eine Verfügung erlässt, hat dem Veranstalter eine Frist bis Freitagvormittag gesetzt. Bereits im Vorfeld wurden die Anwohner über die bevorstehenden Einschränkungen im direkten Umfeld der Moschee informiert (Report-k.de berichtete).

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Die Polizei bestätigte zudem, dass Zimmer im Steigenberger Hotel am Rudolfplatz für den Samstag angemietet sind. Ob und wann der Staatsgast hier auftaucht, stand ebenfalls am gestrigen Donnerstag ebenfalls noch nicht fest. Vorsorglich wird die Polizei aber auch hier einen Sicherheitsbereich rund um das Hotel abstecken. Betroffen davon sind die Ringe und Ost-West-Achse mit den Bahnlinien 1,7 und 9 entlang der Aachener und Richard-Wagner-Straße. Auch auf der Inneren Kanalstraße, so die Polizeiverantwortlichen, wird es Sperrungen geben, die sich über den gesamten Nachmittag hinziehen und auch hier zu erheblichen Beeinträchtigungen führen werden.

Gleich drei Gegendemos gegen Erdogan-Besuch

Gleich an vier Stellen haben bis Donnerstag Gegner und Kritiker des türkischen Politikers Gegendemonstrationen veranstaltet. Die größte dürfte auf der Deutzer Werft ab 11 Uhr stattfinden, hier werden 5.000 bis 7.000 Teilnehmer aus dem linken und kurdischen Spektrum erwartet. Zwar hat die Polizei einen Marsch durch die Kölner Innenstadt verboten und will die Versammlung als stationäre Kundgebung am Rheinufer halten. Der Anmelder hat dagegen jedoch Rechtsmittel vor dem Verwaltungsgericht eingelegt. Auch hier ist im Laufe des heutigen Freitag mit einer Entscheidung zu rechnen. Geplant ist eine Demoweg vom Ausgangspunkt über die Deutzer Brücke bis zum Neumarkt und wieder zurück zur Deutzer Werft.

Eine weitere große Gegendemo wird um 12 Uhr am Ebertplatz beginnen. Der Anmelder kommt hier aus dem Umfeld der Alevitischen Gemeinde Deutschland. Die Polizei rechnet mit mindestens 3.000 Teilnehmern, es könnten aber auch einige Tausend mehr werden. Das Gebiet rund um den Ebertplatz stelle da aber keine größeren Herausforderungen dar, da sich die umliegenden Ringe schnell für die Kundgebung absperren ließen, erläuterte der Einsatzleiter.

Völlig unproblematisch sind aus Sicht der Polizei zwei weitere Kundgebungen. Eine davon findet auf dem Hans-Böckler-Platz statt. Hier startet vor dem Gewerkschaftshaus bereits um 8 Uhr eine ganztägige Veranstaltung, die von zahlreichen Zivilorganisationen und auch dem Aktionsbündnis „Köln stellt sich quer“ unterstützt wird. Die Polizei geht von mindestens 200 Teilnehmern aus. Noch kleiner ist eine weitere Kundgebung, deren privater Anmelder ursprünglich direkt vor der Moschee demonstrieren wollte. Diese Kundgebung hatte die Polizei einige Meter weiter stadtauswärts verlegt, trotz der Überschrift „Solidarität mit Erdogan“. Mit angemeldeten zehn Personen ist diese Veranstaltung aus Sicht der Polizei ebenfalls keine besondere Herausforderung.

Rechts gegen Links am Hauptbahnhof und weitere Demos

Aus der Perspektive der Sicherheitsbehörden problematisch könnte eine weitere Veranstaltung auf dem Breslauer Platz werden. Hier hat ein Anmelder aus dem rechten Umfeld zu einer Kundgebung „Gegen Extremismus und Gewalt“ aufgerufen. Trotz des unverdächtigen Mottos ließ die Polizei durchblicken, dass es sich hier um bekannte Personen aus dem rechten Milieu wie Türsteher und Rocker handelt. Der Anmelder rechnet mit rund 300 Personen. Dem stehen auf dem gleichen Platz etwa 500 Gegendemonstranten gegenüber, die unter dem Motto „Köln gegen Rechts“ ebenfalls auf die Straße gehen. Einsatzleiter Rüschenschmidt verglich dies mit einer anderen Kundgebung, die vor knapp zwei Wochen stattfand. Auch wenn ein direktes Aufeinandertreffen beider Gruppen verhindert wurde, band es erhebliche Polizeikräfte. Das dürfte sich wohl auch am Samstagnachmittag wiederholen, fatalerweise genau dann, wenn auch Erdogan die Moschee besucht.

Drei weitere Kundgebungen, die im Bereich der Innenstadt stattfinden, sind nach Auskunft der Polizei eher unproblematisch. Auf dem Heumarkt und auf der Domplatte haben zwei Tierschutzorganisationen Demos angemeldet. Erwartet werden hier 1.000 (Heumarkt) bzw. 300 Teilnehmer. Ebenfalls 300 Teilnehmer dürften zu einer Kundgebung von Greenpeace auf dem Alter Markt erscheinen. Auch hier geht es um das Thema Umweltschutz, allerdings eher in Richtung Kritik an den Räumungen im Hambacher Wald.

Halte- und Flugverbote im gesamten Stadtgebiet

Weil der Staatsgast die höchste Sicherheitsstufe innehat, gelten in weiten Teilen der Stadt weitere Einschränkungen. So gilt für den Großraum Köln während der Zeit des Staatsbesuches eine Flugverbotszone mit einem Radius von 60 Kilometern. Der Flugverkehr am Flughafen Köln/Bonn ist davon allerdings nicht betroffen, dafür fliegen die Jets hier zu hoch.

Rund um die Veranstaltungsorte, vor allem aber zwischen dem Rudolfplatz und der Ditib-Moschee gilt am Samstag ein flächendeckendes Parkverbot. Beamte haben bereits am gestrigen Donnerstag damit begonnen, Gullideckel und Briefkästen zu überprüfen. Weitere Halteverbote befinden sich auf der Heidestraße in Köln-Porz, auf der Riehler Straße in der nördlichen Innenstadt sowie der Gummersbacher Straße am Bahnhof Deutz.

Mit mehr als 3.000 eingesetzten Beamten wird dieser Samstag einer der größten Polizeieinsätze in den vergangenen Jahren. Neben Unterstützung aus allen 47 Kreispolizeibehörden bekommen die Kölner Beamte auch Unterstützung aus anderen Bundesländern und der von der Bundespolizei. Wie genau der Einsatz ablaufen wird, hängt aber nach wie vor von den genauen Abläufen ab. Und auch 48 Stunden vor der Veranstaltung gibt es nach Darstellung der Polizei wenig Konkretes. Unterdessen bestätigte Polizeipräsident Jacob, dass NRW-Ministerpräsident Laschet und der türkische Staatsgast in Köln zusammentreffen werden. Laschet hatte in der Vorwoche seine Teilnahme an der Moscheeeröffnung abgesagt (Report-k.de berichtete). Auch hierfür muss die Polizei vorsorgen und ist nach eigener Aussage auch dafür vorbereitet.

Wenigstens für die Domwallfahrer hatte Jacob gute Nachrichten. Auch wenn die Verkehrsbeschränkungen in Köln erheblich sind und auch der ÖPNV beeinträchtigt ist. Am Dom selbst dürfte es vergleichsweise ruhig zugehen. Auf die Frage eines Journalisten, was die Polizei unternehme, wenn der Staatsgast eine Stadtrundfahrt wünsche, gab sich Jacob entspannt. „Wir würden ihn dahingehend beraten“, erklärte er mit einem Augenzwinkern.

Autor: Ralph Kruppa
Foto: Polizeipräsident und Einsatzleiter bei der gestrigen Pressekonferenz. Noch sind nicht alle Details des Einsatzes rund um den Erdogan-Besuch geklärt.