Köln | Zum „Kölner Flüchtlingsgipfel“ am heutigen Donnerstag, 2. Februar 2017, im Historischen Rathaus in Köln hatte die Stadt 250 Teilnehmer geladen. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die Integration von Geflüchteten – insbesondere unter dem Aspekt der Unterbringung in den Veedeln – in Köln verbessert werden kann. Prof. Jörg Friedrich von der Leibniz Universität Hannover forderte dabei eine Förderung für Menschen statt für Wohnraum. So könne langfristig eine bessere Mischung in den Wohnquartieren erzielt werden, die Integration erst ermögliche.

Von der Not in den Alltag

„Derzeit gelingt die Integration in Köln noch nicht so, wie wir es gerne hätten“, räumte heute Dr. Harald Rau, Beigeordneter für Soziales, Integration und Umwelt der Stadt Köln, im Rahmen des „Kölner Flüchtlingsgipfel“ ein. Die vergangenen zwei Jahre hätte sich die Domstadt in einer Notsituation befunden, um für die Geflüchteten Unterbringungen finden zu können. Nun kehre allmählich der Alltag ein und es gelte dauerhaften Wohnraum zu finden. Das ist in Köln keine leichte Aufgabe. Allein bis 2029 müssen in Köln laut Stadt 66.000 neue Wohneinheiten gebaut werden, um den bedarf der wachsenden Bevölkerung stillen zu können.

Die Fachtagung heute beschäftigte sich auch mit der Frage, wie neuer, geförderter Wohnraum in Zukunft aussehen soll. In seinem Vortrag forderte dabei etwa Prof. Dr. Jürgen Friedrichs vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS) an der Universität zu Köln, die Geflüchteten so rasch wie möglich von den Notunterkünften etwa in Turnhallen in Wohnungen zu bringen. „Nur dann kann Integration gelingen“, sagte Friedrichs. Wichtig sei es dabei, die Geflüchteten gleichmäßig über alle Stadtteile zu verteilen und stärker in den Veedeln unterzubringen, in denen die Mittel- und obere Mittelschicht lebe. Eine Studie in Hamburg, an der er selbst mitgewirkt habe, hätte gezeigt, dass auch die überwiegende Mehrheit der Menschen in diesen Veedeln eine derartige Integration unterstützen würden. Rund ein Viertel der Befragten hätten es als wünschenswert empfunden, dass die Bewohner mit den Geflüchteten konfrontiert würden.

Friedrich: Subjekte statt Objekte fördern

Um diese soziale Mischung zu erreichen, forderte heute Prof. Jörg Friedrich von der Fakultät für Architektur und Landschaft der Leibniz Universität Hannover, dass nicht mehr Wohnraum gefördert werden solle, sondern Menschen. „Weg von der Objekt-, hin zur Subjekt-Förderung“, sagte Friedrich. Statt günstigen, geförderten Wohnraum zu bauen, sollten Städte hochwertige Architektur errichten. So könnten in einem Haus Bürger aus der Mittelschicht und Menschen mit Förderungsbedarf untergebracht werden. Um einem aufkommenden Neid zu begegnen, könnte in geförderten Wohnungen eine höhere Belegung vorgesehen werden. „Es gibt Modelle, die zeigen, dass ein friedliches Zusammenleben ohne Neid möglich ist“, sagte Friedrich. Darüber hinaus seien die Flüchtlinge für Deutschland nötig, um die Bevölkerungsdichte auf dem heutigen Stand halten zu können. Ohne Zuwanderer werde die Bevölkerung schrumpfen, warnte Friedrich.

Konkrete Projekte stellte Hans Oster, Leiter Referat Flüchtlingskoordination der Stadt Köln, heute nicht vor. Die Stadt nutze jedoch jegliche Handhabe, um mehr geförderten Wohnraum in Köln bauen zu können – etwa durch Auflagen für Investoren. An der Tagung heute nahmen 250 Akteure der Kölner Wohnungswirtschaft, Trägern, Institutionen und Vertretern des Ehrenamts teil. Flüchtlinge seien von der Stadt Köln nicht eingeladen worden, da es sich um eine reine Fachtagung handle, erklärte Oster. Der Kölner Stadtrat hatte die Stadtverwaltung vor zwei Jahren dazu aufgefordert, eine Fachtagung unter dem Titel „Kölner Flüchtlingsgipfel“ durchzuführen. Veranstaltet wurde sie erst am heutigen 2. Februar 2017, unter gleichem Namen, jedoch mit anderer Ausrichtung. Im Fokus stand nun nicht mehr die aktuelle Unterbringungsnot, sondern vor allem Wege zur Integration in den Kölner Wohnraum.

„Wohnen Wagen“ auf dem Alter Markt

Vor dem Historischen Rathaus demonstrierte heute die Aktion „Wohnen Wagen“, zu der sich mehrere Initiatoren sowie Institutionen und Bündnisse – darunter etwa der Kölner Flüchtlingsrat e.V., Kein Mensch ist illegal Köln und das Allerweltshaus Köln, zusammengeschlossen haben. Mit einem Wohnwagen auf dem Alter Markt machten sie auf die Wohnsituation der Geflüchteten aufmerksam. Kritik äußern die Akteure an der Flüchtlingspolitik der Stadt Köln. Zum Teil lebten Geflüchtete mehr als ein Jahr in den Turn- oder Leichtbauhallen. Dabei sei Wohnraum ein Menschenrecht. Mit dem bunten Wohnwagen zieht das seit November 2016 durch die Kölner Veedel. Gemeinsam mit Bewohnern und Geflüchteten will das Bündnis vor Ort nach konkreten Lösungen suchen und handeln.

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Autor: Cornelia Ott
Foto: Wohnwagen der Aktion „Wohnen Wagen“ auf dem Alter Markt in Köln