Köln, Hürtgenwald | Es sollte ein ruhiger Osterspaziergang werden, verbunden mit Nachdenken über die Erinnerungskultur zur „Schlacht im Hürtgenwald“. Um so größer dann die Empörung, als die Kölner Gruppe auf dem Gedenkfriedhof in Vossenack rechten Grabschmuck entdeckte. Seinem verwitterten Zustand nach zu urteilen, wurde er dort offensichtlich schon vor einigen Tagen, vielleicht sogar Wochen platziert.

An zentraler Stelle stand ein Bogen aus Tannenzweigen, darin aus Birkenästen zusammengesetzt die Yr-Todesrunen – ein Symbol, dass von rechtsextremen Gruppierungen genutzt wird. Das gleiche Zeichen fand sich daneben auf einer Grableuchte, ebenso auf einer Grableuchte auf dem Grab von Walter Model, einem treuen Hitler-General, sowie in der benachbarten Anlage, die der Verehrung der Wehrmachtsdivision „Windhunde“ dient.

Unklar ist, wer dies dort aufgestellt hat. Möglicherweise eine rechte Gruppe, die sich im Internet eines nächtlichen Besuchs mit Fackeln und Fahnen rühmt. Die hier bestatteten deutschen Soldaten werden dort als „Helden“ verehrt, die für „ihre Fahne“ gestorben seien.

Niemandem fielen die rechten Devotionalien störend auf

Aufgefallen ist der nächtliche Besuch offensichtlich niemandem, ebenso wenig hat er wohl gestört. Auch nicht dem Mitarbeiter des zuständigen Kreises Düren, der den Friedhof „täglich beaufsichtigt und in regelmäßigen Abständen pflegt“. Wohl erst auf Nachfrage wurden die rechten Devotionalien entfernt. Offiziell verbietet eine Friedhofsordnung die Ablage solcher Gegenstände. Sie wurde explizit erlassen, um rechte Aufmärsche zu verhindern.

Der – vorsichtig formuliert – nachlässige Umgang passt allerdings in die Erinnerungstradition dieser Gegend. Hier tobte von Oktober 1944 bis Februar 1945 die „Schlacht im Hürtgenwald“. So lange konnten deutsche Truppen im unwegsamen Gelände der Nordeifel den Vormarsch der Amerikaner aufhalten, die dabei große Verluste erlitten. Die Schätzungen über die Gesamtzahl der Gefallenen reichen von 20.000 bis 68.000. Explosive Hinterlassenschaften machen noch heute einen Gang durch die Wälder gefährlich.

Tote deutsche Soldaten wurden als Kriegshelden verehrt

Schon in der jungen Bundesrepublik bildete sich in einigen der Eifelgemeinden – insbesondere in Vossenack – eine unheilige Allianz aus Politik (CDU), Verwaltung, katholischer Kirche und Veteranenvereinen (“Windhunde“): Die deutschen Soldaten wurden als opfermütige Helden verehrt, der politische Hintergrund des Nationalsozialismus ausgeblendet. Dies hält nur leicht abgeschwächt bis heute an. Einer tiefer reichenden Diskussion entzieht man sich – den örtlichen Geschichtsverein eingeschlossen –, indem man gleichzeitig unter dem Motto „Gemeinsam für den Frieden“ der gefallenen US-Soldaten gedenkt. Für rechte Gruppierungen sind die Gedenkstätten immer noch ein Ort für „Heldenverehrung“. Breite örtliche Proteste dagegen sind nicht bekannt.

Auch der Bundeswehr fällt es immer noch schwer, eine angemessene Haltung zu den Lehren aus dem Nationalsozialismus zu finden. Auf ihre Einladungen zum „Internationalen Hürtgenwaldmarsch“ wird immer noch von 68.000 Toten erzählt – eine politische Zahl aus dem Arsenal der Wehrmachtsveteranen-Vereine.

Das „Nachspielen“ der Kämpfe von damals hinterlässt bis heute Löcher im Wald

Lange gutgeheißen wurde auch die Begleitung des Marsches durch „Livig-History-Akteure“, die mit historischen Militärfahrzeugen und in US-Uniformen die Kämpfe von damals „nachspielen“. Dafür werden auch fleißig Schützenlöcher im Wald, immerhin ein Bodendenkmal, ausgehoben. Das ist zwar verboten, auch wurde deren nachträgliche Auffüllung durch die hierfür mitverantwortliche lokale Reservistenvereinigung vereinbart. Kontrolliert wurde das bislang allerdings nicht – die Löcher gibt es immer noch und weder die Gemeindepolitik noch die zuständige Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) scheinen sich daran zu stören.

Immerhin wird in letzter Zeit relativ schnell die Tafel erneuert, die über den Nazi-General Model informiert und wiederholt zerstört oder gar abmontiert wird. Aufgelistet wird da unter anderem dessen enge Zusammenarbeit „mit den Mordkommandos der Einsatzgruppen von Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst“. Spätestens seit Ostern braucht es eine neue Tafel.

Autor: ehu
Foto: Rechter Grabschmuck auf dem Gedenkfriedhof in Vossenack