Interview mit dem Geschäftsführer von Köln-Kongress, Bernhard Conin

Wie blicken Sie auf die aktuelle Entwicklung?

Bernhard Conin: Im Frühjahr hätte wohl keiner gedacht, dass wir jetzt im Herbst noch mit der Pandemie zu tun haben. Wie viele andere Veranstalter haben auch wir die Termine am Tanzbrunnen um drei bis vier Monate verschoben, weil wir dachten, dass wir spätestens im Juli oder August wieder unser volles Programm durchführen können. Das war wohl zurückblickend etwas naiv gedacht. Inzwischen haben wir so manches Konzert schon zum dritten Mal verlegt. Aktuell gehe ich davon aus, dass wir wohl auch noch im kompletten ersten Quartal 2021 ohne Veranstaltungen auskommen müssen. Das meiste ist inklusive Karneval schon jetzt abgesagt worden. Wir haben schon Ende September den Karnevalsgesellschaften ein Sonderkündigungsrecht für alle unsere Veranstaltungsorte angeboten, was auch entsprechend genutzt worden ist. Ursprünglich waren insgesamt 117 Veranstaltungen geplant gewesen. Jetzt müssen wir abwarten, ob überhaupt noch etwas möglich sein wird und, ob jetzt überhaupt noch jemand etwas veranstalten möchte.

Welche Folgen hat das für KölnKongress?

Conin: Wirtschaftlich hat das natürlich große Umsatzrückgänge verursacht. Bei den Vermietungen unserer Räumlichkeiten waren das 50 Prozent bei der Gastronomie im Gürzenich und im Tanzbrunnen 55 bis 58 Prozent. Da hatten wir noch Glück, dass wir den Karneval im Frühjahr noch verbuchen konnten. Dazu kommen neue Veranstaltungsformate wie ab Mai die Ratssitzungen im Gürzenich und Prüfungen in der Messe. Daran waren zum Beispiel die Kölner und die Heidelberger Uni genauso interessiert wie die IHK oder Berufsgenossenschaften. Die Nachfrage kam auch durch unser gutes Schutz- und Hygienekonzept in unseren Objekten.

Wie sind die Perspektiven für das kommende Jahr?

Conin: Wir hoffen jetzt auf den Impfstoff. Aber bis alle durchgeimpft sind, wird das sicher ein Jahr dauern. Auch gehe ich davon aus, dass es mindestens bis September oder Oktober 2021 dauert, bis alles wieder halbwegs organisiert anlaufen kann. Es wird bei uns auf jeden Fall keine normale Eröffnung der Open Air Saison am Tanzbrunnen geben. Wenn wir da etwas stattfinden lassen können, dann wahrscheinlich immer noch mit deutlich reduziertem Publikum.

Wie sieht es bei den Kongressen und Tagungen aus?

Conin: Da wurde fast alles abgesagt. Wir hatten zwei Veranstaltungen im September, die waren beide hybrid und mit deutlich weniger Teilnehmern als ursprünglich geplant. Hier gehen wir erst 2023 davon aus, dass wieder langsam die alte Normalität einkehrt. Dazu kommen die Reisebeschränkungen bei internationalen Kongressen und die Tatsache, dass viele Firmen Dienstreisen zum jetzigen Zeitpunkt komplett gestrichen haben. Aber Menschen wollen sich treffen und auch das soziale Rahmenprogamm ist dabei wichtig. Die digitalen Lösungen werden auch in Zukunft ihre Bedeutung haben und hybride Veranstaltungen werden an der Tagesordnung sein. Da können sich dann Teilnehmer gegen Bezahlung bei gestreamten Vorträgen dazuschalten und müssen nicht reisen.

Wie fällt die Bilanz des Sommers aus?

Conin: Bei den Open Airs am Tanzbrunnen waren bis Mitte März noch 36 Konzerte geplant. Nach der kompletten Absage während des Lockdowns sind wir mit einem neuen Konzept mit Abstand, Nachverfolgbarkeit und Bestuhlung neu gestartet. Bei 22 Veranstaltungen hatten wir insgesamt 23.000 Besucher. Es gab aber viele Termine, an denen wir bei den bis zu 1700 Plätzen mehr Karten hätten verkaufen können. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis sich wieder mehr Leute unbeschwert zu einer Veranstaltung trauen.

Wie kann man in diesen schwierigen Zeiten überhaupt planen?

Conin: Wir rufen uns jeden Morgen zusammen, um zu besprechen, was es Neues gibt. Täglich kommen Absagen und Anfragen gleichermaßen bei uns an. Aktuell kann man nur auf Sicht fahren, denn die Situation ändert sich ständig. Für die Karnevalsgesellschaften haben wir zum Beispiel für die Session 21 noch einige Termine reserviert, der Vertrag wird aber erst geschlossen, wenn die Veranstaltung auch durchgeführt werden kann. Da versuchen wir immer faire Regelungen mit den Kunden zu finden.

Sie sind selbst im und für den Karneval aktiv. Wie gehen Sie da mit der Situation um?

Conin: Wenn ich nachvollziehen kann, dass bestimmte Maßnahmen helfen, die Pandemie in den Griff zu bekommen, verzichte ich sowohl beruflich als auch privat gerne auf etwas Gewohntes. Einschränkungen sind in Ordnung, nur müssen sich auch alle daran halten, was ich leider nicht immer erkennen kann. Da braucht es jetzt einfach viel Disziplin. Aber wir sind in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern immer noch gut aufgestellt. Was die Absagen wie bei den Schull- und Veedelszöch angeht, haben das die Teilnehmer eingesehen und gehen vernünftig damit um. Wichtig ist jetzt, dass die Karnevalsgesellschaften und Veedelsvereine überleben und dass sie auch den Kontakt zu ihren Gästen halten. Wir wollen alle 2022 wieder unbeschwert feiern, dafür müssen wir uns aber jetzt auch vernünftig verhalten.

Was macht Ihnen derzeit die größten Hoffnungen und was die größten Sorgen?

Conin: Hoffnung macht mir, dass uns mit dem Impfstoff Sorgen genommen werden können und dass alle Menschen jetzt an einem Strang ziehen und sich an die Regeln halten, damit wir gut durch diese Zeit kommen. Sorgen macht mir, dass die Todesfälle jetzt auch bei uns deutlich angestiegen sind und die Frage, ob unser Gesundheitssystem diese Belastung auch weiter aushält. Man sieht in anderen Ländern wie Italien, Belgien oder auch in Schweden, wie groß die Probleme werden können.

Autor: Von Stephan Eppinger