Unter dem etwas angegilbten Titel „Vorbildliche Bauten NRW“ kürt die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen alle fünf Jahre die besten Neubauten, erneuerten Gebäude und Freiraumgestaltungen des Landes. Ganz vorn dabei: Köln und Kölner Architekten.

Die nur alle fünf Jahre vergebene Auszeichnung würdigt in diesem Jahr insgesamt dreißig Bauten in ganz Nordrhein-Westfalen. „Das aktuelle Verfahren erreichte mit 273 eingereichten Bauwerken die bislang stärkste Bewerberzahl“, teilt die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen mit. „Die Beiträge belegen eindrucksvoll, dass Architekten und Investoren sich auch intensiv mit der Sanierung und Weiterentwicklung des Gebäudebestandes beschäftigen“, betont Ernst Uhing, der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. „Etwa ein Drittel der Preisträger befassten sich mit Planungs- und Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden: Sanierungen, Aufstockungen, Ergänzungsbauten, Umnutzungen. Für unser dicht besiedeltes Land ist es wichtig, die städtebauliche Entwicklung mit innovativen Neubauten und im Sinne des Klimaschutzes voranzutreiben – und zugleich die vorhandene Bausubstanz verantwortungsvoll weiterzuentwickeln.“ Die 30 ausgezeichneten Bauten stehen in 14 Kommunen: Arnsberg, Bielefeld, Bochum, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Köln, Lemgo, Leverkusen, Mönchengladbach, Münster, Paderborn, Vreden, Werther (Westf.).

In Köln sind es gleich achten Bauten, die die Leute vom Architektenfach für vorbildlich halten, darunter mit der Uferbebauung auf der Deutzer Rheinseite oder dem Feuerwehrzentrum Realisierungen, die jeder in Köln schon einmal gesehen hat.

Nicht in Köln, aber von Kölner Architekten realisiert, wurden zwei weitere Bauten: Peter Böhm Architekten entwarf den Neubau des Philosophischen Seminars der Universität Münster, JSWD Architekten das Neue Kesselhaus auf dem Vivawest-Campus in Gelsenkirchen.

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Vorbildliche Bauten in Köln

Integratives Wohnprojekt Klarissenkloster, Köln-Kalk

Architektur: LK Architekten Regina Leipertz und Martin Kostulski Partnerschaftsgesellschaft mbB

Jury-Begründung:

„Mit diesem Projekt zeigt der Bauherr in vorbildlicher Weise, wie das Zusammenleben mit geflüchteten Menschen gelingen kann. Die Erweiterung des ehemaligen Klarissenklosters zu einer neuen Wohnstätte bietet Geflüchteten, freiwilligen Helfern, Nachbarn und anderen Menschen aus dem Viertel einen neuen gemeinsamen Treffpunkt. Der Integrationsgedanke des Projektes wird auch architektonisch umgesetzt: Der in sich abgeschlossene Klosterkomplex wurde geöffnet und mit Wegen und Zugängen durchlässig gemacht. Die Herausforderung des Projektes lag dabei in einer maßvollen Nachverdichtung und Öffnung zum Stadtteil, ohne den vorhandenen Charakter des Ortes zu überformen.

Erzbischöfliches Berufskolleg, Köln

Architektur: 3pass Kusch Mayerle BDA Architekten

Jury-Begründung:

„Der von drei Lehreinrichtungen gemeinsam genutzte Neubau fügt sich selbstverständlich in den städtebaulichen Kontext ein und stärkt die Raumkanten in dem durch andere Schulbauten geprägten Quartier. Er umschließt gekonnt den benachbarten skulpturalen Kirchenbau von Josef Rikus und wertet diesen dadurch im urbanen Kontext deutlich auf. Das Nutzungskonzept besticht durch die Schaffung attraktiver und gut funktionierender Räumlichkeiten für den Schulbetrieb einschließlich zahlreicher offener Lernzonen mit hoher Aufenthaltsqualität.“

Rheinboulevard Köln, Köln-Deutz

Landschaftsarchitektur: Planorama Landschaftsarchitektur, Berlin

Jury-Begründung:

„Die langgestreckte Ufertreppe bietet einen beeindruckenden Blick auf die Welterbe-Kulisse der Altstadt. Die Treppe selbst ist in überzeugender Weise durch Aufweitungen, Podeste und Bastionen gegliedert, die Belange von Flaneuren wurden ebenso berücksichtigt wie die von Radfahrern. Rampen garantieren die barrierefreie Anbindung der unteren und damit gewässernahen Podeste. Das Projekt war in Bezug auf Gewässerbau und Hochwasserschutz eine echte Herausforderung. Der Treppenanlage sieht man diese Schwierigkeiten nicht an; sie wirkt leicht und selbstverständlich. Überraschend aufgetauchte archäologische Funde wurden nicht als Hindernis für das Projekt gesehen, sondern bereichernd in das Gesamtkonzept integriert.Vorbildlich sieht das Preisgericht auch die im Vorfeld des Großprojektes durchgeführten Beteiligungsverfahren der Kölner Bürgerschaft. Die gemeinsamen Planungsworkshops dürften mit zu der großen Akzeptanz dieses beeindruckenden Vorhabens beigetragen haben.“

Wohnquartier Holsteinstraße, Köln

Architektur: Lorber Paul Architekten GmbH, Köln;

Jury-Begründung:

„Im Kölner Stadtteil Mülheim wurde auf einem ehemaligen Klostergelände die vorhandene, nicht denkmalgeschützte Kapelle in vorbildlicher Weise in die Entwicklung eines neuen Wohnquartiers mit rund 120 Wohnungen integriert. Sie war städtebaulicher Ausgangspunkt der Neubebauung, die sich wie eine schützende Hand um das Solitärbauwerk entwickelt. Die ehemalige Kapelle dient heute als Nachbarschaftstreff und wird auch von Vereinen aus der Umgebung genutzt, die sich für den Erhalt stark gemacht hatten.

Die geschickte, geradezu fließende Anordnung der Baukörper, die neuen und sehr sinnvollen öffentlichen Wegeverbindungen durch das Quartier sowie verschiedene interessante Sichtachsen machen die Anlage trotz der Vielzahl neuer Wohnungen zu einem Gewinn auch für die angrenzenden Bewohnerinnen und Bewohner.“

Schulerweiterung und Wohnen, Köln-Lindenthal

Architektur: LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei GmbH & Co. KG, Architekten BDA / AI, Stuttgart

Jury-Begründung:

„Die äußere Gestaltung ist harmonisch, geradlinig und ausgewogen. Die Materialien, roter Klinker und Beton, finden sich in der benachbarten Kirche Gottfried Böhms wieder, sodass der gesamte Komplex – 10 – homogen wirkt und sich selbstverständlich in die Umgebung einfügt. Die neuen Gebäude nehmen sich mit ihrer schlichten Geradlinigkeit gegenüber der skulpturalen Gestaltung der Kirche optisch angenehm zurück und zeigen dennoch eine starke eigene Präsenz. Auch die Innenraumgestaltung ist ebenso schlicht wie hochwertig, hier wurden Formensprache, Materialität und Beleuchtung mit ebensolcher Sorgfalt und Präzision entwickelt und umgesetzt. Die Jury stellt deutlich heraus, dass mit dem Erweiterungsbau ein städtebaulich und funktional vorbildliches Projekt mit hervorragender Gestaltqualität entstanden ist.“

Nikolaus von Zinzendorf Haus, Köln-Altstadt/Nord

Architektur: Bergblau Architektur, Köln

Jury-Begründung:

„Das zeittypische 50er-Jahre-Bürogebäude im Viertel nördlich des Kölner Hauptbahnhofes wurde zu einem modernen Wohnhaus mit 13 Wohneinheiten umgenutzt. Positiv fällt der respektvolle Umgang mit der Bausubstanz der 50er Jahre auf. Der zeittypische Charakter wurde – obwohl das Haus nicht unter Denkmalschutz steht – sensibel erhalten.

Das Objekt ist ein gelungenes Beispiel für die ressourcenschonende, nicht in die Statik eingreifende Umnutzung eines Bürohauses in ein Mehrfamilienwohnhaus mit modernen Wohnstandards. Besonders vorbildlich wird das Objekt durch den sozialen Anspruch des Bauherrn (Evangelische Kirche), hier keine Luxuswohnungen, sondern flexible Wohnungen für betreuungsbedürftige Menschen einzubauen, die seit Bezug als Wohnraum für geflüchtete Familien genutzt werden. (…) Besonders hervorzuheben ist der soziale Anspruch, qualitätsvollen Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen, der zudem einen Integrationsansatz bietet, der auch für die neuen Mitbewohner urbanes Wohnen im Zentrum von Köln erfahrbar macht.“

Erweiterung Genoveva-Gymnasium, Köln

Architektur: Chestnutt_Niess Architekten PartGmbB BDA, Berlin

Jury-Begründung:

„Ein im Kern gründerzeitlicher Schulbau sollte in einer recht schwierigen kleinen Grundstückssituation mit einer Vielzahl neuer Nutzungen ergänzt werden. Im Ergebnis ist ein sehr kompakter, u-förmiger Anbau entstanden, der sich in seinen Proportionen wohltuend an die Rückseite des Altbaus anfügt. Hohe Energieeffizienz rundet das Projekt ab und macht es zusammen mit der barrierefreien und transparenten Verbindung von Alt und Neu zu einem vorbildlichen Schulerweiterungsbau.“

Feuerwehrzentrum, Köln

Architektur: KNOCHE ARCHITEKTEN BDA, Leipzig;

Jury-Begründung:

„Das Feuerwehrzentrum wurde als kraftvolles, markantes Gebäudeensemble um einen Übungs- und Betriebshof herum konzipiert und wird dabei gleichermaßen den städtebaulichen Zielvorstellungen und den funktionalen Erfordernissen gerecht. (…) Wirkungsvoller Blickfang des markanten Gebäudeensembles ist der 30 Meter hohe Turm, der zum Trocknen der Löschschläuche dient. Der gestalterische Zusammenhang gelingt durch die ruhige Anordnung strukturierter Fassaden und eine Gebäudekubatur, die sich gleichermaßen aus der Umgebung und aus der Funktionalität heraus entwickelt.“

Autor: Von Christoph Mohr