Köln | Ein neues Beratungsangebot des Diakonischen Werkes Köln richtet sich speziell an Betroffene des 2004 verübten Nagelbombenanschlags in der Mülheimer Keupstraße sowie des Anschlags in der Probsteigasse 2001, welche beide dem rechtsterroristischen NSU zugeschrieben werden. Eine Sozialarbeiterin des Wohlfahrtverbandes ist ab Juli erste Anlaufstelle, um, unterstützt von Dolmetschern, eine Weiterleitung von Anfragen und Belange Betroffener an die zuständigen Stellen weiterzuleiten und über Möglichkeiten der Unterstützung zu informieren. Die Sozialarbeiterin soll auch an zwei Tagen in der Woche in direkten Dialog mit den Betroffenen der Keupstraße treten. Das Projekt wird finanziell unterstützt durch die Stadt Köln sowie den Landesverband Rheinland (LVR) und ist vorerst auf die Dauer eines halben Jahres begrenzt.

Durch das Angebot angesprochen sollen überdies auch Menschen sein, die die Anschläge miterleben mussten sowie Familienangehörige aller Betroffenen. Die Beratung kann aufgesucht werden, wenn rechtliche, soziale oder psychische Probleme vorliegen oder auch, wenn Klärungsbedarf bei Fragen im Zusammenhang mit der Nachsorge der Kölner NSU-Opfer und ihrer Angehörigen besteht. Die Beratung soll vertraulich, kostenlos und auf Wunsch anonym erfolgen. Sie findet in deutscher Sprache statt, Dolmetscher sollen bei Bedarf zur Verfügung stehen.

LVR und Stadt Köln beteiligen sich mit jeweils 7.000 Euro an dem durch Stadtsuperintendent Rolf Domning initiierten Projekt, den Rest zu den mit 20.000 Euro bezifferten Gesamtkosten trägt das Land Nordrhein-Westfalen. Sollte sich im Laufe des auf sechs Monate begrenzten Projektes herausstellen, dass darüber hinaus noch Bedarf an Hilfe und Beratung besteht, erwägt das Diakonische Werk, das Projekt fortzuführen.

Der LVR ist seit 2008 für die Entschädigungsleistungen für Opfer von Gewalttaten nach dem Opferentschädigungsgesetzt (OEG) zuständig. Zu diesen Leistungen zählten unter anderem auch aus den Folgen der Anschläge entstandene längerfristige Leistungen wie etwa Rentenansprüche, so LVR-Direktorin Ulrike Lubek. Getragen durch den Auftakt des NSU-Prozesses in München habe es Erstanmeldungen auf Opferentschädigung sowie zahlreiche sogenannte „Verschlimmerungsanträge“ von Personen, bei denen aufgrund der aktuellen Medienpräsenz des Anschlags erneut psychische und und physische Probleme aufträten, die von den traumatischen Erfahrungen bei den Anschlägen herrührten. Man habe festgestellt, dass noch Bedarf an Hilfestellung vorhanden sei, so die Verantwortlichen. Die jetzige Kampagne diene auch dazu, zu eruieren, wie groß der Bedarf an Hilfe bei den Betroffenen sei.

Bei der Vorstellung des Projekts brachten alle daran Beteiligten ihre großes Bedauern darüber zum Ausdruck, dass die Opfer der Anschläge über lange Zeit hinweg unter Verdacht standen, in die Anschläge verwickelt gewesen zu sein, wodurch es zu einer zusätzlichen Verletzung der Opfer gekommen sei.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Vlnr: Walter Schulz (Ratsmitglied SPD),  LVR-Direktorin Ulrike Lubek, Jörg Detjen (Ratsmitglied Linke), Oberbürgermeister Jürgen Roters, Stadtsuperintendent Rolf Domning, Helga Blümel (Diakonisches Werk des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region), Martina Hille (neue Ansprechpartnerin für Betroffene der NSU-Anschläge)