Köln | Bläck Fööss, Brings, Höhner, Kasalla, Carolin Kebekus, Paveier, Wilfried Schmickler, Rolly und Benjamin Brings, Fatih Cevikkolu, das Markus Reinhardt Ensemble oder Didi Jünemann sind nur einige der Namen auf der 17 Konzerte, Theaterstücke oder Veranstaltungen umfassenden Liste, die es von September bis Dezember zur Unterstützung des NS-DOK gibt. Grund der Benefizkonzerte, alle Künstler verlangen keine Gage, ist der Ausbau des dritten und vierten Obergeschosses des Hauses für noch mehr Bildung gegen Rassismus, Hass und Demokratiefeindlichkeit nach einer Idee von Dr. Werner Jung.

Dr. Werner Jung leitet das NS-Dokumentationszentrum und EL-DE-Haus der Stadt Köln und er baute es seit den 1980er Jahren unermüdlich aus. Er ist das personifizierte denkende gute Gewissen von Köln, der nicht nur die Erinnerung an die dunkelsten Tage Kölns wach hält, sondern auch immer wieder den Finger in die Wunde des ach so schnell vergesslichen Kölner Gewissens legte und der die Mär vom widerständigen Köln oder Karneval unermüdlich sezierte und ad absurdum führte.

Demokratie in Etage 3 und 4

Jetzt seine neueste Idee, die der Stadtrat mit Ausnahme der Stimmen der Rechtspopulisten, für gut und förderungsfähig befand. Das NS-DOK erhält die obersten Etagen seines Hauses dazu, in denen aktuell andere städtische Dienststellen untergebracht sind und die bis Ende 2018 ausziehen sollen. Seit Jahren verzeichnet das Haus Besucherrekorde und Jung nennt das Durchschleusen der Gruppen zu viel „Drehverkehr“. Durch den Zugewinn von fast 1.350 Quadratmetern soll jetzt ein Bildungszentrum entstehen, in dem die Gruppen nach dem Besuch des Hauses diesen in Ruhe aufarbeiten können. Neben den Schulklassen können aber auch Eltern mit ihren Kindern und der Museumspädagogin in Zukunft Themen gemeinsam aufarbeiten, etwa wenn Kinder fragen „Wofür hasste Hitler die Juden?“, eine Frage, so Jung, die auch Eltern oft nicht beantworten könnten.

Zudem wird es einen Bereich geben, der sich dem Erlebnis Demokratie pädagogisch widmen wird. Es soll dort eine einsame Insel im übertragenen Sinn geben, auf der die Menschen die dort stranden, das Experiment Demokratie wagen können. Sie müssen einen Gesellschaft aufbauen, ihre Organisation und sich selbst organisieren und Regeln für Alles schaffen. In Kleingruppen werden dann Ideen entwickelt, die im großen Kreis in den demokratischen Abstimmungsprozess gegeben werden. Die Insel im NS-DOK soll den Namen „Tristan da Cunha – Abenteuer Demokratie“ tragen, die im echten Leben eine der abgelegensten britischen Inseln im Atlantik ist.

Die Konzerte, Lesungen und Theateraufführungen

Für die Ausgestaltung der neuen Räume und Ideen braucht das NS-DOK Geld. Und das soll nun über Spenden hereingeholt werden. Dafür spielen die Musiker, Comedians, lesen die Autoren und die Theaterleute bereiten die Bühne umsonst.

Auf insgesamt 17 Veranstaltungen in drei Monaten treten auf:

Bläck Fööss geben am 9. September 2018 im EL-DE-Haus ein Konzert.

Carolin Kebekus, Fatih Çevikkollu und Markus Reinhardt Ensemble stehen am 10. September 2018 mit Comedy und einem Konzert auf der Bühne des COMEDIA Theater Köln.

Rolly & Benjamin Brings präsentieren am 21. September 2018 ihr Programm „e.o. plauen: Vater & Sohn op Kölsch“ eine Lesung mit Musik im EL-DE-Haus.

Volker Kutscher liest am 28. September 2018 aus seinem aktuellen Krimi „Lunapark“.

Cat Ballou geben am 6. Oktober 2018 ein Konzert im EL-DE-Haus.

Kemal Bozay liest am 9. Oktober 2018 im EL-DE-Haus aus „Die haben gedacht, wir waren das“, zum NSU-Komplex.

Kasalla geben am 10. Oktober 2018 ein Konzert in der Lutherkirche.

Paveier geben am 14. Oktober 2018 ein Konzert im EL-DE-Haus.

Esther Bejarano & Microphone Mafia geben am 27. Oktober 2018 mit „Ama la Vita“ein KonzertimMülheimer Bürgerhaus MüTZe.

Brings geben am 29. Oktober 2018 mit „Singsulautdekanns“ ein Konzert im EL-DE-Haus.

Didi Jünemann präsentiert am 31. Oktober 2018 sein Soloprogramm „Wir Kellerkinder“ im Forum der Volkshochschule am Neumarkt.

Miljö geben am 6. November 2018 ein Konzert im EL-DE-Haus.

Marina Barth liest am 8. November 2018 aus ihrem Roman „Lumpenball“ mit musikalischer Begleitung im EL-DE-Haus.

Höhner geben am 13. November 2018 ein Konzert im Altenberger Hof, Nippes.

Benjamin Brings gibt am 28. November 2018 mit „Ming Dräum“ ein Konzert im EL-DE-Haus.

Wilfried Schmickler präsentiert am 5. Dezember 2018 sein Kabarettprogramm „Kein zurück!“ im Forum der Volkshochschule am Neumarkt.

Ensemble Opus 45 und Roman Knižka geben am 7. Dezember 2018 ein Kammerkonzert mit Lesung „Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen“ im Filmforum im Museum Ludwig.

Das Geld aus den Konzerten kommt dem EL-DE-Haus und NS-Dokumentationszentrum zu Gute. Alle Spenden, die zwischen dem 7. September und dem 7. Dezember eingehen werden von der Bethe-Stiftung bis zu einem Betrag von 75.000 Euro verdoppelt. Die Bürgerinnen und Bürger können doppelt helfen: Durch den Kauf einer Eintrittskarte zu den 17 Veranstaltungen oder/und durch eine Spende auf das Konto des Vereins EL-DE-Haus: Sparkasse KölnBonn (IBAN DE03 3705 0198 0008 1922 05), Stichwort „NS-DOK“. Das komplette Programm gibt es unter www.nsdok.de Karten gibt es im Vorverkauf an der Museumskasse im EL-DE-Haus. Vorbestellungen sind möglich per E-Mail an nsdok@stadt-koeln.de oder per Telefon unter 0221/221-26332.

Engagement für die Demokratie, wichtiger denn je

Hartmut Pries erinnerte an Jean Jülich von den Edelweißpiraten, der den Bläck Fööss das EL-DE-Haus und NS-DOK näher gebracht habe, durch seine eindringlichen Schilderungen. Jülich habe mit Herz und Verstand nicht nur seine Kneipe geführt, sondern auch die und seine Geschichte an die Jugend in den Schulen weitergegeben. Markus Reinhardt erzählte in bewegenden Worten, wie er seinen Vater, der Auschwitz überlebte, dazu überredete eine Interview mit Dr. Werner Jung zu führen und heute noch Familienmitglieder ins NS-DOK kommen, um ihn zu hören und zu erleben. Fatih Çevikkollu erinnerte an den einzig widerständigen Karnevalisten: Karl Küpper und verspricht Witze über Nazis. Autor Volker Kutscher, der aus seinem Buch lesen wird zitierte den Historiker Ian Kershaw: „Der Weg nach Auschwitz war mit Gleichgültigkeit gepflastert“ und machte damit deutlich, dass dies heute nicht wieder passieren dürfte, etwa wenn in Chemnitz Menschen bei Demonstrationen mitlaufen, in denen andere den Hitlergruß zeigten. Er appellierte eindringlich für Demokratie einzustehen. Auch die Paveier, eine der ersten Gruppen, die dem Aufruf von Rolly Brings folgten das NS-DOK zu unterstützten, verbinden ein aktuelles Erlebnis in Köln mit Ausgrenzung und Rassismus. Themen, gegen die das NS-DOK steht. Auf ihrem Konzert am Kölner Tanzbrunnen hatten sie ein kleines türkisches Orchester eingeladen, dass bei seiner Ankündigung von Teilen das Kölner Publikums ausgebuht wurde. Das sei erschreckend gewesen, so die Paveier.

Autor: Andi Goral