Köln | Neue Besucherrekorde sind in den Jahresbilanzen des NS-Dokumentationszentrums in Köln 15 Jahren freudige Routine. So auch wieder für 2016: 80.554 Besucher waren es, vier Prozent mehr als 2014, dreimal so viel wie 2002. Und Direktor Werner Jung will mehr – mehr Besucher und dafür auch mehr Platz im EL-DE-Haus. Spätestens 2019 soll daraus ein „Haus für Erinnern und Demokratie“ werden.

Diesen Plänen stehen derzeit allerdings noch das Rechtsamt der Stadt und der Personalrat Kultur entgegen: Sie haben ihre Büros in der 3. und 4. Etage des Gebäudes am Appellhofplatz. Doch Jung ist überzeugt, mit seinem Erweiterungskonzept, an dem er mit seinem Team arbeitet, spätestens 2019 den Rat überzeugt zu haben. Für den Umbau brauche er dann nur ein halbes Jahr.

Erweiterung ist inhaltlich und räumlich nötig

Denn die Erweiterung ist seiner Meinung nach inhaltlich und räumlich nötig. Inhaltlich, weil er die Demokratie durch nationale und internationale politische Entwicklungen gefährdet sieht. Dem will er mit seinem Projekt „Erlebniswelt Demokratie“ entgegenwirken: Hier sollen Gruppen in Workshops lernen, wie man eine demokratische Gesellschaft aufbaut. Der Hausherr geht dabei von der Besiedlung einer kleinen unbewohnten Insel aus.

Doch nicht nur das erfordert mehr Raum. Den bräuchten, erklärt er, auch Gruppen, um einen Besuch im NS-Dok reflektieren zu können. Noch müssten sie nach einem Besuch fast sofort das enge Foyer verlassen. Auch ein größerer Veranstaltungssaal mit bis zu 200 Plätzen tut Not, in den jetzigen passen höchstens 90.

Fast jede zweite Schulklasse kommt nicht aus Köln

Immerhin fast 200 Veranstaltungen wurden 2016 angeboten, deren Besucher sind in der Gesamtzahl enthalten. Ungefähr die Hälfte der Besucher von Museum und Gedenkstätte sind Schulklassen, gut jede zweite kommt aus dem Um- oder Ausland, hier vor allem aus den Niederlanden. Kölner Schulen haben da noch einigen Nachholbedarf. Wobei das NS-Dok-Team einer gesteigerten Nachwuchs durchaus entgegen kommt, etwa durch Sonderführungen am eigentlich geschlossenen Montag.

Rund 2.200 Führungen für 36.938 Personen (2015: 36.327 Personen) wurden durchgeführt. Nicht nur für Schulklassen, fast jede zehnte war für Reisende von Rheinkreuzfahrten. Wobei das EL-DE-Haus – Museum, Gedenk- und Forschungsstätte –von diesen vor allem als „touristische Attraktion“ wahrgenommen wird und auch im Vorjahr wieder vom Reiseportal TripAdvisor ein „Zertifikat für Exzellenz“ erhielt.

Die Sonderausstellung über die Hitlerjugend geht auf Wanderschaft

Sieben Sonderausstellungen fanden 2016 statt, fünf davon waren „Eigenproduktionen“. Gerade erst zu Ende gegangen ist „Jugend im Gleichschritt!?“ über die Hitlerjugend – als Wanderausstellung konzipiert, ist sie schon für die nächsten anderthalb Jahre ausgebucht. In diesem Rahmen gehören auch die zahlreichen Publikationen wie die Veröffentlichung der Briefe von Erich Sander, Sohn des Fotografen August Sander, aus der NS-Haft oder das dreisprachige Buch mit der zeichnerische Rekonstruktion des Vernichtungslagers Auschwitz des KölnersPeter Siebers. Die daraus entstandene Ausstellung erreichte in diesem Jahr in Polen über 50.000 Besucher. Nicht zu vergessen in dieser Reihe „Köln 1933 – 1945: Bilder einer Stadt im Nationalsozialismus“: von den 1.400 darin veröffentlichten Fotos stammen 95 Prozent aus dem hauseigenen Archiv mit 125.000 Fotos.

Ein wichtiger Teil des NS-Dok ist seit 2008 die „Informations- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus“. Sie bot im vorigen Jahr 224 Veranstaltungen zu Rechtsextremismus und Rassismus an, darunter sechs große Tagungen und Konferenzen. Erst 2015 vom IBS gestartet, hat sich das Projekt „Qualifizierung und Begleitung von Institutionen, Organisationen und Einrichtungen für mehr Demokratie und gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ zu einem wichtigen Bestandteil dessen aktueller Arbeit entwickelt.

Autor: ehu
Foto: Seit 15 Jahren immer neue Besucherrekorde: NS-Dok-Direktor Werner Jung mit der Jahresbilanz 2016