Köln | Über 20 Dokumentationen über Köln und den Rhein hat Hermann Rheindorf schon zusammengestellt – historische Filmaufnahmen nicht nur aus Privatbesitz geben immer wieder überraschende Einblicke in die Geschichte der Stadt. Jetzt ist Teil II seiner „Filmreise in die 60er Jahre – 1965-70“ erschienen.

Die gut 105 Minuten sind ein vergnüglicher Blick zurück in eine Zeit, als in Köln noch – so zeigt es eine Reklame der Dom-Brauerei – Pils gebraut und getrunken wurde, der Bau einer Kindertagesstätte nur sechs Monate dauerte. Und die Stadt innerstädtisch „autogerecht“ umgebaut wurde. Dass der damals vollendete Autobahnring schon bald überfüllt war – geschenkt. Und heute verfluchen viele den alten Traum von der benzin- und dieselgetränkten Allzeitmobilität.

Die zweijährliche TÜV-Prüfung wurde Pflicht, in einem Film klärt er über korrektes Fahrverhalten auf. Viele Kreuzungen kamen ohne Ampeln aus und auf der Kalker Hauptstraße gab’s die grüne Welle für Autofahrer.

Aus der ersten „U-Straßenbahn“ wurde schon bald eine „U-Bahn“

Neue Siedlungen wurden gebaut, das Historische Rathaus zu neuem Leben erweckt, an der Luxemburger Straße verunglückte ein Zug, bei der Gasexplosion starb ein Mensch. Die KVB fuhr noch mit Straßenbahn und Halb-Doppeldeckerbussen um den Dom. Doch das hatte schon bald ein Ende: Am 18. Oktober 1968 wurde die erste Kölner U-Bahn-Strecke eröffnet. Vom Hauptbahnhof bis zum Friesenplatz waren es 1.400 Meter mit der „U-Straßenbahn“, wie es offiziell und korrekt hieß. Geduldig ertrugen die Kölnerinnen und Kölner die riesigen Baugruben für die U-Bahn-Stationen hier und auf dem Neumarkt, überquerten sie auf langen Holzbrücken.

US-Präsident Kennedy kam in diesem halben Jahrzehnt nach Köln, Königin Elizabeth II., der Schah von Persien mit seiner Farah Diba. Anders als in Berlin wenige Tage später bereitete ihm Köln einen freundlichen Empfang. Dort wurde beim Protest gegen den Besucher der Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen (was hier allerdings nicht erwähnt wird) – Auslöser für die Studentenrevolte. Die hatte ein Jahr zuvor einen heute fast vergessenen Vorläufer am Rhein: 1966 demonstrierten 7.000 Schüler und Studenten gegen eine KVB-Fahrpreiserhöhung. Die Polizei schlug zu.

Das Ende des Wirtschaftswunders: Ford entlässt 56.000 Mitarbeiter

Die junge Bundesrepublik überwand ihre erste Wirtschaftskrise, bei Ford alleine verloren 5.000 Menschen ihren Job. Doch die war bald überwunden. Musik besserte die Stimmung auf, 900 Bands soll es damals gegeben haben. „The Gang“ drehte einen Musikclip. Pech für den heute noch aktiven Singer-Songwriter und Gitarristen Winfried Bode: Er war nicht dabei, hatte gerade ein Date (wie nannte man das damals?) mit seiner Freundin.

Wirtschaft und Politik, Karneval, Verkehr, Freizeit und Kultur: Filmhistoriker Rheindorff konnte wieder aus einem umfangreichen Fundus aus öffentlichen und Firmenarchiven sowie privaten Sammlungen auswählen. Keine leichte Aufgabe, verrät er, er hätte genug Stoff für viele DVDs über diese Zeit.

Zu den Raritäten gehört sicherlich auch der Karneval-Kurzfilm des Ehepaars Rucker zeigen, das damit 1966 den 1. Preis des Bundes deutscher Filmamateure gewann. Besonders stolz ist er aber auf sechs Filmrollen der Familie Herr. Prominentestes Mitglied? Richtig, die Volksschauspielerin Trude Herr. Die spannte ihrer Nichte den Freund aus und fuhr mit ihm durch die Sahara, um auf eigene Kosten eine kleine Serie fürs Fernsehen zu drehen. Die aber wurde nie gezeigt. So kann man hier erstmals sehen, wie die Herr einem Polizeioffizier im Tschad während eines Appells einen Karnevalsorden verlieh. Den dieser – des Karnevals unkundig – sichtlich stolz entgegennahm.

Am Montag stellt Rheindorf seine DVD in der Volksbühne vor

Hermann Rheindorf stellt seine DVD mit Sammlern, die ihm Material zur Verfügung stellten, und einigen Protagonisten am kommenden Montag, 24. April, um 20 Uhr in der Volksbühne am Rudolfplatz vor (Aachener Str. 5, 50674 Köln, Tel. 0221 / 25 17 47, www.volksbuehne-rudolfplatz.de). Eintrit: 7,50 Euro.

[infobox]Hermann Rheindorf: „Köln: Filmreise in die 60er Jahre – Teil 2: Die Jahre 1965-70“ – kölnprogramm, 105 Minuten Spielzeit, im Handle oder über www.rheindvd.de, 14,80 Euro

[/infobox]

Autor: ehu, DVD-Cover: Hermann Rheindorf