Das Kölner Oberlandesgericht (OLG Köln) hat am gestrigen Dienstag das erstinstanzliche Urteil im Prozess um die Havarie der „Waldhof“ bestätigt. Die Reederei wird keinen Schadensersatz erhalten.

Köln | Wie der 3. Zivilsenat der Berufungsinstanz unter Leitung der Vorsitzenden Richterin Dr. Anke Eilers bekannt gab, bestätigte das Gericht die Klageabweisung aus der ersten Instanz. Das knapp 110 Meter lange Tankmotorschiff (TMS „Waldhof“) fuhr bei einem Pegelstand zwischen den Hochwassermarken I und II rheinabwärts, als im Bereich des so genannten „Betteck“ das 135 Meter lange Großmotorschiff (GMS „Acropolis“) als Bergfahrer entgegenkam. Kurz nach der Begegnung der beiden Schiffe kenterte die „Waldhof“ über Steuerbord, trieb mit dem Kiel nach oben zu Tal, kollidierte mit einem weiteren bergfahrenden Schiff und kam kurz unterhalb des Loreleyhafens auf Grund zum Liegen.

Die „Waldhof“ war zum Unfallzeitpunkt mit Schwefelsäure beladen, wobei die Art der Beladung nicht den europäischen Stabilitätskriterien entsprach und das Schiff um 633 Tonnen überladen war. Den Gesamtschaden hat die Eigentümerin der „Waldhof“ auf rund 3,5 Millionen Euro beziffert, mit der Klage hat sie einen Betrag von rund 1,6 Millionen Euro gegen die Eigner der „Acropolis“ geltend gemacht. Die Klägerin meint, dass die „Acropolis“ in der Begegnung fehlerhaft gefahren sei und zudem schon gar nicht in die Engstelle am „Betteck“ hätte einfahren dürfen und damit für die Havarie mitverantwortlich sei.

Das Amtsgericht Sankt Goar – Rheinschifffahrtsgericht – hat die Klage auf Basis der Ergebnisse der behördlichen und staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen abgewiesen. Für die Berufung der Klägerin war das Oberlandesgericht Köln als Rheinschifffahrtsobergericht zuständig.

Falsche Beladung als Ursache – eigene Gutachten angefordert

Der 3. Zivilsenat hat auf Antrag der Klägerin ein gerichtliches Sachverständigengutachten zur Begegnung der Schiffe eingeholt, den Sachverständigen mündlich befragt und auf dieser Grundlage die Klageabweisung bestätigt. Der Schiffsführung der „Acropolis“ sei aber keine schuldhafte Pflichtverletzung anzulasten. Der Frachter habe nicht unterhalb des „Betteck“ warten müssen. Zwar sei nach der Havarie ein generelles Begegnungsverbot für Schiffe eingeführt worden, wenn am „Betteck“ die Hochwassermarke I überschritten ist. Nach den zum Unfallzeitpunkt geltenden Regeln hätte der Bergfahrer aber generell nur warten müssen, wenn das Warnsystem für Schiffe – die sogenannte „Wahrschau“ – außer Betrieb gewesen wäre. Aber auch das traf zum fraglichen Zeitpunkt nicht zu, die Warntafeln hatten damals funktioniert.

Eine Sonderregel in der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, die dem Bergfahrer vorschreibt, an „Engstellen“ zu warten, sei nicht einschlägig, weil das „Betteck“ keine Engstelle im Sinne dieser Verordnung sei. Der gerichtliche Sachverständige habe überzeugend erläutert, dass die Fahrrinne ausreichend breit für die Begegnung der beiden Schiffe gewesen sei. Die Schiffsführung der „Acropolis“ habe auch nicht gegen allgemeine nautische Sorgfaltspflichten verstoßen. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass nach § 6.04 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung der Bergfahrer dem Talfahrer einen geeigneten Weg freizulassen hat.

Nach Meinung des 3. Zivilsenats sei auch hier der Besatzung der „Acropolis“ kein Vorwurf zu machen. Die Behauptung der Klägerin, dass die „Acropolis“ der „Waldhof“ einen ungünstigen Kurs aufgezwungen und diese in die stärkere Strömung am kurvenäußeren Ufer (sog.„Prallhang“) abgedrängt habe, sei durch den Sachverständigen nicht bestätigt worden. Vielmehr habe die Auswertung von Radarbildern ergeben, dass die „Acropolis“ die grüne Fahrrinnentonne „hart“ angefahren habe. Auch im Verlauf der Begegnung sei sie dicht am linken Fahrrinnenrand und damit auf dem optimalen Kurs gefahren.

Dass die „Waldhof“ bereits nach ihrer Beladung nur eingeschränkt manövrierfähig gewesen sei, konnte die Besatzung der „Acropolis“ weder wissen noch sei es für sie erkennbar gewesen. Auch dass die „Acropolis“ gegen eine Absprache mit der„Waldhof“ verstoßen habe, sich am „Betteck“ nicht zu begegnen, sei nicht feststellbar gewesen. Es gebe „deutliche Anhaltspunkte“, dass alleine die falsche Beladung für die Instabilität des havarierten Schiffes verantwortlich sei. Aufgrund der starken Querströmungen an der engen Kurve sei das Schiff nicht mehr ausreichend steuerbar gewesen. Eine Mithaftung der „Acropolis“ und ihrer Schiffsführung sei nicht erkennbar, deshalb die Abweisung.

Wegen der nicht grundsätzlichen Bedeutung ließ der 3. Zivilsenat keine Revision zu. Der Streit um den Zusammenstoß ist damit endgültig entschieden. Das Urteil trägt das Aktenzeichen 3 U 209/13 BschRh vom 20. März 2018.

Autor: Bernd F. Löscher