Köln | Markus Wiener, Stadtrat der als rechtsextrem geltenden Bürgerbewegung „Pro Köln“, hatte die Medien eingeladen um über die Teilnahme der Gruppierung am Cologne Pride 2013 zu informieren. Klar wurde dabei, das „Pro Köln“ wie schon seit Jahren Projekte der Community in der Stadt, wie das Jugendzentrum „anyway“ nicht unterstützen wird, noch nicht einmal zum Dialog bereit ist, aber beim CSD mit den Symbolen der durchgestrichenen Moschee mitfahren will und bereit ist für die Teilnahme bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

„Pro Köln“, die „Christen von Pro Köln“ und Homosexualität

Kurz vor dem CSD oder Cologne Pride 2008 hatte sich der Arbeitskreis „Christen von Pro Köln“ gegründet. Unter anderem forderten die Christen von „Pro Köln“, wie report-k.de (Wir dokumentieren den Archivartikel und die gesammelten Stimmen aus dem Jahr 2008 im Original am Ende des Artikels in der Infobox) damals berichtete, dass man die ideelle und materielle Förderung von „Homosexuellen-Vereinen“ abschaffen will. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Markus Wiener erklärte mehrfach auf Nachfrage, dass man Selbsthilfeeinrichtungen von Lesben und Schwulen auch weiterhin, so die Beschlusslage der Gremien von „Pro Köln“ nicht unterstützen und weiterhin eine Finanzierung ablehnen werde. Die Begründung von „Pro Köln“: „Sex ist Privatsache“ und die Community könne diese durch eigene Beiträge und Spenden selbst finanzieren. Allerdings schloss Wiener nicht aus, dass sich das einmal ändern könnte. Zum CSD 2013, wenn man mitfahren will, ist damit allerdings kaum mehr zu rechnen. Klar stellte Wiener auch, dass man gegen eine Gleichstellung von Ehe und „Homopartnerschaft“, wie er sagte, sei. Michael Gabel, der für „Pro Köln“ in der Stadtarbeitsgemeinschaft Lesben, Schwule und Transgender sitzt, scheint dies aber anders zu sehen, denn er forderte für die rund 100.000 homosexuell lebenden Menschen 10 Prozent des städtischen Budgets, da diese ja auch Steuern zahlen würden.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass „Pro Köln“ zwar die Finanzierung und Unterstützung ablehnt, aber nicht den Dialog mit den Trägern sucht. Nimmt man etwa das Jugendzentrum „anyway“, dem man ja nun nicht nachsagen kann, dass es sich nur um die Privatsache „Sex“ kümmere, sondern junge Menschen in einer schwierigen Phase, der Pubertät und damit verbunden einem eventuellen Coming Out unterstützt, so ist die Verweigerung bei der Begründung von „Pro Köln“ nicht nachvollziehbar. Alle demokratischen Parteien suchen regelmäßig den Dialog mit dem Jugendzentrum, engagieren sich. Auch ein Vertreter des Jugendzentrums „anyway“ sitzt mit dem „Pro Köln“-Mann Michael Gabel in der Stadtarbeitsgemeinschaft und auch dort gab es keinen Dialog oder Interesse von „Pro Köln“. Warum will „Pro Köln“ jetzt aber beim CSD oder Cologne Pride mitfahren, wenn man sich sonst für die Community und deren Belange so überhaupt nicht interessiert, geschweige denn einsetzt und diese sogar offen ablehnt?

Das Symbol der durchgestrichenen Moschee soll mitgeführt werden

Bei „Pro Köln“hat man den CSD erkannt als Thema an dem man die Islamfrage polarisieren kann. Und nur dieses eine Thema wird fokussiert, wie Michael Gabel es als Frage formulierte die man an die Gesellschaft und Community stelle: „Wollen wir die Muslime oder die Homosexuellen bei uns haben?“. Denn Gabel schließt aus, dass beides gehe, da er Menschen mit muslimischem Hintergrund eine generelle Homophobie unterstellte. So soll der „Pro Köln“ Wagen, dem man sogar den denglisch, modernistischen Titel „Proud to be Kölsch“ verpasst hat, auch das „Markenzeichen“ von „Pro Köln“ mitführen, das Symbol mit der durchgestrichenen Moschee.  Auf das Zeigen von Mohammedkarikaturen will man allerdings verzichten, so Wiener. Wie das alles mit dem §2 der Charta des CSD, die „Pro Köln“ unterschreiben muss und die man bei der Anmeldung schon akzeptiert hat zusammenpasst ist allerdings fraglich. Denn dort heißt es „Die im KLuST versammelten Vereine, Gruppen und Einzelmitglieder verbinden mit dem CSD Köln gemeinsame Werte, die insbesondere auch während der CSD-Parade zum Ausdruck kommen und Beachtung finden sollen. Wir wünschen uns einen weltoffenen, die Menschenwürde respektierenden CSD. Wir geben ein Beispiel für Respekt, Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und Toleranz. In der CSD-Parade ist deshalb kein Platz für frauenverachtende, rassistische und gewaltverherrlichende Darstellungen.“

„Pro Köln“ droht mit Bundesverfassungsgericht

Wiener geht davon aus, dass die Teilnahme „Pro Köln“ nicht verwehrt werden könne und teilte mit, dass man bereit sei bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Neben kölscher Musik will man politische Lieder abspielen, allerdings keinen Rechtsrock, wie der mit der Organisation betraute Fiedler erklärte. Unter anderem will man die Probleme von Schwulen in Istanbul, der Partnerstadt Kölns thematisieren, allerdings behaupteten die „Pro Köln“ Aktivisten, dass es dort keinen CSD gäbe, eine Falschinformation, die  hätte man im Internet recherchiert, nicht verbreiten sollte.

Beisicht soll bei Anmeldung involviert gewesen sein

Markus Wiener erläuterte, dass sich auch der „Pro NRW“ Vorsitzende Markus Beisicht telefonisch vor der Anmeldung mit dem Klust ausgetauscht hätte. Man habe von Seiten des Klust immer wieder erklärt bekommen, dass der CSD in Köln überparteilich sei. Es habe nicht nur eine anonyme Anmeldung von Seiten „Pro Köln“ gegeben, sondern auch einen regen E-Mail-Verkehr, den man gerne vorlegen könne. Damit widerspricht Wiener der Darstellung des Klust, der immer davon sprach, dass sich „Pro Köln“ anonym angemeldet habe.

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Aus dem Report-k.de Archiv: „Christen pro Köln“ gegründet – „Pro Köln tarnt sich als Biedermann und netter Nachbar“

Köln, 2.7.2008, 17:20 Uhr > Eines muss man der vom NRW Verfassungsschutz unter Beobachtung stehenden als rechtsextrem geltenden Bürgerbewegung „Pro Köln“ lassen: Mit wohlfeilen Formulierungen wie der Benennung eines neuen Arbeitskreises zu „Christen pro Köln“ ,versucht man in der breiten Bevölkerung nach Menschen zu fischen und diese für dumm zu verkaufen. Das „Christen pro Köln“ nur einen Absatz später für Intoleranz und Ausgrenzung steht — also antichristliche Werte — erfährt nur der, der weiter liest. Dieser Arbeitskreis sieht sich als Vorkämpfer des christlichen Abendlandes und macht gleich bei der Gründung Front gegen andere Religionen, Schwache und Homosexuelle und steht damit selbst in einer unheiligen Tradition.

Man wettert gegen „islamische Großmoscheen“, Menschen, die drogenabhängig sind und die, die ihnen helfen wollen — und das ist neu — gegen Homosexuelle. Passend zum CSD, der an diesem Wochenende seinen Abschluss finden wird. Immer geht es bei allen Aktivitäten der so genannten Bürgerbewegung „Pro Köln“ darum, andere Menschen mit einer anderen Religionszugehörigkeit oder Menschen, die anders denken und leben, auszugrenzen. Jedem, der sich vom Namenszusatz „pro“ einlullen lässt, muss klar sein, dass er sich mit gefährlichem Gedankengut einläßt. Wenn dort etwa steht, dass man gegen „islamische Großmoscheen“ ist, heißt das ja nichts anderes, als dass man Menschen mit einem anderen Glauben abspricht, ihren Glauben zu leben? Das ist gegen das Grundgesetz. Wenn dort steht, dass man die ideelle und materielle Förderung von Homosexuellen-Vereinen abschaffen will, was ist der nächste Schritt? Die Wiedereinführung des Paragraphen 175? Und dann? Nicht umsonst beobachtet der Verfassungsschutz die Bürgerbewegung mit dem „pro“ im Namen, das eigentlich „gegen“ heißen müsste. Wer aber glaubt, das Phänomen „Pro Köln“ wegschweigen zu können, der könnte bald eines Besseren belehrt werden. „Pro Köln“ hat angekündigt, zum „Anti-Islamisierungskongress“ der im September in Köln veranstaltet werden soll und zu der Rechtspolitker aus ganz Europa geladen sind, 500.000 Zeitungen zu verteilen. In Köln hat sich bereits das breite Bündnis „Wir stellen uns quer: Europäische Rassisten haben in Köln keinen Platz!“ gebildet.

Report-k.de bat verschiedene gesellschaftliche Gruppen, Parteien und die christlichen Kirchen um ein Statement zur Gründung der „Christen pro Köln“:

Markus Danuser, aus dem Vorstand des Kölner Lesben und Schwulentages (KLUST):
„Wer, wie es der neu gegründete Arbeitskreis „Christen pro Köln“ auf seiner Internetseite tut, die ideelle und materielle Förderung von Homosexuellen-Vereinen als falsches gesellschaftliches Signal bewertet, verdient „Null Toleranz!“ im Sinne unseres diesjährigen CSD-Mottos. Zum Glück denkt heutzutage nur noch eine kleine Minderheit von Extremisten und spinnerten Sektierern so rückwärtsgewandt und ausgrenzend über unsere schwul-lesbische Minderheit. Dennoch müssen wir dieser diskriminierenden Haltung und Ihren Protagonisten Einhalt gebieten. Genau dies werden wir am kommenden Wochenende unter dem bewusst kämpferischen Motto „Null Toleranz!“ auf dem CSD Köln tun. In dieser Stadt ist kein Platz für lesben- und schwulenfeindliche Sprüche, null Toleranz für Intoleranz!“

Volker Beck, Mitglied des Deutschen Bundestages für Bündnis90/Die Grünen
„Einschränkung der Religionsfreiheit, Ausgrenzung von Minderheiten und von Kranken und Schwachen sind keine christlichen Tugenden. Die Gründung von „Christen pro Köln“ ist ein Ärgernis für alle engagierten Christen in der Domstadt, die sich für Verständigung, für die Ausgegrenzten und für Minderheiten engagieren. Gott sei Dank handelt die Mehrheit der Kölner Christinnen und Christen im Sinne der Bergpredigt: Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? (Matthäus 5,46-47) „Christen pro Köln“ sehen sich als verfolgte Christen. Dies ist ein Schlag ins Gesicht für die Christinnen und Christen, die täglich in der Welt wegen ihres Glaubens um ihr Leben fürchten müssen.“

Der Pressesprecher des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, Günter A. Menne, sagte gegenüber report-k.de zur am 27. Juni 2008 erfolgten Gründung eines „Arbeitskreises Christen pro Köln“ beiläufig: „Es gibt düstere Phänomene in einem mittelalterlichen Kölner Milieu zwischen Kathedrale und Kneipe, die man als aufgeklärter Protestant nicht einmal ignoriert – deshalb: kein Kommentar.“

Bettina Herlitzius,  Mitglied des Deutschen Bundestages für Bündnis90/Die Grünen
Passend zur CSD-Woche meldet sich Pro-Köln mit der Gründung des AK „Christen pro Köln“. In ihrer Pressemitteilung brandmarken sie „die ideele und materielle Unterstützung von Homosexuellen-Vereinen“ als Verrat am „Erbe des christlichen Abendlands“. Das Menschenbild, das „Christen pro Köln“ da präsentieren, ist weder christlich noch für Köln, sondern plumpe Homophobie. Wer Verantwortung für seinen Lebenspartner bzw. Lebenspartnerin übernimmt und wer sich um deren Kinder kümmert, der muss auch von der Gesellschaft unterstützt werden. Und das gilt für Lesben, Schwule und Heteros.“

Das Statement der Kölner FDP : „Pro Köln“ tarnt sich als Biedermann und netter Nachbar
Zur Gründung des Arbeitskreises „Christen pro Köln“ erklärt der Pressesprecher der Kölner FDP, Anselm Riddermann: „Pro Köln will sich mit der Gründung des Arbeitskreises „Pro Christen“ als Biedermann und netter Nachbar tarnen.“ Inzwischen werden nicht mehr einfach nur dumpfe Parolen, die vor Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nur so strotzen, unter das Volk gebracht. Vielmehr versucht Pro Köln mit dieser Gründung die Grenze zwischen Rechtsextremismus und sozialer Protestbewegung zu verwischen. Darin liegt die eigentliche Gefahr, denn die Kritik an der Globalisierung und dem Kapitalismus sind für „Pro Köln“ willkommene Themen, um verschleiert rechtsextremistische Ideologie zu transportieren und die Ängste betroffener Bürgerinnen und Bürger auszunutzen.

„Pro Köln“ weckt bewusst Ängste“, warnt Anselm Riddermann. So beschwört die Partei mit einer angeblichen muslimischen Gefahr ein Angstszenario bei den Bürgerinnen und Bürgern herauf. Die Partei bezeichnet sich selbst als Anti-Islam-Partei. Mit populistischen Themen will sie lokal Fuß fassen, um bei der Kommunalwahl 2009 wieder in Fraktionsstärke den Sprung in den Kölner Rat zu schaffen. „Dagegen müssen wir gezielt vorgehen und rufen daher alle Kommunalpolitiker der demokratischen Fraktionen zum gemeinsamen Engagement gegen „pro Köln“ auf“, so Fraktionsgeschäftsführer der Kölner FDP und Mitglied des Rates, Ulrich Breite. Seit Jahren versucht „pro Köln“ mit rechtspopulistischen Themen lokalpolitischen Einfluss zu gewinnen. Dabei bedient sie sich vorwiegend Themen wie Ausländerkriminalität oder dem Moscheen-Bau. Getarnt mit bürgerlichem Anstrich werden ausländerfeindliche und rassistische Ideologien subtil an die Sorgen der Bürger vor Überfremdung geknüpft und Vorurteile und Hass gegenüber ausländischen Mitbürgern geschürt.

„Integrationspolitik ist den Stammtischrhetorikern von „pro Köln“ wohl ein Graus.“
Aus der Sicht der Kölner Liberalen soll Integrationspolitik dem Ziel dienen, ein friedliches interkulturelles Leben zu ermöglichen, in dem sich alle Menschen sicher, wohl und heimisch fühlen. Dafür muss ein offener interkultureller Dialog geführt werden, wie er eben im Islamforum oder mit der Moschee Gemeinde geführt wird. Des Weiteren haben die Kölner Liberalen den Bau einer repräsentativen Moschee in Köln- Ehrenfeld für die 100.000 muslimischen Bürgerinnen und Bürger jederzeit unterstützt. „Die Kölner Liberalen sind für eine offene und pluralistische Gesellschaft und diese kann nur gelingen, wenn das ethnische und kulturelle Anderssein akzeptiert. Wir fordern aber auch Respekt vor alternativen Lebensentwürfen und vor unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen“, so Anselm Riddermann, Pressesprecher der Kölner FDP.

Zum Christopher-Street-Day (CSD), der Demonstrations- und Feierveranstaltung der Schwulen und Lesben am kommenden Wochenende, ist es wichtig mit Blick auf „die Bedeutung Kölns als Deutschlands ‚Hauptstadt‘ der Schwulen und Lesben“ und mit der Ausrichtung der „Gay-Games“ 2010, hervorzuheben, dass insbesondere und gerade die Stadt Köln für Tolerenz, Liberalität und Weltoffenheit steht“ und dies auch gerade durch die Unterstützung des homosexuellen Leben zeigt. Einzig Judith Wolter von „pro Köln“ gab Kontra: Grundsätzlich sei sie dagegen, dass Köln das Etikett einer „Hauptstadt der Homosexuellen“ angeheftet und dass der CSD veranstaltet werde; und weil dieser als „angeblich politische Demonstration“ angemeldet werde, sollten sich die Stadt  „heraushalten“. „Köln lässt sich seinen Ruf als weltoffene und tolerante Stadt nicht durch diese menschenrechtsverachtenden Sprücheklopfer besudeln“, betonte Ulrich Breite (FDP).“

Anmerkung der Redaktion: Die katholische Kirche Köln hat ebenfalls ein Statement angekündigt. Die Redaktion von report-k.de wird dieses, sobald es vorliegt, nachreichen. Die katholische Kirche hat sich zu diesem Phänomen nicht geäußert.

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Autor: Andi Goral