Köln | Heute fand die Abschlussveranstaltung des Kooperationsprojekts „Klimagerechte Metropole Köln“ statt, dessen Aufgabe seit dem ersten Zusammenkommen im Jahr 2009 es war, Klimaveränderungen in der Großstadt Köln zu untersuchen, um im Anschluss daran Prognosen für den Klimawandel abzugeben und Maßnahmen zur Prävention auszuarbeiten, die dann auch auf andere Großstädte in Nordrhein-Westfalen übertragen werden können. Im Fokus dabei standen die Temperaturveränderungen sowie die Entwicklung der extremen Niederschläge im Stadtgebiet. Ergebnis: Es wird bis zur Mitte dieses Jahrhunderts mehr Tage mit Höchsttemperaturen geben. Ebenfalls prognostizieren die Experten eine Zunahme der Starkregentage, die zu vor  allem in der dicht bebauten Innenstadt zu Überschwemmungen führen können.

Laut Einschätzung der Expertenrunde sollen sich die Städte in Nordrhein-Westfalen in Zukunft verstärkt in Hitzeinseln verwandeln. Das bestätigen die Ergebnisse des Forschungsprojektes, die heute in Köln vorgestellt und diskutiert wurden.

Mehr Hitzetage

Die Studie zeigt unter anderem, dass die Temperaturen im verdichteten Kölner Stadtgebiet schon jetzt während Hitzeperioden um bis zu zehn Grad höher liegen als im weniger bebauten Umland. Dieser Trend soll sich in den nächsten Jahren fortsetzen. Zudem könnte sich die Zahl der Tage mit Temperaturen über 30 Grad im Stadtgebiet bis Mitte des Jahrhunderts verdoppeln, so die Einschätzung von Guido Halbig vom Deutschen Wetterdienst.  Die Studie lege außerdem dar, welche Bereiche in Köln besonders klimarelevant sind und soll dabei Hinweise geben auf besonders hitzebelastete Gebiete, so Dr. Thomas Delschen, stellvertretender Präsident des LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW).  Das sei zum Beispiel wichtig bei der Neuplanung von Einrichtungen für ältere Menschen. So könne man künftig durch bei der Planung von Seniorenresidenzen darauf achten, diese nicht in so genannten „Hotspots“ also besonders hitzegefährdeten Bereichen in der Innenstadt zu errichten.

Besonders bei so genannten „temperatursensiblen Bevölkerungsgruppen“ – hierzu zählen etwa ältere Menschen – könnte diese Entwicklung zu stärkeren Belastungen der Gesundheit und Einschränkungen der Lebensqualität führen. So hält Halbig es für denkbar, dass ältere Menschen künftig in den Sommermonaten nicht zu jeder Tageszeit einkaufen gehen sollten, um sich nicht unnötig extremer Hitze auszusetzen.

Städteplanerische Rückschlüsse

Städteplanerisch ergeben sich aus dem Abschlussbericht neue Erkenntnisse bei künftigen Projekten. So müsse man gezielt Bäume pflanzen, die Schatten spendeten und zu einer positiven Veränderung des Stadtklimas beitragen könnten, so Rainer Liebmann vom Umwelt-und Verbraucherschutzamt Köln. Dabei sei jedoch zu beachten, dass man auch bei der Wahl der Baumarten in Zukunft neue Wege gehen müsse. Aktuell suche man in einem Versuchswald nach robusteren Baumarten, die mit Klima-Extremen besser zurecht kämen. Auch bei Ansteigen der Durchschnittstemperatur müsse man neue Infektionsrisiken, etwa durch wärmeres Grundwasser und eine stärke Keimentwicklung im Auge behalten, so Liebmann.

Zunehmend starke Niederschläge

Neben dem Aspekt Wärmebelastung stand auch die Untersuchung von Starkniederschlägen bei der Studie im Vordergrund. Dr. Paul Becker, Vizepräsident des DWD, erklärte, die Erkenntnisse zur Veränderung von Starkniederschlägen im Klimawandel seien bisher noch deutlich unsicherer als im Bereich Temperatur und Wärmebelastung.

Daher habe man erstmalig in Köln flächendeckende Radar-Niederschlagsdaten verwendet, um die räumliche Struktur von Starkniederschlag dort besser nachvollziehen zu können.  Die Auswertung von Projektionsdaten zeige zudem, dass Starkregentage in Köln bis Mitte des Jahrhunderts deutlich zunehmen könnten. Um diese Wassermassen besser auffangen zu können, müssten laut der Experten Veränderungen sowohl im Kanalnetz als auch im Straßenbau vorgenommen werden. Auch müssten Freiflächen wie etwa Kinderspielplätze oder Fußballfelder in der Stadt dazu herangezogen werden, als kurzfristige „Auffangbecken“ für Regenwasser zu dienen. Auch was den Straßenbau anbelange, sollen höher angelegte Bürgersteige dafür sorgen, dass Hauseingänge und Keller nicht so schnell wie bisher überflutet werden können und das Wasser entlang der Straße kontrollierter abfließen könne, so die Experten.

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Infobox:

Das Kooperationsprojekt „Klimawandelgerechte Metropole Köln“ mit seinen Partnern LANUV, dem Deutschen Wetterdienst (DWD), der Stadt Köln und den Stadtentwässerungsbetrieben Köln (StEB) hatte das Ziel, die Folgen des Klimawandels auf Ballungsgebiete detailliert zu untersuchen. Als Testfall wurde Köln als größte Stadt Nordrhein-Westfalens ausgewählt. Schwerpunkte sind die zu erwartenden Veränderungen der Wärmebelastung, der Hitzeinseln sowie der Starkniederschläge und des Überflutungsrisikos bis Mitte des Jahrhunderts. Die Projektpartner präsentieren Ihnen nun wesentliche Ergebnisse des Projektes und mögliche Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel.

Klimawandel in NRW:

Das Landesumweltamt (LANUV) wertete für seinen Fachbericht 27 „Klima und Klimawandel in Nordrhein-Westfalen“ die verfügbaren Temperatur- und Niederschlagsmessungen der vergangenen 100 Jahre für Nordrhein-Westfalen aus.

Daraus lassen sich laut Amt die folgenden Kernaussagen ableiten:

Vegetationszeit:
Seit 1951 hat sich landesweit der Beginn der Vegetationszeit nach vorne
verlagert. Zwischen 1951 und 2009 um etwa 16 Tage.

Jahresverläufe:
Für NRW ist festzustellen, dass sich der Beginn von Frühjahr und Herbst im
Vergleich zur Klima-Normalperiode im Jahresverlauf inzwischen deutlich
verschiebt. Während sich die Länge von Frühling und Sommer kaum ändert,
nimmt die Länge des Herbstes um ca. 17 Tage besonders stark zu, die Länge
des Winters nimmt um ca. 21 Tage ab.

Niederschläge:
Veränderung des Jahresregimes des Niederschlags: im Sommer weniger, im
Winter mehr Niederschläge.

Zunahme von Starkregentagen:
Zunahme der Tendenz von Starkregentagen mit mehr als 20 Millimeter
Niederschlag pro Tag, im Winterhalbjahr ist dies ausgeprägt signifikant. In
den 2000er Jahren sind vermehrt lokale Starkregenereignisse aufgetreten,
die in Siedlungsbereichen häufig zu Schäden geführt haben.

Bodenerosionen:
Bodenerosionen durch Wasser verursachen in Nordrhein-Westfalen immer
wieder Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen, an baulichen Anlagen und
Verkehrseinrichtungen. Starkregen ist hauptverantwortlich für diese
Erosionen. Von 1937 bis 2007 konnte für zehn Messstationen im Ruhrgebiet
eine signifikante Zunahme der sommerlichen Regenerosivität von vier
Prozent pro Dekade registriert werden. Zwischen 1973 und 2007 war eine
deutliche, hoch signifikante Zunahme von 20 Prozent pro Dekade
festzustellen.

Gewässertemperatur:
Seit 1978 hat die mittlere Wassertemperatur des Rheins (Station Kleve-
Bimmen) um etwa 1,2 Grad zugenommen. 1998 wurden zum ersten Mal seit
Beginn der Messungen maximale Wassertemperaturen von mehr als 25 Grad
registriert, obwohl die Abwärmeeinleitungen in den Rhein das genehmigte
Maß nicht überschritten haben.

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Autor: dd
Foto: Die Karte zeigt die prognostizierte künftige Hitzebelastung im Kölner Stadtgebiet. In den roten Bereichen ist diese am höchsten.