Wuppertal | Wenn Wolfgang Berns nachts im Führerhaus seines Streufahrzeugs sitzt, dann spricht gelegentlich eine Frauenstimme mit ihm. Die sagt dann Worte wie „Schnecke an“ und der Straßenwärter weiß, dass nun das Salz in den Streuteller befördert und von dort auf die Straße geschleudert wird. Die Stimme kommt aus seinem Bordcomputer, der Berns über die aktuelle Streuleistung informiert. In diesen Tagen ist der 48-Jährige regelmäßig auf der Autobahn 44 zwischen Heiligenhaus und Essen-Kuperdreh sowie der A 535 zwischen Wuppertal und Velbert unterwegs.

Nächtliche Streuaktion

Seit 25 Jahren arbeitet Berns für den Landesbetrieb Straßen.NRW, von Beginn an fuhr er im Winter mit den Streufahrzeugen. Am liebsten ist er im Einsatz, wenn andere schlafen. „Ich war Nachtmensch von Anfang an“, erzählt er, während er am Freitagmorgen mit seinem Lkw aus Wuppertal Richtung Essen rollt. „Nachts ist es ruhig und es gibt relativ wenig Verkehr. Da habe ich mit den anderen Verkehrsteilnehmern wenig zu tun“, sagt er. Zudem erlaubt ihm die Nachtschicht noch, sich tagsüber um den Betrieb seines Bauernhofes in Essen-Kettwig zu kümmern. Abends um halb acht beginnt dann seine nächste Nachtschicht.

In dieser Nacht verlebt der 48-Jährige einen ruhigen Dienst. Die Schnee bleibt bis zum Morgen noch aus, erst im Laufe des Freitags stellt er sich dann aber umso heftiger ein. Also beschränkt sich Berns zunächst aufs Streuen und lässt den Schneepflug oben. Mit einer Geschwindigkeit von 60 bis 70 Stundenkilometern fährt er in Richtung Essen. An den Ausfahrten verlässt er die Autobahn und streut auch diese ab. Beim Wiederauffahren auf die Autobahn bleibt er lange auf dem Auffahrtsstreifen, um das Salz möglichst weit zu streuen.

Wobei schon seit einiger Zeit in der Regel nicht mehr nur mit Salz gestreut wird. Dem Streugut wird eine Natriumchloridlösung beigemischt, die Mischung wird vom Computer gesteuert. „Das wird getan, damit das Salz auf der Fahrbahn bleibt. Ansonsten fahren drei, vier Wagen drüber und das Salz ist weg“, erklärt er. Zudem misst ein Thermomat die Belagstemperatur der Straße, damit die richtige Streumischung ermittelt werden kann. Über den Streuteller kann eine Streubreite von 3 bis 12 Metern vorgegeben werden, bis zu 40 Gramm Salz können so pro Quadratmeter verstreut werden.

Berns ist bei der Autobahnmeisterei Ratingen beschäftigt. Dort gibt es 35 Mitarbeiter, davon sind 27 im Wintereinsatz. Von November bis März gilt für sie eine Urlaubssperre – der Winterdienst macht es nötig.

Betriebsleiter Frank Reimers informiert sich derzeit mehrmals am Tag über die aktuellen Wetteraussichten. Er sieht seinen Job und den seiner Mitarbeiter ganz pragmatisch: „Die Jungs fahren so, wie sie fahren müssen!“ Niemand stelle die Arbeit ein und höre mit dem Schneeräumen auf, weil seine Schicht zu Ende ist. „Wenn es schneit, dann gibt es keine Pause“, sagt er. Der dynamische Betriebsleiter weiß, wovon er spricht, hat er doch jahrelang selbst im Führerhaus eines Streufahrzeugs gesessen.

Einsätze am Wochenende

In dieser Wintersaison war der Bedarf an Streusalz noch gering. Doch mit den am Freitag einsetzenden Schneefällen dürfte die Nachfrage deutlich ansteigen und der Salzberg in der Lagerhalle der Autobahnmeisterei schnell deutlich schrumpfen. Für Straßenwärter Berns und seine Kollegen stehen in den kommenden Tagen aller Voraussicht nach etliche Schneeeinsätze an – auch am Wochenende wird dann im Zweischichtsystem gefahren. Angst vor den Einsätzen auf winterlichen Straßen hat er nicht. „Wir fahren, egal wie die Straßenverhältnisse sind“, sagt der 48-Jährige. So ruhig und besonnen, wie er da hinter seinem Steuer sitzt, glaubt man ihm das sofort.

Autor: Michael Bosse, dapd
Foto: Symbolbild