Paderborn | Der heilige Bonifatius hat auch rund 1.250 Jahre nach seinem Ableben nichts an seinem Missionierungseifer eingebüßt. Eine Postkarte erinnert an den Erzbischof, der einst mit „unvergleichlichem Einsatz das Evangelium“ verbreitet hat. Die Karte zum Ausmalen befindet sich neben Weihwasser und anderen Gaben in einer Schulanfangsbox des katholischen Bonifatiuswerks. Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker verteilt sie am Donnerstag in einer nach dem Heiligen benannten Grundschule. Die bunte Dose mit ihrem spirituellen Inhalt soll bundesweit für 14,90 Euro verkauft werden.

Der Segen Gottes dürfe bei der Einschulung nicht vergessen werden, mahnt Becker, der auch Vorsitzender der Kommission für Erziehung und Schule der Deutschen Bischofskonferenz ist. „Rund 700.000 Kinder verlassen in diesen Tagen in Deutschland den Kindergarten und stehen vor ihrer Einschulung. Das ist ein bedeutender Lebensweg der Jüngsten, der nicht ohne Gottes Segen erfolgen sollte“, fügt der Generalsekretär des Bonifatiuswerkes, Georg Austen, hinzu.

Die sechsjährigen Kinder an der Schule des katholischen Hilfswerkes können mit den spirituellen Gaben wenig anfangen. Sie lächeln freundlich für das Pressefoto mit der neuen Schulanfangsbox in der Hand. So wird es ihnen aufgetragen. Damit sollen sie dafür werben, dass möglichst viele Eltern und Schulen die überdimensionale Butterbrotdose beim Bonifatiuswerk bestellen.

Als der sechsjährige Lukas danach gefragt wird, was denn das an eine Arzneiflasche erinnernde Utensil mit der Aufschrift „Weihwasser zum Segnen“ bedeute, sagt er verlegen: „Das ist irgendein Fläschchen.“ Auch die gleichaltrige Dana hat „vergessen, was das heißt“, der bunte Würfel in der Box sei aber schön. Die Aufschriften – „Gott segne…“ oder „…die Erde, auf der du lebst“ – kann sie noch nicht entziffern. „Ich weiß nicht, was das heißt“, sagt Dana.

Erzbischof Becker ist dennoch der Überzeugung, dass das katholische Hilfswerk mit diesem Geschenk zur Einschulung „ganz nah am Leben der Menschen“ ist. Er bedauert, dass viele Schulen und Familien „dieses Lebenswendefest“ nicht mehr unbedingt mit Kirche und Gottes Segen in Verbindung brächten. Empört berichtet er darauf, in Ostdeutschland gebe es Gegenden, in denen 75 bis 80 Prozent konfessionslos seien. Er gesteht zwar ein, dass es sich bei der Einschulung um einen säkularen Akt handele, sagt aber auch: „Den Beginn eines neuen Lebensabschnitts unter den Segen Gottes zu stellen, nimmt die Lebenswirklichkeit der Kinder ernst.“

Lassek würde Schulanfangsbox verbieten

Die Vorsitzende des bundesweiten Grundschulverbands, Maresi Lassek, kann ihn mit dieser Einschätzung und dem damit verbundenen missionarischen Eifer gar nicht ernst nehmen. Sie empfindet die Schulanfangsbox mit ihren spirituellen Inhalten „als Manipulation“. Schließlich müsse man den Gebetswürfel, das Weihwasser und die damit verbundene Bedeutung erklären.

Das sei etwa an der von ihr geleiteten und aktuell mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichneten Grundschule unmöglich. Ihre Schüler hätten zu mehr als 90 Prozent einen Migrationshintergrund. Daher ist Lassek der Ansicht, dass die Konfessionen sich aus der Schule heraushalten sollten. Die Schulanfangsbox sei nicht zulässige Werbung. „Selbst wenn es nur um eine Butterbrotdose geht. Das hat nichts in der Schule verloren“, sagt sie und würde sie an ihrer Schule verbieten. Gegen Leiter staatlicher Schulen wie Lassek scheint selbst der 1.250 Jahre alte Missionierungseifer des Bonfiatius machtlos.

Der katholische Theologe und Psychoanalytiker Eugen Drewermann nennt diese Art der Missionierung vom Bonifatiuswerk gar „einen hilflosen Versuch. So etwas ist wie auf asphaltierten Böden zu pflanzen“.

Autor: Jean-Charles Fays, dapd