Köln | Er hatte nicht nur Visionen, er setzte sie auch um. So sind in Köln Messe und Universität, Mülheimer Brücke und Wohnsiedlungen, Niehler Hafen und Ford-Werke, nicht zuletzt auch Innerer und Äußerer Grüngürtel untrennbar mit Konrad Adenauer verbunden. All das setzte der damalige Oberbürgermeister in den 1920er Jahren um. Eine Ausstellung im Stadtmuseum erinnert jetzt daran.

Es war eine schwierige Zeit, in der Konrad Adenauer vor genau 100 Jahren sein Amt antrat. Als Oberbürgermeister war er mit mehr Kompetenzen als seine heutigen Nachfolger ausgestattet. Die Original-Ernennungsurkunde, vom Kaiser unterzeichnet, wartet nach dem Archiv-Einsturz noch auf ihre Restaurierung. 1933 setzten ihn die Nazis ab. In diesen 17 Jahren Amtszeit prägte er das Bild der Stadt, noch heute zehrt sie davon. Und macht sich endlich auch daran, den von ihm „erfundenen“ Inneren Grüngürtel im Süden zu vollenden.

Was alles in Kölns „Goldenen Zwanzigern“ (und kurz davor und danach) gebaut, gelebt und inszeniert wird, zeigt die Ausstellung „Der große Konrad“ in einem bunten Überblick mit Plakaten, Gemälden, historischen Fotos, Film- und Radioaufnahmen, Kleidungsstücken und Möbeln. Ein spannender, vielfältiger Überblick über ein Kapitel Stadtgeschichte. Und es könnte noch mehr sein, doch der Platz reichte nicht, klagt Kuratorin Rita Wagner.

Vom Kaiser zum OB ernannt, setzten auch die Soldatenräte auf seine Erfahrung  

1917 hatten sich die Kriegsgegner im Westen im Stellungskrieg festgebissen, täglich starben tausende Soldaten. Im deutschen Reich herrschte Hungersnot. Köln litt unter Fliegerangriffen und die ersten Arbeiter- und Soldatenräte bildeten sich hier. Als Regierungsorgan ernannten sie einen Wohlfahrtsrat – mit Adenauer an der Spitze.  

Plakate dokumentieren die rasante politische Entwicklung dieser Jahre: Die Räte riefen zur Ruhe auf – auch gegenüber den britischen Besatzungstruppen. Der Kaiser dankt ab, die Republik wird ausgerufen – in Köln sogar schon am 8. November 1918, einen Tag früher als in Berlin. Und die Parteien buhlen um die Stimmen der Frauen, die 1919 erstmals wählen dürfen. Zur Aufklärung über die neuen Rechte laden sie zum „Dienstmädchentag“.

Wie Adenauer in den folgenden Jahren all das – auch in den sieben Jahren unter britischer Besatzung, in denen nur der Union Jack in Köln gehisst werden durfte – für Köln umgesetzt hat, verrät die Ausstellung nicht. Er war ein Meister des Klüngelns (auch zum eigenen Vorteil), er war Diplomat und ein „gnadenloser Selbstvermarkter“, so die Kuratorin. Und er unterstützte auch das, was nicht auf seiner persönlichen Linie lag – Hauptsache, es brachte Köln voran.

Köln zeigte sich progressiv in Kunst, Architektur und Sport

Etwa die moderne Kunst, die sich im Dada-Kreis um Max Ernst und dessen Frau Luise Straus Ernst versammelte oder um die Rheinischen Progressiven wie Heinrich Hoerle, Gerd Arntz und Franz Wilhelm Seiwert. Sie machten Köln zu einer der deutschen Kunstmetropolen. Legendär waren zur Karnevalsbälle an der Werkkunstschule (auch sie im Übrigen in dieser Zeit gegründet): Während der Normalbürger in Abendgarderobe feierte, herrschte bei Künstlers Kostümzwang.

Und auch mit anderen Ereignissen machte Köln in dieser Zeit Schlagzeilen. Im Kaufhaus Tietz lief 1925 die erste Rolltreppe Deutschlands. Ein Jahr später wurde das Hansa-Hochhaus eröffnet: mit 65 Metern der höchste Profanbau. Schließlich das Müngersdorfer Stadion: 80.000 Plätze (und dazu noch eine Aschenbahn) machten es zur größten Sportarena Deutschland.  

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„Konrad der Große: Die Adenauerzeit in Köln 1917-1933“

– bis 19. November 2017, Kölnisches Stadtmuseum, Zeughausstr. 1-3, 50667 Köln, Di 10-20 Uhr, Mi-So 10-17 Uhr, am ersten Donnerstag eines Monats 10-22 Uhr, Eintritt 5/3 Euro. Katalog: 22 Euro. Da die Dauerausstellung zur Zeit wegen eines Wasserschadens geschlossen ist, ist der Besuch der Sonderausstellung am kommenden “Langen Donnerstag” (6.Juli, geöffnet bis 22 Uhr) frei.

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Autor: ehu | Foto: Kölnisches Stadtmuseum
Foto: Nach dem Abzug der britischen britischen Besatzung kommt Reichspräsident Paul von Hindenburg am 21. März 1926 nach Köln und genießt mit Konrad Adenauer eine Stadtrundfahrt. Eine gigantöse Henkelvase aus Porzellan als Geschenk des „dankbaren“ Preußen an das geduldige Köln ließ Adenauer im Depot verschwinden. | Foto: Kölnisches Stadtmuseum