Köln | Am Karnevalsfreitag kam es am Kölner Chlodwigplatz zu einem schweren Unfall oder Vorfall, je nachdem was die Ermittlungen am Ende ergeben. Ein 32-jähriger Mann geriet im Bereich der Kupplung zwischen zwei Stadtbahnwaggons und wurde überrollt. Er verstarb noch an der Unfallstelle. Die Polizei setzte eine Mordkommission ein, da eine Videoauswertung ergeben haben soll, dass der Mann geschubst worden sein soll. Anschließend nahm die Kölner Polizei einen 44-jährigen Mann fest, der jetzt vom zuständigen Ermittlungsrichter nach mehreren Tagen U-Haft wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Es bestehe kein dringender Tatverdacht mehr, der Haftbefehl wurde aufgehoben.

Spekulation vor Gewissheit

Eines vorweg, es ist dramatisch, wenn ein Mensch auf so furchtbare Weise sein Leben verliert und für Angehörige und Freunde ein schreckliches und dramatisches Ereignis. Sie muss unser aller Mitgefühl begleiten und wenn es überhaupt überhaupt möglich ist Trost spenden. Was allerdings in Medien und sozialen Netzwerken aus dem Fall wird, ist zumindest bemerkenswert.

Kurz nach dem Vorfall mit dem tragischen tödlichen Unfall schossen die Spekulationen ins Kraut, vor allem nachdem bekannt wurde, dass der junge Mann ein Polizeibeamter war. Allerdings war er in seiner Freizeit unterwegs und mitnichten im Dienst. Diese Redaktion erreichten anonyme Hinweise, die sogar beschrieben, dass der Mann im Islamistenmilieu verdeckt ermittelt haben solle. Alles Spekulation und wildeste Gerüchte. Wer in aller Vorsicht berichtete, weil so viel unklar war und ist, der wurde aufgefordert Klartext zu schreiben, von Mord und Totschlag. Selbst die Kölner Staatsanwaltschaft sprach gleich von „Totschlag“ und heizte damit die mediale Debatte an. Eine Kölner Boulevardzeitung titelte gar: „Horror am Chlodwigplatz Polizist vor KVB gestoßen – Tatverdächtiger (44) festgenommen“.

Aber das reichte noch nicht aus. Der Beruf des 44-Jährigen, damals noch mutmasslich Tatverdächtigen, wurde auch in die Öffentlichkeit getragen. Warum eigentlich? Der Pressesprecher des Amtsgericht Köln Richter Volker Köhler, bestätigte heute report-K Medienberichte: „Ich kann bestätigen, dass derzeit der zuständige Ermittlungsrichter keinen dringenden Tatverdacht sieht und daher der Haftbefehl aufgehoben wurde.“

Warum spielten die Berufe in diesem Fall überhaupt eine Rolle?

Das Opfer war, wenn er seinem Beruf nachging Polizist. Aber im Moment des Vorfalls war er Bürger, er war nicht im Dienst, wie auch die Kölner Polizei heute noch einmal bestätigte. Denn er war in seiner Freizeit unterwegs und nicht in seiner Funktion als Polizeibeamter. Gestern schreibt etwa der „Kölner Stadtanzeiger“ in seinem Onlineauftritt: „Auf dem Video soll an einer Stelle ein Arm zu sehen sein, der angeblich in Richtung des Polizisten gehen soll.“ Da stellt sich die Frage: Warum steht da immer noch „Polizist“? Wer den Fall nicht von Anfang an verfolgte, der muss ja jetzt sogar glauben, dass der Mann im Dienst war.

Und warum trauern Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Ministerpräsident Armin Laschet vor Medienkameras ausgerechnet um dieses eine Opfer vor dem Rosenmontagszug am Chlodwigplatz? Aber nicht um den 18-Jährigen, der in Brühl von einer Bahn der KVB überrollt wurde? Also ganz generell um Opfer von Unfällen oder Delikten, was noch nachvollziehbar wäre.

Die Frage ist, warum in diesem Fall die Berufe überhaupt eine Rolle spielen, sowohl der des Opfers und der des Tatverdächtigen. Sie werden medial wie ein roter Faden derzeit bezugslos durch jeden Artikel gewebt. Aber die Berufe dienen aktuell weder der Aufklärung, noch scheinen sie nach jetziger Sachlage, einen Bezug zum Fall zu haben. Sollte sich dies ändern, durch Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaft, dann wäre die Nennung des Berufes sicher sinnvoll.

Autor: Andi Goral
Foto: Symbolbild