Köln | Das städtische Unternehmen „Köln-Tourismus“ sucht derzeit mit einer aufwendigen Kampagne die Lieblingsorte der Kölnerinnen und Kölner. Jetzt haben Kölnerinnen und Kölner festgestellt, dass einer der sehr beliebten Lieblingsorte, die „Gleueler Wiese“, aus der Liste verschwunden ist und mutmaßen, dass das Unternehmen „Köln-Tourismus“ in den offenen und freien Wettbewerb aus städtischer Räson eingreift.

Grundsatzfrage

Warum sucht ein städtisches Unternehmen überhaupt einen Lieblingsort? Es geht ums virale Marketing, also um Kommerz, so viel ist klar und eindeutig. Aber kann ein Unternehmen, dass unternehmerische und kommerzielle Ziele verfolgt überhaupt einen offenen, fairen und freien Wettbewerb ausloben, gestalten und zulassen? Noch dazu ein Unternehmen, dass der Stadt gehört? Nein kann es eigentlich sowieso nicht, denn es darf und kann keine Öffentlichkeitsarbeit und Werbung zulassen, die seinen oder den städtischen Zielen zuwider laufen und ist, anders als etwa Medien, rechtlich nicht an die Neutralität gebunden. Insofern ist prinzipiell zu hinterfragen, warum die Stadt Köln mit ihren städtischen Unternehmen solche Aktivitäten überhaupt lostritt, wenn von vornherein klar ist, dass es keine echte Neutralität geben kann und wird, weder organisatorisch noch institutionell.

Das Beispiel

Die „Gleueler Wiese“ soll mit Kunstrasenplätzen im Zuge des Ausbaus der Flächen rund um das Geißbockheim durch den 1. FC Köln und die 1. FC Köln GmbH & Co. KGaA bebaut werden. Dagegen gibt es viel Protest. Derzeit ist das dafür nötige Bebauungsplanverfahren in der politischen Abstimmung und soll noch Ende Juni durch den Kölner Rat vor der Kommunalwahl 2020 verabschiedet werden. Eine erste politische Hürde nahm des Verfahren bereits durch die Zustimmung in der Bezirksvertretung Lindenthal für die Pläne des 1. FC Köln.

Jetzt war die „Gleueler Wiese“ also Teil der Abstimmung um die Lieblingsorte der Kölnerinnen und Kölner des städtischen Unternehmens „Köln-Tourismus“. Am 10. Juni hatte die „Gleueler Wiese“ 520 Stimmen und war damit auf dem Spitzenplatz. Seit dem 11. Juni ist die Abstimmungsseite „Gleueler Wiese“ mit den vielen Unterstützerinnenstimmen nicht mehr erreichbar. Bürger fragten bei „Köln-Tourismus“ nach und erhielten zur Antwort, dass „Browsereinstellungen“ vorgenommen werden mussten.

Bündnis 90/Die Grünen in der Bezirksvertretung Lindenthal stellt die Frage, ob das städtische Unternehmen „Köln-Tourismus“ hier neutral agiert. „Es wäre doch auch zu auffallend, wenn die Gleueler Wiese zu einem Lieblingsort der Kölnerinnen und Kölner wird und dann der Stadtrat die Zerstörung der Wiesen und die Anlage von Sportplätzen beschließt“, so Roland Schüler, stellvertretender Bezirksbürgermeister von Lindenthal, Bündnis 90/Die Grünen.

Mittlerweile ist die „Gleueler Wiese“ wieder in der Abstimmung zu finden, allerdings mit „8 Likes“ (abgerufen 13. Juni, 10:22 Uhr). Wahrscheinlich stellte eine Kölnerin oder Kölner seinen Lieblingsort wieder ein.

Autor: Andi Goral
Foto: Screenshots der Abstimmungsseiten von „Köln Tourismus“.