Köln | Am gestrigen Dienstagnachmittag trafen sich in der Kölner Innenstadt die sechs Planungsbüros zur zweiten Ausscheidungsrunde für die Neubebauung des WDR-Karres. Die endgültige Entscheidung, welcher der Teilnehmer mit der weiteren Planung beauftragt wird, wurde indes um zwei weitere Monate aufgeschoben.

Bei der zweigeteilten Veranstaltung präsentierten die sechs Planungsbüros zunächst im Gürzenich vor interessierten Bürgerinnen und Bürgern ihre überarbeiteten Entwürfe. Bei der Jurysitzung im weiteren Verlauf des Abends kristallisierte sich jedoch nach intensiver Debatte keiner der sechs vorgelegten Entwürfe als eindeutiger Favorit heraus. Und das obwohl alle Arbeiten von hoher Qualität waren, wie der Vorsitzende der Jury in der abschließenden Bekanntgabe des Ergebnisses ausführte.

Wie schon vor einigen Wochen präsentierten auch gestern die sechs Architekturbüros ihre überarbeiteten Entwürfe. Mit den Planungsbüros Kister Scheithauer Groß Architekten und Stadtplaner (KSG) und Schilling Architekten waren auch zwei „Einheimische“ am Start. Beide Entwürfe schafften es in die zweite Runde. Ebenfalls weiter im Rennen sind die Büros Henning Larsen GmbH aus Münschen und der einzige ausländische Teilnehmer, die Architekt Krischanitz ZT GmbH mit Büros in Wien und Zürich.

Das Laurenz-Karre liegt in unmittelbarer Nähe zum Dom.  Luftbild: Stadt Köln

Aus dem Rennen sind hingegen das Düsseldorfer Büro Ingenhoven Architects sowie die in Hamburg ansässige Baumschlager Eberle Architekten. Deren Konzept einer inversiven Stadtplanung, also einer Umkehrung des städtebaulichen Paradigmas, in der ein öffentlicher Raum die Anordnung der Baukörper bestimmt und nicht – wie sonst üblich – umgekehrt, war wohl doch etwas zu ambitioniert. Die Idee, die einzelnen Gebäude innerhalb des Karres wie eine Art Flussdelta zum Dom hin zu öffnen, war zwar städtebaulich innovativ, hatte aber den Nachteil, dass man die vorgeschriebene Nutzfläche nicht ganz erreichen konnte.

Unterschiedliche Ansätze und eine Diskussion um Dichte und Höhe

Der Entwurf von Kister Scheithauer Gross Architekten sieht für die zum Dom gerichtete Seite ein Bürogebäude mit aufgestockter Hotelnutzung vor.  Visualisierung: KSG Architekten

Die verbleibenden Entwürfe hatten vor allem eine Aufwertung des Quartiers im Sinn. So versuchte etwa das Wiener Architektenteam mit ihrem Entwurf, zusätzliche ebenerdige Flächen zu schaffen, in dem die Innenhöfe der einzelnen Gebäudeblöcke teilweise öffentlich, aber durch Zugänge auf ein höheres Niveau, als über die darunterliegenden Laden- und Gastronomieflächen zu verlagern. Etwas, das nach Aussage der Planer schon in Wien ausprobiert und umgesetzt wurde.

So sieht das zum Dom gerichtete Bürohaus heute aus. In den Büroetagen befindet sich das Solution Space.

Mehr Kante zeigte hingegen der Entwurf der Münchener Planer von Henning Larsen. Hier wurde die neue Nord-Süd-Sichtachse in der Mitte des Karres durch eine großzügige Passage über zwei Geschosse geschaffen, die nach Osten durch eine offene Hotelgastronomie, nach Westen durch eine ebenerdige Ladenpassage mit ebenfalls gastronomischen Nutzungsmöglichkeiten begrenzt ist. Damit wollte man die Schaffung von Angsträumen vermeiden, wie das Büro betonte.

Kölner Entwürfe wollen Karl-Küpper-Platz verlagern

So sieht das Planungsbüro Schilling Architekten den neuen Karl-Küpper-Platz.  Entwurf: Schilling Architekten

Die beiden Kölner Entwürfe sehen eine Verlagerung des Karl-Küpper-Platzes ins Zentrum des neuen Quartiers vor. Während das Büro KSG den neuen Platz zu einer Art „Budenquartier“ umfunktionieren will, sieht der andere Kölner Planer den neu geschaffenen Platz als „Bindeglied zwischen den hoch frequentierten Stadtbereichen“. Beiden Entwürfen ist gemein, dass sie den Platz um einige Meter von seinem heutigen Ort verlegen wollen.

Der Karl-Küpper-Platz heute, eher ein Hinterhof als ein Treffpunkt.

Allen Entwürfen gemein war die Abkehr von zwei ursprünglichen Vorhaben, dem einer öffentlichen „Markthalle“ (nur ein Entwürf sieht dafür eine angemessene Nutzungsmöglichkeit vor) und die Aufstockung des denkmalgeschützten Senatshotels mit seinen vier Geschossen. Um dennoch ein tragfähiges Hotelkonzept zu erhalten, sollen die dafür vorgesehenen Flächen zum Innenhof hin erweitert werden, wie Matthias Düsterdick, einer der geschäftsführenden Gesellschafter des Investors, ausführte.

Das Gebäude zum Dom, derzeit noch als Solution Space für Co-Working und Startups genutzt, soll in erster Linie als Bürogebäude mit ebenerdigen Handels- und Gastronomieflächen weiter genutzt werden. Hier kam vor allem die Frage nach der Höhenbegrenzung ins Spiel, die die Jurymitglieder davor zurückschrecken ließ, schon gestern den Zuschlag zu heben.

Das Verfahren

Der Stadtentwicklungsausschuss hat im September 2017 ein städtebauliches Qualifizierungsverfahren mit breiter Beteiligung der Bürgerschaft für das Quartier beschlossen, das die Rahmenbedingungen für den daran anschließenden architektonischen Wettbewerb für die Neu- und Umbaumaßnahmen bilden wird.

Wo heute noch ein Parkhaus steht, soll in Zukunft hochwertiger Einzelhandel, ein Vier-Sterne-Hotel und ein moderner Bürobau für mehr Aufenthaltsqualität sorgen. Alleine der Sieger steht noch nicht fest.

Die Eigentümerin hat im Januar 2018 sechs Planungsbüros zu einem städtebaulichen Verfahren eingeladen, um unterschiedliche Lösungsansätze aufzuzeigen. Das Verfahren ist zweiphasig angelegt, um die Konzeption der Entwürfe zu schärfen und der Öffentlichkeit die unterschiedlichen Lösungsansätze zu vermitteln. Die ersten Konzepte wurden am 13. März 2018 öffentlich vorgestellt und wurden in den vergangenen knapp zwei Monaten weiter ausgearbeitet.

In Sachen Nutzung und Flächeneffektivität gab der Investor die Rahmenbedingungen vor. So sollte neben dem Senatshotel ein zweites Hotel (vorzugsweise im Vier-Sterne-Segment) nördlich des bestehenden Hotelgebäudes jenseits der Budengasse entstehen. Dort befindet sich derzeit ein früher vom WDR genutztes Bürogebäude sowie ein angrenzendes Parkhaus. In der abschließenden Beurteilung forderte die Jury die verbleibenden Büros zudem auf, ihre Entwürfe daraufhin zu überarbeiten, das das städtische Gebäude am Laurenzplatz in die Quartiersentwicklung einbezogen wird, also neu geplant werden kann. Ein zweiter wesentlicher Kritikpunkt war die Höhenbegrenzung. Hier gab es deutliche Kritik und die dringende Bitte, auch dies noch einmal zu überarbeiten.

Auf Nachfrage erläuterte Anne Luise Müller, Leiterin des Kölner Stadtplanungsamtes, dass nun innerhalb weniger Tage ein Wortprotokoll mit individuellen Aufgaben für jedes der verbleibenden vier Planungsbüros ausgearbeitet und an die Teilnehmer versandt wird. Die haben dann rund einen Monat Zeit, Ihre Entwürfe auf die Vorgaben hin zu präzisieren. Der derzeitige Zeitplan sieht in jedem Fall vor, noch vor der Sommerpause zu einem Ergebnis zu kommen. Dass die Jury rund eine halbe Stunde länger als ursprünglich eingeplant über die Entwürfe diskutierte, ist für die Amtsleiterin Beleg, dass die Anforderungen an dieses Grundstück und seine Neusortierung besonders hoch sind. Oder um es mit den Worten des früheren Kölner Planungsdezernenten Franz-Josef Höing auszudrücken. Es ist eben der „Tempelbezirk Kölns“.

Autor: bfl
Foto: Zu später Stunde erläuterte die Jury und ihr Vorsitzender, warum es keinen Sieger gab. Bis zur Sommerpause soll nun die Entscheidung fallen.