Köln | Ein Radfahrer. Auf seinem Gepäckträger ist eine blonde Perücke festgeklemmt. Palmstraße kurz nach 22 Uhr. Ein Mininubbel oder ein Püppchen liegt auf dem Trottoir. Daneben einen Flasche „Tannenzäpfle“ leer und ein Kurzer in Miniflasche. Selbstverständlich auch leer. Es ist Weiberfastnacht 2018 und report-K schaute sich um: Wie feiert eigentlich die Nachtschicht an diesem jecken Tag und wie schlimm sind eigentlich die Zustände in der Stadt wirklich. Ein Streifzug von Andi Goral und Frank Domahs. Das report-K-Fazit: Köln feierte ganz normal Wieverfastelovend – wie beruhigend.

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Mini-Nubbel mit Bierflasche und Kurzem

Es ist kurz nach 20 Uhr am Bahnhofsvorplatz. Viel Polizei, viel Ordnungsamt, eine Straßenband spielt kölsche Karnevalssongs, die Menschen tanzen darum herum. Vera und Ewa aus Viersen machen ihr letztes Foto ihrer Instagram-Story zu Weiberfastnacht in Köln 2018. Sie blicken zurück auf den Dom und lassen Ihren Rücken, der ja auch entzücken kann, ablichten. Ganz wichtig: die Domspitzen müssen zu sehen sein, schließlich geht es jetzt nach rund 10 Stunden nach Hause.

Überall ist Karneval


Die Reste der Nachmittagsparty

Die Polizei hat Drängelgitter aufgestellt, parkt die Platzfläche, die nicht mit Tribünen voll gestellt sind, zusätzlich mit ihren Fahrzeugen völlig zu. Die Jecken dröppeln friedlich und fröhlich zu ihren Zügen. Ein schönes Entree zu einer Stadt sieht anders aus. Das Gefährlichste auf dem Bahnhofsvorplatz, rund um den Dom und auf dem Roncalliplatz sind die glatten Fußwegplatten durch die immense Kälte.


Am Rote Funken Plätzchen – aus einem Pissoir wurde ein Becken

In der Altstadt ziehen kleinere Gruppen von Jecken durch die Straßen und Gassen. Toiletten gibt es en Masse, dennoch können es einige der Herren nicht lassen, Ihre Notdurft im Freien zu verrichten. Auch ein Pissoir ist umgeworfen und die Männer pinkeln wie in ein großes Schwimmbecken. Nur in der Salzgasse toben die Jecken noch in der Gasse, sonst haben sich die Feiern schon am frühen Abend in die Kneipen verlagert und dort ist es auch nicht wirklich voll.


Innenansichten hinter angelaufenen Scheiben


Monte Müll mit Strohhut

Das Gleiche gilt auch für die Ringe und das Friesenviertel. Kein Andrang am Päffgen, manches Lokal in der Friesenstraße ist leer und auch vor dem „Klein Köln“ keinen Schlange. Wenige Meter entfernt feierten die Edelkarnevalisten in der Kölschen Hofburg. Vermischt haben sich die beiden Szenen nicht wirklich. Die Imbisse verkauften im Akkord Fritten mit viel Majonaise oder Pizza to go. Auch im Friesenwall feierten die Jecken im Flamingo Royal und vor dem Burger King auf dem Hohenzollernring zeigte sich ein Jeck Oberkörperfrei bei Minusgraden. Echt ganz schön cool.


Da wird aus dem Begriff „Öffentliches Pissoir“ ein Bild

Exzesse waren nicht zu beobachten und selbst das sonst an Karneval übliche Aufheulen der Martinshörner hielt sich in Grenzen. Auffallend waren nur die Müllberge, die sich vor allem immer wieder rund um die Imbissbuden, sowohl im Friesenviertel, als auch in der Altstadt türmten. Allerdings waren in den frühen Abendstunden auch noch viele Wirte mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. Auffallend ist, dass die normalen Mülleimer, die die Stadt an den Straßen aufgestellt hat, dem großen Aufkommen an Müll nicht gewachsen sind.


Ab und an war auch die Polizei aktiv

Die Polizei meldet, unter dem Vorbehalt weiterer bislang unbekannter Taten, weniger Körperverletzungsdelikte, Beleidigungen und Sachbeschädigungen. 94 Personen mussten vorübergehend in das Polizeigewahrsam. Es kam in Köln zu insgesamt sechs Sexualdelikten, davon vier sexuelle Belästigungen. Zwei Frauen meldeten, dass sie im Bereich der Zülpicher Straße – einmal in einer Wohnung – vergewaltigt wurden. Ein 22-jähriger Deutscher mit Migrationshintergrund wurde im Tatumfeld festgenommen. Die Polizei erklärte, dass der Mann polizeibekannt sei und der mutmaßliche Täter einer der Straftaten begangen haben könnte. Er soll einem Haftrichter vorgeführt werden.


Außen pfui – innen hui – Weiberfastnacht in der Kölner Altstadt

Wenig los am Grill

Mit Blick auf den Abend vor Ort und dass hunderttausende Menschen in Köln, teilweise in nicht unerheblichem Maß berauscht, feierten, so bleibt festzuhalten, dass es bei solchen Menschenansammlungen natürlich zu Delikten kommt. Aber von Exzessen kann man an diesem Donnerstag nicht sprechen. Es war ja sogar wieder einmal möglich, von Kneipe zu Kneipe zu „trecken“ und Platz zu finden. Köln feierte also ganz normal Weiberfastnacht. Eine beruhigende Erkenntnis in einer bitterkalten Nacht. Und so dürften die meisten Instagram-Stories Weiberfastnacht 2018 wie von den Mädels aus Viersen mit einem Happy End zu Ende gegangen sein.


Die einen feiern, die anderen machen rein

Autor: Andi Goral | Fotos: Frank Domahs
Foto: Wer den Mini-Nubbel am Friesenwall Ecke Palmstraße betrunken liegen gelassen hat, war nicht in Erfahrung zu bringen.