Köln | Drei Jahre nach dem Grundsatzbeschluss hat die Kölner Stadtverwaltung am heutigen Freitag eine konkrete Baukostenberechnung vorgelegt. Mit dem neuen Beigeordnete für Bauen und Planen, Markus Greitemann, scheint die Stadt vorausschauender kalkulieren zu wollen.

Die Kölner Zentralbibliothek am Josef-Haubrich-Hof wurde 1979 eröffnet und ist für die Nutzung als modernes Bibliotheksgebäude nicht mehr wirklich geeignet. Das in die Jahre gekommene Gebäude sollte bereits im Jahr 2012 modernisiert werden. Doch das damalige Vorhaben einer Sanierung („Pinselstrichsanierung“) wurde aufgegeben, stattdessen beschloss der Kölner Stadtrat im Jahr 2015 eine Generalinstandsetzung.

Der ersten groben Kostenschätzung in Höhe von 38,3 Millionen Euro folgt nun eine detailliertere mit einem Gesamtkostenvolumen von knapp 58 Millionen Euro, eine Abweichung in Höhe von exakt 19.632.200 Euro. Rechnet man die durch die komplexen Planungen bei laufendem Betrieb entstehenden Risiken heraus, liege man mit der zweiten Rechnung durchaus im üblichen Rahmen. Während bei Kostenschätzungen die tatsächlichen Kosten in der Regel um 40 Prozent höher liegen, reduziert sich die Abweichung bei konkreten Kostenberechnungen auf knapp die Hälfte (20 bis 25 Prozent).

Großer Konsens im Stadtvorstand

Mit 1,12 Millionen Besuchern im vergangenen Jahr, knapp die Hälfte der Besucherzahlen der gesamten Stadtbibliothek, spielt der Standort am Neumarkt eine ganz zentrale Rolle. Bei ihren Vorprüfungen habe die Verwaltung neben der Option Abriss und Neubau auch alternative Standorte „auf der grünen Wiese“ sowie den Standort des früheren Rautenstrauch-Joest-Museums am Ubierring durchkalkuliert. Fazit: Alle Varianten waren am Ende deutlich teurer als die nun zur Beschlussfassung vorgeschlagene. Ein Neubau (mit mehr Flächen) an einem weiter außerhalb gelegenen Standort könnte sogar 140 Millionen Euro kosten, erklärte Bauderzenent Greitemann.

Einvernehmen und ehrliche Zahlen. Die Generalinstandsetzung der Kölner Zentralbibliothek soll solide geplant werden. V.l.n.r.: Baudezernent Markus Greitemann, Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach und Christian Schmid, stellvertretetender Leiter der Stadtbibliothek beim heutigen Pressegespräch.

Für seine Kollegin im Stadtvorstand, Susanne Laugwitz-Aulbach ist die Sanierung im Bestand der beste Weg, das fast 40 Jahre alte Bestandsgebäude mit einer Generalinstandsetzung für die kommenden 30 Jahre zu ertüchtigen. Zwar gebe es Einschränkungen im Betrieb, aber auch über den gesamten Zeitraum der Instandsetzung soll die Zentralbibliothek für die Kunden geöffnet bleiben. Auch die beliebte Kinderbibliothek bleibe durchgehend geöffnet. „Wir haben eine sehr gute Lösung gefunden, denn die Zentralbibliothek ist ein Wissensort für alle und die meistbesuchte Kulturinstitution in Köln“, betonte die Kulturdezernentin.

Neben der einstimmigen Abstimmung im Stadtvorstand scheint der neue Baudezernent auch vonseiten der Politik mit seiner Herangehensweise positive Signale erhalten zu haben.  Schon vor seiner Amtsübernahme habe die eigenbetriebsähnliche Einrichtung Gebäudewirtschaft, die in seinen Zuständigkeitsbereich fällt, eine neue Form des Kostencontrollings etabliert, dass zum Beispiel auch mögliche Risiken für drohende Nachträge bei Vergaben abdecken kann. „Ein phantastisches Werkzeug“, der für seine vorsichtige Kostenkalkulation auch bei der Politik um Unterstützung wirbt.

Fast alle Risiken sind benannt

Für Bauderzenent Greitemann ist die für den 27. September vorgesehene Beschlussvorlage (Baubeschluss) ein erster Aufschlag, der seine Handschrift trägt. Zwar betonte Greitemann im heutigen Pressegespräch, dass die Planungen und Kalkulationen schon vor seiner Zeit begonnen hatten. Aber dass er mit einer deutlichen Erhöhung des Risikozuschlags von vier auf nunmehr 20 Prozent, sei Ausdruck einer neuen Transparenz. Außerdem seien die Zahlen für die Kostenberechnung so kalkuliert, dass sie sich auf den voraussichtlichen Baubeginn im dritten Quartal 2020 beziehen.

Lediglich die allgemeinen Baukostensteigerungen im Bauhauptgewerbe (derzeit bei etwas über vier Prozent pro Jahr) lassen sich hier nicht im Voraus kalkulieren. Aber sonstige Risiken, die sich aus dem laufenden Betrieb und den möglichen Entdeckungen während der Instandsetzung, seien damit weitgehend abgedeckt, versicherte Greitemann.

Zeitplan solide gerechnet

Ähnliches gilt auch für die weitere Planung. Vorausgesetzt, der Stadtrat stimmt der Vorlage am 27. September zu, könnte die Verwaltung bereits im vierten Quartal die weiteren Planungsunterlagen einreichen. Dass der Baubeginn für das Großprojekt fast zwei Jahre später ist, begründet Greitemann mit einer ebenfalls konservativen Herangehensweise.

„Die Unterlagen für ein solches Projekt sind sehr umfassend, Ausführungspläne, Leistungsverzeichnisse und vieles mehr. Wir wollen keine Wolkenkuckucksheime präsentieren, sondern einen soliden Zeitplan“, so Greitemann weiter.

Kostenerhöhungen im Einzelnen

Den größten Anteil an der Kostenerhöhungen zwischen der Kostenschätzung 2015 und der nun vorliegenden Kostenberechnung (rund ein Viertel) geht auf die Auslagerung von Büro- und Bibliotheksflächen zurück. 2,5 Millionen Euro sind dafür zusätzlich eingeplant. Grund für diese Kostenerhöhung ist die Reduzierung des ursprünglichen Fünf-Phasen-Modells zu einem dreistufigen. „Weniger Phasen, mehr Auslagerungsflächen“, erläuterte der Beigeordnete.

Weitere 1,6 Millionen Euro an Kostenerhöhungen zwischen 2015 und 2018 gehen auf die Neuplanung der Inneneinrichtung, 1,3 Millionen Euro auf zusätzliche Brandschutzmaßnahmen in Anlehnung an die bestehende Hochhausrichtlinie. Die Innentüren und die Schließanlage sind hier noch gar nicht eingerechnet, auch für diesen Posten werden weitere 280.000 Euro an zusätzlichen Kosten eingeplant. Rund 1,155 Millionen Euro sind auf allgemeine Kostenerhöhungen seit 2015 zurückzuführen.

Neues Nutzungskonzept für die Zeit nach 2024

Höhere Aufenthaltsqualität. Im vierten Obergeschoss soll eine Leseterrasse zukünftig zum Verweilen und gemeinsamen Lernen einladen.  Visualisierung: UKW Architekten Krefeld

Für den stellvertretenden Leiter der Kölner Stadtbibliothek, Christian Schmid, ändert sich mit der Neugestaltung des Gebäudes auch das Nutzungskonzept. „Aufgrund des geänderten Nutzungsverhaltens benötigen wir zukünftig deutlich mehr Aufenthalts- und Eventflächen“, so Schmid. Tatsächlich wird es nach Abschluss der Generalinstandsetzung Angang 2024 einen großzügigeren Aufenthaltsbereich im Erdgeschoss mit Café sowie eine Leseterrasse im vierten Obergeschoss geben.

Auch die internen Prozesse sollen dank neuester Technik und mit neuen Anlagen (Sortieranlage) optimiert werden. Die rund 400.000 Medien im Bestand der Zentralbibliothek werden dann nach ihrer Rückgabe schneller wieder für die Nutzer verfügbar sein, erläuterte Schmid die Vorteile. Und weil auch die Verweildauer in der Zentralbibliothek insgesamt gestiegen ist, soll der neu gestaltete Standort auch eine höhere Aufenthaltsqualität haben. Zudem will die Zentralbibliothek während der Zeit der Bauarbeiten seine Öffnungszeiten in die Abendstunden ausweiten. Wie genau, steht derzeit noch nicht fest.

Für die Zeit der mehr als dreijährigen Bauphase werden man schon jetzt versuchen, in den Stadtteilbibliotheken zusätzliche Freiflächen einzurichten. Denn aufgrund bestehender Risiken bei „gebundenen Schadstoffen“ (vor allem Asbest) werde man während der Instandsetzung selbst am Gebäude auf jeden Fall mit „Schleusen“ arbeiten müssen. Für die Verantwortlichen der Stadtbilbiothek ist die Generalinstandsetzung in jedem Fall eine „Wertschätzung für die Besucher“. Und in Zeiten von Wissen 4.0 gehört die multifunktionale Nutzung einer Bibliothek als Lernort und Ort der Vernetzung zum Kern zukünftiger Nutzungskonzepte. Auch diese Anforderung soll durch die Generalinstandsetzung erfüllt werden.

Autor: Ralph Kruppa
Foto: Mit einer neuen helleren Fassade hebt sich der generalinstandgesetzte Bau der Zentralbibliothek deutlich von seinem heutigen Zustand ab. Visualisierung: Schilling Architekten