Köln | Stefanie Haaks ist die Vorstandsvorsitzende der KVB. Im Interview spricht sie über die Folgen der Krise für ihr Unternehmen und die Veränderungen im Mobilitätsverhalten der Menschen.

Wie erleben Sie im Moment Köln?

Stefanie Haaks: Es ist sehr ruhig geworden und es gibt nur sehr wenig Bewegung in der Stadt. Das Gewusel, das Köln sonst ausmacht, kann ich aktuell nicht beobachten. Eine Ausnahme ist nur der späte Nachmittag in Ehrenfeld, wo ich auch wohne, da kommen Massen auf dem Rad zurück aus dem Grüngürtel. Das habe ich vorher so nicht wahrgenommen.

Was sind die größten Herausforderungen für Sie als Vorstandsvorsitzende der KVB?

Haaks: Eine Herausforderung für uns als kommunales Verkehrsunternehmen ist der Umgang mit der Pandemie mit all ihren wirtschaftlichen Konsequenzen. Eine weitere große Herausforderung ist natürlich, den Betrieb unter Berücksichtigung aller Gesundheitsaspekte aufrechtzuerhalten. Das ist uns in den vergangenen Wochen gut gelungen, wir haben Köln mobil gehalten. Wir werden uns künftig noch mehr um die Fahrgastbindung kümmern und auch darauf achten müssen, dass sich laufende Projekte und Beschaffungen nicht verzögern. Das ist nicht immer so ganz einfach, da man auch jetzt die zuständigen Ansprechpartner der Geschäftspartner finden und erreichen muss, die oft nicht im Unternehmen, sondern im Homeoffice arbeiten. Das ist in normalen Zeiten meist ganz automatisch gelaufen, jetzt muss man häufiger nachhaken. Bei uns sind alle drei Vorstände im Büro, sodass wir uns sehen und miteinander sprechen können – alle natürlich mit dem notwendigen Abstand. Wir sehen uns sogar häufiger, da wir normalerweise viel unterwegs sind. Doch jetzt gibt es kaum noch Außentermine, sondern vermehrt Videokonferenzen.

Gerade wurde die Pflicht zum Mund-Nasen-Schutz eingeführt. Wie klappt das in den Bussen und Bahnen?

Haaks: Das funktioniert erstaunlich gut. Schon in den ersten Tagen waren mehr als 95 Prozent der Fahrgäste mit Maske unterwegs. Wir hatten extra Teams losgeschickt, die einfache Mund-Nase-Schutzmasken verteilt haben, falls jemand keine eigene dabei hat. Wir sind aber weniger Masken losgeworden als wir gedacht hatten. Etwas anders gestaltete es sich bei den Haltestellen. Da war vielen Fahrgäste nicht bewußt, dass es auch hier die Pflicht gibt, einen Schutz zu tragen. Aber auch das haben inzwischen die meisten Fahrgäste verstanden.

Wie sieht es aktuell mit der Frequenz der Fahrgäste aus?

Haaks: Wir fahren nach der Wiedereröffnung im Einzelhandel und der Rückkehr der Abiturienten in die Schulen tagsüber wieder im normalen Takt. Dieser ist nur abends ausgedünnt und in der Nacht sind wir nicht unterwegs, da es da keinen Bedarf gibt. Die Anpassung des Fahrplans hatten wir umgesetzt, da wir befürchtet hatten, dass es in Bussen und Bahnen zu eng werden könnte. Das ist aber nicht der Fall, die Auslastung liegt derzeit weiterhin bei durchschnittlich etwa 25 Prozent.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat die Krise für die KVB?

Haaks: Massive Einbrüche gibt es durch die Pandemie beim Barverkauf von Tickets. Da liegen wir nur noch bei sieben bis zehn Prozent der Werte vor Beginn der Krise. Das ist aber nicht unser Bereich mit den Haupteinnahmen, denn das sind unsere Abonnenten. Trotzdem belastet die Krise die Verkehrsunternehmen wirtschaftlich sehr. Deshalb unterstützen wir auch die vom Verband der Deutschen Verkehrsunternehmen aufgestellte Forderung eines Rettungsschirms für die Mindereinnahmen aller Verkehrsunternehmen durch den Bund. So wollen wir die eigenen Verluste so weit wie möglich reduzieren, um das Ergebnis als Teil des Stadtwerke-Konzerns nicht übermäßig zu belasten. Außerdem geht es darum, bundesweit die Mobilität für die Zukunft zu erhalten.

Wie hoch ist aktuell der Krankenstand bei den Mitarbeitern?

Haaks: Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gehören zu den systemrelevanten Berufen, sodass es für ihre Kinder die Notbetreuung in den Kitas gibt. Anfangs mussten beide Eltern in solchen Berufen arbeiten, jetzt reicht es aus, wenn einer in einem systemrelevanten Beruf tätig ist. So verzeichnen wir keine hohen Ausfälle und die Krankenquote ist entsprechend niedrig.

Wie wird der ÖPNV nach der Krise aussehen?

Haaks: Da wird sich einiges ändern. Neue Arbeitsmodelle werden sich etablieren, beispielsweise Homeoffice. Da dieses gut funktioniert, ist davon auszugehen, dass es auch nach dem Ende der Krise fortgeführt wird. Das hat Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten Das bedeutet für uns, dass die Fahrgastzahlen zurückgehen werden und wir neue Kapazitäten in unseren Bussen und Bahnen bekommen werden.

Was macht Ihnen aktuell Hoffnung und was macht Ihnen Sorgen?

Haaks: Hoffnung macht mir, dass die Mitarbeitenden der KVB als große Familie zusammenhalten und dass dank deren großen Einsatzes auch jetzt alles funktioniert. Das ist tolles Gefühl. Gewisse Unsicherheiten für die Planung können sich durch Entscheidungen ergeben, zum Beispiel aus der Politik, die wir nicht beeinflussen können. Beziehe ich das wiederum auf den Ausbildungsmarkt, die Schulen und Kitas, könnte es uns allerdings auch unterstützen, denn Veränderungen wie flexiblere Anfangszeiten würden die Kapazitäten in den Bussen und Bahnen eher vergrößern. Insgesamt sehe ich derzeit also mehr Chancen als Risiken.

Welche Tipps haben Sie für die Menschen jetzt in der Zwangspause?

Haaks: Gut tut auf jeden Fall das Spaziergehen oder Joggen in der Natur und an der frischen Luft. Man sollte das aber eher mitten im Tag als Pause nutzen, um den Kopf wieder freizubekommen. Ich selbst habe gerade meinen Dachboden entrümpelt. Außerdem ist jetzt die Zeit, in der man sich in der Familie wieder mehr einander zuwendet und beispielsweise intensive Gespräche führen kann. Das sollte man nutzen und nicht nur auf den Fernseher setzen.

Autor: Von Stephan Eppinger