Köln | Wer am heutigen Donnerstag seine App KVB-Rad öffnete, staunte nicht schlecht. Eines der mehr als 1400 Leihräder, die der Leipziger Anbieter Nextbike für die Kölner Verkehrs-Betriebe managt, gab über mehrere Stunden ein Signal ab von einem Standpunkt mitten in der Nordsee.

Nicht zum ersten Mal befinden sich KVB-Räder an Orten, wo man sie nicht unbedingt vermutet. So sorgte ein KVB-Rad im Oktober 2016 für überregionales Aufsehen, nachdem der Anbieter Nextbike eines seiner Leihräder in Kopenhagen entdeckte, den Ausleiher überführte und die regionale Presse mehrere Tage in Atem hielt. Im Februar vergangenen Jahres wurde ein offenbar entwendetes Fahrrad mit dem Logo des Kölner Verkehrsunternehmens im italienischen Fregene aufgespürt, rund 35 Kilometer von der Innenstadt der italienischen Hauptstadt entfernt. Offenbar kannte sich der Nutzer des Leihrades aus, denn wenn der Akku der Leihräder leer ist, sendet das Rad auch kein GPS-Signal mehr. Doch der Spuk endete, als die italienische Polizei den rumänischen Fahrer aufbrachte und gleich mehrere andere Räder sicherstellte.

Deutlich häufiger finden sich Fahrräder im Rheinland, aber weit außerhalb des erlaubten Radius. So wurden KVB-Räder schon auf dem Drachenfels, in Bonn oder nahe Düsseldorf aufgefunden. „Ein Fahrrad für ein Picknich am Fühlinger See auszuleihen, ist völliglegal, wenn die Nutzer es nachher wieder ins Bediengebiet zurückbringen“, erklärt KVB-Mediensprecher Stephan Anemüller. Pro Tag beträgt die Leihgebühr neun Euro, so viel wie in rund viereinhalb Stunden anfällt.„Wichtig ist, dass die KVB-Räder für den eigentlichen Zweck zur Verfügung stehen“, so Anemüller. „Wer mit dem Rad in die Welt hinaus will, fahre mit dem Leihrad bis zum nächsten Fahrradhändler und investiere in ein eigenes Gefährt.“

Leihräder mit innerstädtischem Kerngebiet

Die Leihräder der KVB dürfen eigentlich nur innerhalb eines bestimmten Gebiets abgestellt werden. Das umfasst im linksrheinischen Köln das Stadtgebiet innerhalb der Militärringstraße und auf der rechten Rheinseite bis Wiener Platz, Kalk und Poll. Wer sein Rad außerhalb dieses Einzugsbereiches abstellt und nicht innerhalb kurzer Zeit wieder in das Kerngebiet fährt, wird mit einer Abholgebühr von 20 Euro belastet. Wenn die derzeit drei Service-Teams das Leihrad aber außerhalb der Kölner Stadtgrenzen zurückholen müssen, wird es schnell teurer. Pro Kilometer Entfernung werden dann dem letzten Ausleiher weitere zwei Euro abgebucht.

Aus dem Stadtbild inzwischen nicht mehr wegzudenken und an Sonnentagen sehr beliebt, die KVB-Leihräder.

Im Gegensatz zu anderen Anbietern können Nutzer der KVB-Leihräder ihre Bikes innerhalb des festgelegten Bediengebiets abstellen, im Gegensatz zu anderen Anbietern, die so genannte Hub-Lösungen bevorzugen.

Das nun ein Fahrrad mitten in der Nordsee ein Lebenszeichen von sich gibt, ist auch für Anemüller eher ungewöhnlich. „Wir hatten schon eine Studentin, die mit einem KVB-Rad bis in die Eifel fuhr oder Leihräder, die auf Vordächern abgestellt wurden. Das gibt es immer mal wieder, auch wenn es nicht den Nutzungsbedingungen entspricht.“.

Hohe Verfügbarkeit als vorrangige Anforderung

So sind auch aus anderen Gründen immer wieder Räder nicht verfügbar. Aber selbst an Tagen mit erhöhtem Leihaufkommen wie an Sommertagen oder zuletzt beim Warnstreik am vergangenen Dienstag liegt die Verfügbarkeit bei deutlich über 95 Prozent. Drei Serviceteams kümmern sich darum, dass Leihräder innerhalb des Bediengebiets ausgebracht werden, um so den Nutzern möglichst ohne weite Wege Mobilität zu ermöglichen. „Die Verknüpfung der Verkehrsträger ÖPNV und Rad ist für uns ein wichtiges Argument, um auch neue Stammkunden zu gewinnen“, so Anemüller weiter. Für Kunden von KVB-Abos ist die erste halbe Stunde kostenlos.

Nextbike ist Eigentümer der Leihräder, während die KVB Besitzer von Leihstationen ist. Hier denken die Verantwortlichen darüber nach, neben den bestehenden Leihstationen an der KVB-Zentrale in Braunsfeld und bei RTL in Deutz weitere aufzubauen. Eine Flottenerweiterung wird es jedoch in den nächsten Monaten erst einmal nicht geben. Der Vertrag zwischen KVB und Nextbike nähert sichseinem Ende inklusive genutzter Option der Verlängerung. Zwar gibt es eine vertraglich zugesicherte Option, den Vertrag um ein Jahr zu verlängern. Die KVB bereitet derzeit aber schon die Ausschreibung für die nächste Vergabe vor, wie der KVB-Mediensprecher abschließend ausführte.

Nach einer Überprüfung durch den Anbieter Nextbike stellte sich heraus, dass das in die Nordsee entwichene Fahrrad ganz normal ausgeliehen war. Offenbar hatte der Bordcomputer Probleme mit der Ortung. Das Rad soll nun schnellstmöglich eingesammelt und das schadhafte Modul ausgetauscht werden, teilte Nextbike auf Anfrage abschließend mit.

Autor: bfl
Foto: Was macht das KVB-Rad mitten in der Nordsee? Manchmal gibt es dafür ganz banale Gründe.  Bild: Screenshot