Köln | Auf einem Tieflader am Neumarkt stand eine Bonner Straßenbahn die noch 1961 ihren Liniendienst versah. Heute ist sie auf Köln umlackiert, trägt das Kölner Stadtwappen und wird als erste Elektrische von der KVB verkauft. Immerhin verrät die Broschüre der KVB seine wahre Herkunft und erklärt, dass er nahezu baugleich zur ersten elektrischen Straßenbahn Kölns ist. KVB Chef Fenske zeigte sich begeistert darüber, dass 1901 schon in drei Jahren alle Pferdebahnen der Stadt Cöln elektrifiziert waren. Sieht man dagegen die Bauzeit und Inbetriebnahmezeit der Nord-Süd-Stadtbahn, muss man zustimmen.

Der in Köln ausgestellte Wagen der so genannten Rundbahn wurde von der KVB zu ihrem 100-jährigen Bestehen erworben. Gebaut wurde er 1902 von den Unternehmen van der Zypen & Chalier und Siemens & Halske und wog 9.200 kg. Er bot 16 Sitzplätze und 14 Stehplätze. Spitzengeschwindigkeit 25 km/h. 1901 hatte man 27 Millionen Fahrgäste, 1912 schon die 100-Millionen erreicht und heute über 275 Millionen. 1908 fuhren 358 Triebwagen auf den Gleisen Kölns. 1903 lagen 57 km Schienen im Stadtgebiet, heute sind es 288 km. Das schnelle Wachstum war auch der städtischen Entwicklung geschuldet, da ist sich Fenske sicher, die Vororte entstanden und wollten ans Stadtgebiet angebunden werden. Für die Zukunft sagt Fenske bis 2030 der KVB weiteres Wachstum voraus.

Oberbürgermeister Roters, der die KVB besuchte, erklärte dass man in den Zielen mit dem städtischen Verkehrsunternehmen übereinstimme. Dies wundert nun wenig, schließlich ist die KVB ein städtisches und kein privates Unternehmen. Die Elektrifizierung des Straßenbahnnetzes war Ausdruck für den Innovationsstandort Köln , den Firmen, wie das Unternehmen Herbrands aus Ehrenfeld, begleitet haben, so der Kölner Oberbürgermeister. Der bescheinigte der KVB zudem, dass der tägliche Betrieb, eigentlich eine Selbstverständlichkeit, eine technische Meisterleistung sei und Anerkennung und Wertschätzung verdiene. Dass der OB die KVB allerdings nach dem Nord-Süd-Stadtbahn Desaster mit dem Titel „gut für den Innovationsstandort Köln zu sein“ adelt, verwundert dann doch ein wenig. Dazu kommt, dass man trotz der hohen Fahrgastzahlen jedes Jahr ins Defizit fährt, 2010 waren es rund 87 Millionen Euro. Auch hier wünscht man sich eine differenziertere Betrachtung, schließlich wird dieses Minus über den Stadtwerkekonzern quersubventioniert. Roters sieht große Herausforderungen auf die KVB zukommen, wie die Verlängerung der Bahnsteige und die Umstellung auf dreigliedrige Fahrzeuge.

Auf dem Neumarkt zeigte man heute neben der Rundbahn auf dem Tieflader auch weitere historische Bahnen. Der elektrische Vorortbahn-Triebwagen der KFBE, der vom Unternehmen Herbrands gefertigt wurde und den Kosenamen „Finchen“ erhielt. Gefertigt 1911. Den Großraumwagen 1321 aus dem Jahr 1956, den Samba-Wagen 1019 von 1957 und den Achtachser 3764 aus dem Baujahr 1968. Einer Zeit des Umbruchs im Straßenbahnverkehr, denn just zu dieser Zeit wurden die Bahnen auf den schaffnerlosen Verkehr umgebaut. Der letzte Achtachser rollte 2006 aus dem Linienverkehr. Wer allerdings noch einmal damit fahren möchte hat in der türkischen Stadt Konya die Chance dazu. Denn dort sind 61 Wagen der KVB seit 1992 im Einsatz.

KVB Chef Fenske freute sich über 111 Jahre Elektromobilität im öffentlichen Nahverkehr, die damit ein Vorreiter der heutigen Diskussion sei. Dabei verschweigt er allerdings, dass es elektrisch betriebene Fahrzeuge des Individualverkehrs schon ab 1881 gab. Die Entscheidung zu Gunsten des Ottomotors, der bekanntlich in Köln entwickelt wurde, fiel durch mehr Bequemlichkeit, denn dort entfiel das lästige Ankurbeln und durch das billige Öl als Treibstoff. Das die Elektrifizierung der Kölner Straßenbahn damals innerhalb von drei Jahren möglich war, kommentierte Kölns Oberbürgermeister trocken: „Damals gab es auch noch keine EU.“ Den Rahmen für die Feier zum jecken Jubiläum der Elektrifizierung der kölschen Straßenbahn bot ein historischer Verein mit stilechten Kostümen.

Autor: Andi Goral
Foto: Ein historischer Verein hat sich nochmal so richtig in Schale geworfen, um an die Anfänge der Elektrifizierung der elektrischen Straßenbahn zu erinnern.