Köln | Die „Tour de Natur“ ist eine deutschlandweite Radtour, die im diesen Jahr zum 24. Mal für mehr ökologische Mobilität und einen Ausbau der Energiewende demonstriert. Rund 100 Umweltaktivisten touren, bewaffnet mit guter Laune, Banner und Tröte, vom 26. Juli bis zum 9. August durch das Rheinland. Sein erstes Etappenziel erreichte der 15-tägige Umweltprotest auf zwei Rädern heute Vormittag mit dem Kölner Bahnhofsvorplatz.

Karl Müller, 66, engagiert sich bei der „Tour de Natur“ zum zweiten Mal.

Lärmend und mit einem fröhlichem Lächeln auf den Lippen erreichte eine Gruppe von 100 Fahrradfahrern den Bahnhofsvorplatz am Kölner Dom. Kurz das Fahrrad abgestellt und schon werden Lautsprecher, Mikrofon und Banner ausgepackt um über Energie- und Verkehrspolitik zu diskutieren. So manch ein Passant hält kurz an, um das bunte Treiben vor dem Hauptbahnhof zu betrachten, während Pendler und Urlaubsreisende den Bannern der umweltbewussten Fahrradfahrer kaum Beachtung schenken. So bunt wie ihre Banner, ist auch die Altersstruktur der Umweltaktivisten. Der Jüngste unter Ihnen ist gerade mal 6 Monate alt. Der Älteste ist bereits über 70 und bedient sich eines Elektrofahrrads um die 30 bis 50 Kilometer langen Tagesetappen zu bewältigen. Sehr auffällig ist, dass die Teilnehmer der Radtour den Schutz der Umwelt nicht nur fordern, sondern ihn selber aktiv leben. So ernähren sich alle Teilnehmer der „Tour de Natur“ ganz vegan, also nur von pflanzlichen Lebensmitteln und keinerlei tierischer Produkte. Karl Müller, 66, sonst auch „Fleischfresser“, erklärt warum vegane Ernährung auf einer solchen Tour besonders wichtig ist: „Der Energieaufwand um Fleisch- und Molkereiprodukte kühl zu halten, ist viel zu hoch. Außerdem wird der Kostenaufwand mit rein pflanzlichen Produkten gering gehalten.“

Viele der Tour-Teilnehmer kennen sich zwar untereinander, doch auch Neulinge sind jederzeit willkommen. Pro Etappe zahlt der Tour-Teilnehmer für Organisation und Übernachtung rund 5-10 Euro. Der Essensbeitrag wird direkt vor Ort beglichen und beläuft sich auf 9-14 Euro. Dafür erhält man ein Frühstück, ein Lunchpaket und ein warmes Abendessen. Übernachtet wird meist in Turnhallen oder im Freien in mitgebrachtem Zelt. Damit jedoch wirklich jeder, unabhängig von seiner finanziellen Situation an der Tour der Natur teilnehmen kann, zahlen Mehrverdiener auf der Tour mehr, um so den Beitrag für Geringverdiener gering zu halten.

Bereits 1991 protestierten die ersten Teilnehmer der „Tour de Natur“ gegen den Bau der Thüringer Waldautobahn. Trotz dieses erfolglosen Unterfangens (die Autobahn wurde trotzdem gebaut) wollten die Teilnehmer sich weiterhin für die Umwelt einsetzen. Zu Beginn nur verkehrspolitisch interessiert, erweiterte die „Tour de Natur“ ihr Programm um Energie- und Friedenspolitik. Im Mittelpunkt der diesjährigen Radtour steht das Rheinische Braunkohle-Revier. Zur Energiegewinnung aus Braunkohle werden rund um die Tagebaue Lausitz und Garzweiler teilweise ganze Dörfer umgesiedelt und Landschaften wie der Hambacher Forst zerstört, kritisieren die Aktivisten. „Tour de Natur“ zufolge sind Braunkohlekraftwerke neben dem übermäßigen CO2-Ausstoss auch gesundheitsschädigend. Durch den Abbau von Braunkohle entstünden sekundäre Feinstäube und es werden giftige Stoffe freigesetzt. Die verstärkte Konzentration von Feinstaub im menschlichen Körper kann zu Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen führen.

Autor: Louis Goral-Wood
Foto: Die „Tour de Natur“ zu Gast in Köln auf dem Bahnhofsvorplatz.