Ein Kölner, ein Kanzler und sein grüner Daumen in Hanglage.

Köln | Er erfand die Gießkanne mit der Klappbrause und die Harke mit dem Hammerkopf. Die Rede ist von einem der bekanntesten Gärtner Deutschlands – der frühere Bundeskanzler Konrad Adenauer. Die Pläne für seinen eigenen Garten in Hanglage in Rhöndorf nahe Bonn entstand 1937 in einem Schulheft. Das Grundstück hatte er aus der Entschädigungssumme für seine Lindenthaler Villa erworben, aus der man ihn als Kölner OB vertrieben hatte. Akribisch hielt er bis zum kleinsten Blümchen hielt der CDU-Politiker alles fest, was er für sein Paradies vorhatte.

Doch schon 1939 musste er umplanen und seinen blühenden Garten während der Kriegszeit in einen Nutzgarten für seine große Familie verwandeln – aus Rosen wurden Kartoffeln. Nach dem Krieg kam der Einfluss seiner Urlauben in Italien nach Rhöndorf inklusive einer Bocciabahn und barocken Statuen. Noch heute zeugt ein Feigenbaum im Garten davon, den Besucher ab sofort wieder besichtigen können.

Während das Adenauer-Haus schon früh im Fokus stand, gab es zum Garten und seinem berühmten Gärtner bislang noch keine Literatur. Das haben jetzt der Autor Christian Feyerabend und der Fotograf Roland Breitschuh mit einem opulenten Werk geändert. „Ich kam vor vier Jahren durch Zufall nach Rhöndorf und habe an einer Führung teil genommen. Vom Garten war ich total begeistert“, berichtet der Autor, der selbst passionierter Gärtner ist.

Bei der Arbeit an seinem Buch gewinnt er ganz neue Erkenntnisse für sich über Adenauer. „Der Garten war seine Idee, die er penibel bis ins kleinste Detail umgesetzt hat. Dafür hat er viele Fachbücher gelesen und seinen Garten zunächst in Gedanken gemacht, ganz frei von Schädlingen und Unkraut. Das Vorbild des eigenen Gartens war immer der Garten seiner Kindheit in Köln. Er verfügt über besondere botanische Kenntnisse“, sagt Feyerabend. Dabei hatte der CDU-Mann schon immer eine grüne Seele, so als er für die einfachen Arbeiter und Angestellten in Köln den Grüngürtel schuf und dafür auch reiche Villenbesitzer enteignete.

Sein Land die Bundesrepublik Deutschland hat der spätere Bundeskanzler als seinen Garten, den er nach seinen eigenen Vorstellungen sät, hegt und wachsen lässt. „Er verstand sich da quasi als Obergärtner der Bundesrepublik.“ Im Alltag war es wohl nicht immer einfach, mit dem Kanzler auszukommen. „Er hat die Gärtner und Architekten endlos genervt und sich als Sparfuchs über jede Rechnung beklagt. Haben Gärtner Unkraut im Beet stehen lassen, hat Adenauer es rausgerissen und auf den Weg gelegt, damit die Gärtner ihren Fehler direkt sehen“, berichtet der Autor.

Auch mit den Nachbarn stand er häufiger im Streit. Da galt für nachbarliche Bienen im Kanzlergarten genauso wie für ein rotes nachbarliches Dach, das Adenauer in seinem Arbeitszimmer beim Betrachten seiner Kunstwerke störte. Auch die Idee eines Parteifreundes, eine Seilbahn zum Drachenfels zu bauen, wurde heftig bekämpft. Und Adenauer wusste seinen Garten für seine Zwecke zu nutzen. So machte er PR, wenn er im Garten vor den Kameras so tat, als würde er gerade selbst gärtnern.

Berühmt ist auch die Rhöndorfer Konferenz, als Adenauer Parteifreunden wie Franz-Josef Strauß oder Ludwig Erhard nach reichlich Wein, Cognac und Buttertorte im treppenreichen Garten seinen Anspruch auf die Kanzlerschaft verkündete. Wer mit Adenauer im Garten Boccia spielte, musste übrigens sich in Acht nehmen, denn verlieren war nicht die Sache des Kanzlers.

Aufgenommen wurde der Garten von Roland Breitschuh über Jahre hinweg in verschiedenen Jahreszeiten und Situationen. Viel Lob dafür gibt es von Literaturkritiker Denis Scheck: „Das Buch ist eine fabelhafte Anleitung zum Glücklichsein im Grünen und ein Buch über die wahren Wurzeln der Bundesrepublik.“

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Christian Feyerabend, Roland Breitschuh: Adenauer – Der Garten und sein Gärtner, Greven-Verlag, 200 Seiten, 30 Euro.

Autor: Von Stephan Eppinger
Foto: Roland Breitschuh, Christian Feyerabend und Denis Scheck