Kultmusiker Wolfgang Niedecken wird 70

Köln | Ende des Monats feiert die Kölner Musiklegende Wolfgang Niedecken seinen 70. Geburtstag. Einen umfassenden Rückblick auf sein Leben hat er bereits in seinen Biografien „Für ’ne Moment“ und „Zugabe“ gegeben. Dieser reicht von seiner Jugend und dem Kunststudium über die Gründung seiner Band Bap bis zum einschneidenden Erlebnis Schlaganfall und dem Neustart der so jäh unterbrochenen Künstlerkarriere. Er erzählt von der New Yorker Kunstszene genauso wie vom stetigen Unterwegssein als Musiker bis hin zu den Krisen in seinem Leben und dem unbedingten Willen, weiterzumachen.

Jetzt zum großen Geburtstag wurden beide Biografien in einem großen Band zusammengefasst und von Niedecken mit einem neuen Vorwort versehen, das auch ein weiteres Kapitel seines Lebens erstmals zu Papier bringt. Er berichtet auch von der Entstehung der beiden Biografien, die er mithilfe seines Co-Autors, dem Literaturwissenschaftler Oliver Kobold veröffentlicht hat. Mit den lapidaren Worten „Du weißt ja wohl, dass du demnächst meine Biografie schreibst!?“ gab es den Auftrag für den guten Freund, mit dem er sich oft für die einzelnen Kapitel und Geschichten getroffen hatte. Ganze Wochenenden mit Gesprächen und Spaziergängen am Rhein wurden in das Werk investiert.

Die „Zugabe“ hatte den schweren Schlaganfall zum Anlass, den der Musiker Ende 2011 erlitten hatte und über den er sich, wie er sagt, die Deutungshoheit zurückholen wollte. Auch die Chance weitere Geschichten in dem neuen Buch unterzubringen, die es beim ersten Werk nicht geschafft hatten, reizte Niedecken an der Fortsetzung, die bis zur Aufnahme des Solo-Albums „Zosamme alt“ Ende 2012 in Woodstock reicht.

In seinem Vorwort blickt er auch auf die gut acht Jahre nach diesem bemerkenswerten Ereignis. Seitdem sind sechs weitere Alben, darunter zwei Live- und ein Best of-Album erschienen. Mit der Unplugged-Tour zu „Das Märchen vom gezogenen Stecker“ gab es für Bap auch einen Neustart – Gitarrist Helmut Krumminga verließ nach 14 Jahren die Band und Ulrich Rode kam neu hinzu. Ein besonderes Album war 2017 für Niedecken „Reinrassije Strooßekööter – das Familienalbum“ mit Songs, in denen er die Geschichte seiner eigenen Familie erzählt.

Das Album „Alles fließt“ stammt aus dem vergangenen Jahr, es sollte im vergangenen September in den Kölner Sartory-Sälen präsentiert werden – am 30. März war das Konzert zum 70. Geburtstag in der Kölner Arena geplant, danach sollte es im Sommer große Open Airs geben. Die Corona-Pandemie hat diese Pläne vorerst zunichtegemacht. „Zum jetzigen Zeitpunkt kann noch keiner voraussagen, ab wann es wieder Rockkonzerte unter wirtschaftlich kalkulierbaren Voraussetzungen geben wird“, schreibt Niedecken im Januar in seinem Vorwort und kritisiert den von ihm befürchteten Niedergang der Veranstaltungsbranche in der Krise. Doch er wäre nicht Wolfgang Niedecken, wenn er nicht fest an die Fortführung seiner Karriere und das erneute Touren glauben würde. „Noch traue ich mir das zu“, schreibt er am Ende seines Vorworts.

— — —

Wolfgang Niedecken, 70 Jahre, Hoffmann und Campe, 898 Seiten, 29,90 Euro

Autor: Von Stephan Eppinger
Foto: Das Archivbild ist im Juni 2019 beim Empfang der Filmstiftung vor der Wolkenburg entstanden. | Foto: Eppinger