Köln | Im Erdgeschoss der Filiale der Mayerschen Buchhandlung am Neumarkt wand sich eine lange Menschenschlange zwischen Büchertischen hindurch hin zu einem kleinen Tisch. Draußen ging ein leichter Mai-Schauer nieder, drinnen war die Luft langsam zum Schneiden dick: Robert und Carmen Geiss, besser bekannt als „die Geissens“, hatten sich für eine Signierstunde für ihr frisch erschienenes Buch angekündigt.

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Es ist gleich 17.00 Uhr, für diese Zeit war die Signierstunde angekündigt. Die Menschen in der Buchhandlung richten ihre Blicke nach draußen, starren auf andere Wartende vor der Buchhandlung, die dort eine Gasse gebildet haben und Testaufnahmen mit ihren Smartphones machen. Dann ist es soweit: Auftritt der Protagonisten des Spektakels, die von mehreren Personenschützern in Empfang genommen werden. Robert und Carmen Geiss, Self-Made-Millionäre und Wahl-Monegassen mit kölschen Wurzeln, die völlig unprätentiös dem Fond eines schwarzen Minivans entstiegen und die Wartenden mit „Juuten Tach“ begrüßten. Mehrmals machen sie Halt, nehmen ein Bad in der Menge, bekommen kleine Kinder entgegenschoben. Und sind sichtlich erstaunt ob der vielen Menschen, die alle ein Exemplar ihres Erstlingswerks „Von nix kommt nix – Voll auf Erfolgskurs mit den Geissens“ in Händen halten, einer Mischung aus Biographie und Ratgeber für angehende Millionäre.

Wer sind sie, die Leute, die teilweise seit  über einer Stunde ausharren, um ein Autogramm des frischgebackenen Autorenpaars zu ergattern, das sein Vermögen der Gründung eines Labels für Sportbekleidung in den 80er Jahren verdankt? – Eifern sie optisch ihren Idolen, nicht zuletzt bekannt aus dem TV-Format eines Kölner Privatsenders, nach? Tragen alle Shirts mit dem Aufdruck „Das ist der Burner“ oder Zehentreter mit dem familieneigenen Wappen, erhältlich im Online-Shop ihrer Homepage? Nichts dergleichen. Skandieren sie laut „Roobert“?  Nein, alle Anwesenden scheinen ihre Affekte unter Kontrolle zu haben. Zu den Wartenden gehören Menschen verschiedenster Altersgruppen, und – allem äußeren Anschein nach – aller sozialer Schichten. Das Gros der Wartenden ist dreißig Jahre oder älter. Ebenso gut  hätte sich Ulrich Wickert ankündigen können, das Publikum hätte sich nicht unterschieden. „Die Klientel heute ist nicht anders als an anderen Tagen“, bestätigt eine Mitarbeiterin der Buchhandlung. Was die Leute in der Schlange  zu einen scheint: Alle teilen sie die Faszination, die von dem Millionärs-Paar, das in den Medien auch schon einmal als die  „Proll-Millionäre“(Focus Online, Bild.de) bezeichnet wird, ausgeht. Einige kauen unruhig auf ihren Lippen, andere werfen, so wirkt es, ein wenig verschämt, hastig ihren Kopf hin- und her:  Ist unter den Wartenden vielleicht das eine oder andere bekannte Gesicht? Und falls ja: ist es jetzt peinlich oder nicht, in der Menschenmenge erkannt zu werden? Allgemein ist die Stimme unter den Wartenden eher ruhig, fast andächtig.  Eine Art Hysterie bricht allenfalls unter den Pressefotografen auf der Jagd nach dem besten Platz aus, als das Ehepaar Geiss sich seinen Weg durch die Menschen bahnt.

Nach kurzer Ankündigung seitens der Buchhandlung – es wird noch einmal darauf hingewiesen, die Kaufquittung bereitzuhalten – nimmt das Paar Platz an einem schmalen Tisch. Dahinter wird ihr Erstlingswerk in mehreren großen Bücherregalen feilgeboten, daneben prangt das übergroße Cover ihres Buches, auf dem sie beide abgebildet sind. Robert Geiss witzelt mit den Fotografen und dem Kamerateam, von denen sie förmlich belagert werden, kommt jedoch spontanen Aufforderungen wie „Kannst du der Carmen mal das Buch auf den Kopf hauen?“ nicht nach.  Dann geht es los: die Ersten lassen ihr Buch signieren, bringen ihre Bewunderung zum Ausdruck. „Ich find‘ euch toll – bleibt wie ihr seid“, sagt einer.

Ganz andere Szenen spielen sich eine Etage oberhalb ab: Kopfschüttelnd fragt eine ältere Dame einen der Angestellten: „Was ist denn hier los?“ – „Heute ist eine Signierstunde, die Geissens sind da.“, bekommt sie als Antwort. „Wer?“, hakt die Dame leicht verdutzt noch einmal nach. „Ein Paar, bekannt aus dem Fernsehen. Sie haben ihre eigene Sendung“, versucht der junge Buchverkäufer zu erklären. Doch auch diese Information scheint der Frau nicht wirklich weiterzuhelfen. Unten posiert derweil das Ehepaar Geiss für Fotos mit Autogrammjägern. Als Robert Geiss von einer Frau erfährt, dass sie, wie viele andere auch, bereits seit über einer Stunde Schlange steht, fragt er in die Runde, ob denn schon jemand das Buch  gelesen habe.  Als Antwort schlägt ihm betretenes Schweigen entgegen. Er nimmt es gelassen, grinst und signiert weiter.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Das Ehepaar Geiss beim Betreten der Mayerschen Buchhandlung am Neumarkt.