Köln | Alvin Ailey – American Dance Theater – feierte im Rahmen des 30. Kölner Sommerfestivals in der Philharmonie Premiere in Köln. Ein Abend der ein wenig zweigeteilt war, musikalisch und visuell von ultramodern 21. Jahrhundert bis klassisch aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Und so erzählte der Abend auch die Geschichte der Ailey-Company. Jeroboam Bozeman sagte im Interview mit report-K, dass er an der Philharmonie als Venue besonders die Intimität mit dem Publikum schätze, wenn der Schweiß der Tänzer in den Saal fliege. Im Interview mit report-K Rachael McLaren und sehen Sie einige Ausschnitte aus den Szenen „Exodus“ und „Four Corners“.

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Jeroboam Bozeman ist seit 2013 bei der Ailey-Company. Zuvor tanzte er unter anderem beim Broadway Musical Aida von Elton John und Tim Rice und ging auf Tournee durch China. Er kommt aus Brooklyn New York während Rachael McLaren aus Manitoba in Kanada stammt. Sie ist bereits seit 2008 Teil der Ailey-Company und war auch schon vor drei Jahren beim Sommerfestival in Köln. Sie ist Stipendiatin der Ailey School und stand nach ihrem High School Abschluss bei Mamma Mia in Toronto auf der Bühne. Im Interview mit report-K erzählen sie was ihnen die Ailey-Company bedeutet.

Modern und einzigartig „Four Corners“

Starten wir, wie die Company, mit dem modernen Teil. „Four Corners“, choreografiert von Ronald K. Brown, verfolgt eine getanzte Geschichte, die die Company als Suche nach dem friedlichen Leben beschreibt. Sie beginnt mit der Szene an der die vier Tänzer – in deren Vorstellung – vier Engel die vier Winde festhalten. Die Suche wird zum tänzerischen Weg kraftvoll und hoffnungsfroh, aber auch im Wirkungsdreieck zwischen Drangsal, Hingabe und Triumph. Musikalisch getragen wird der Tanz von Carl Hancock Rux „Lamentations“. Auch ohne diesen Hintergrund lässt das Stück viel Raum für Interpretation und besticht durch seine feinen, fast nervig gezeichneten Tanzszenen, die sich von der Solopartie zum Gesamtbild bewegen.

Jede Bewegung, ob in voller Kraft und Dynamik oder langsam austariert, ist von den Tänzern und Brown auf den Punkt gesetzt. Nichts wirkt hektisch oder überreizt. So wie die Musik. So lange die Bewegung in dieser Form dauert, so lange hat sie Zeit und dies unterstreicht auffallend die Emotionen und den künstlerischen Ausdruck ohne in Manierismus zu verfallen. Muss sie verstärkt werden, wird die Bewegung dupliziert und zu einer mehrfach hintereinander gleichen monoten Figur ausgetanzt. Vor allem in den Gruppenszenen verstärkt sich so das visuelle Bild, wenn drei Tänzer eine gleichförmige Form austanzen und der Solist sein Programm dagegen setzen kann und so besonders heraussticht. Dabei konkurrieren sie nicht, sondern sie werden in der Gemeinsamkeit – ohne dass der Solist sich vollständig einreihen muss – stärker. Eine fantastische Inszenierung.

Die dritte Dimension der Bewegung

Daneben werden westafrikanische Tanzformen mit denen des Modern Dance verwoben und stehen für eine Zeit in der sich nicht nur World Music – denn Rux steht eigentlich für Alternative – sondern sich auch die Welt in den Tanzstilen immer stärker verbindet. Hier gestaltet ein Choreograf und überlässt nichts dem Zufall und das bei Elementen die leicht wirken und gerade bei der Asynchronität von getanzten Elementen das fantastische Talent der Tänzer aufzeigen. Nicht alles wird und muss harmonisiert werden. Wenn sich die Kreisform der Tänzer in eine Linie auflöst, dann hat dieser Prozess schnelle Stellen, wenn sich die Tänzerlinie fortbewegt, Momente an denen der Tänzer stoppt und langsame Stellen, die synchron verfolgt werden. So entsteht im Raum eine dritte Dimension der Bewegung, die sich in Tanz auflöst. Mal ganz abgesehen davon, groovt die Musik massiv.

„Hip-Hop ist eine Feier des Lebens“

„Exodus“ schließt auf der Gestaltungshöhe von „Four Corners“ an, gibt der Company neuen Drive und plötzlich findet Hip-Hop auf der Bühne der Kölner Philharmonie statt. Nicht nur weil die Tänzer bunte Turnschuhe tragen und damit über die Bühne flitzen, sondern diese typische Velozität des Hip-Hop leben. Die Botschaft der Ailey-Company: Der Schritt oder „Exodus“ raus aus Ignoranz und Bequemlichkeit ist ein wichtiger Schritt zu Besserem. Ob es dann gleich „Erleuchtung“ sein muss, wie der Choreograf schreibt, mag dahingestellt sein. Die Tänzer überbieten sich in der Performance und es bleibt – auch für das Bühnenbild – nur die Empfehlung hingehen und erleben. Der Choreograf Rennie Herris: „Hip-Hop ist eine Feier des Lebens“.

„Takademe“ ist auf Sprache und Tanz reduziert. Angelehnt an den indischen Kathak-Tanz ist alles auf den Tanz und den einen Tänzer und den Rhythmus von Stimme konzentriert. Es geht nicht mehr minimalistischer. Das ist nicht nur einzigartig sondern zeigt zeitlich verdichtet was Menschen mit ihrem Willen, ihrem Körper und Stimme ohne große Orchestrierung an Emotion, Dynamik und Konzentration umzusetzen vermögen.

Prädikat: Sehenswert

Nach diesen ultramodernen Inszenierungen fiel „Revelations“ aus dem Jahr 1960 natürlich aus der Zeit gefallen. Inszeniert vom Vater und Namensgeber der Company Alvin Ailey und orchestriert mit traditionellen Spirituals freuten sich vor allem die älteren Fans der Company. Es gab nicht nur rauschenden Applaus nach jedem Stück, sondern mehrminütige Standing Ovations und eine Zugabe am Ende des Programmes. Für Fans des Tanzes ist die Alvin Ailey Company eine Offenbarung und sicher das Highlight des 30. Kölner Sommerfestivals. Nach der heutigen Premiere bleibt die Company noch bis zum 13. August in der Kölner Philharmonie.

Autor: Andi Goral