Köln | Die Dorfbewohner können kein Englisch. Und so machen sie aus „our house“, wie die Jugend-WG ihr Zuhause nennt, „Auerhaus“. Den gleichnamigen Erfolgsroman von Bov Bjerg, ein klassischer Entwicklungsroman – neudeutsch „Coming of age novel“ bringen jetzt die Schüler der Schauspielschule am Theater der Keller auf die Bühne.

Der zeitliche Hintergrund ist auf den ersten Blick fern von heute: Die RAF bedroht den Staat, es gibt noch den Wehrdienst, wer ihn verweigert, muss sich einer Prüfung stellen. Doch wer es nach Westberlin schafft, ist vom „Bund“ befreit. Zeitlos und aktuell dagegen sind die Träume der Jugend, ein eigenes Leben zu leben, sich von herrschenden Moralvorstellungen zu lösen,

Das aber ist nicht so einfach. Im „Auerhaus“ – wiederholt wird der Madness-Hit „Our house in the middle of the street“ gesungen – findet sich eine merkwürdige Mischung jugendlicher Gymnasiasten kurz vor dem Abi zusammen. Höppner (Liliom Lewald) ist noch der „Vernünftigste“ von ihnen. Verliebt ist er in Vera (Elena Hollendet), die aber nimmt es damit nicht so genau. Sein Freund Frieder (Tobias Krebs) hat schon einen Selbstmordversuch hinter sich. Pauline (Laura-Anthea Heyner) ist eine Brandstifterin. Cäcilia (Davina Donaldson) kommt als einzige aus einem intakten Elternhaus. Harry (Falk Pognan) ist Elektriker-Azubi, schwuler Stricher, fährt einen dicken Amischlitten und dealt. Schließlich noch Axel (Egor Reider).

Ziele nie mit einer Spielzeugpistole auf einen Polizisten!

Die täglichen Lebensmittel klauen, um die Haushaltskasse zu entlasten, ist eine Form des Protests gegen die Erwachsenenwelt. Eine andere ist, aus Harrys Auto mit einer Spielzeugpistole auf Polizisten zu zielen. Das muss schiefgehen. Es kommt zu einer Verfolgungsfahrt, zur Festnahme, zum Prozess – aus dem Cäcilia dank ihrer wohlhabenden Eltern glimpflich davon kommt.

Und die anderen? Sie machen doch noch Karriere – doch leider nur in der Phantasie. Die Träume zerplatzen wie die realen Luftballons, die den Bühnenboden füllen. Am Grab von Frieder treffen sie wieder zusammen – denn diesmal war es nicht nur ein Selbstmordversuch.

Die sieben jungen Schauspieler – gekleidet in Weiß, der Farbe der Unschuld – füllen die enge Bühne mit Spiellust und Energie, dass es Spaß macht, ihnen zuzusehen. Jeder und jede versteht, sich in Szene zu setzen, ohne dabei das Ensemble zu vergessen. Doch die Inszenierung von Volker Schmalöer krankt an dem, was viele Roman-Dramatisierungen kennzeichnet: Es ist durch die zahlreichen Erzählpassagen letztlich eine „illustrierte“ Lesung mit viel Sprechkunst, doch ohne gespielte Handlung, schmackhaft gemacht hier vor allem durch viel Action. Doch auch damit können die sieben glorreich überzeugen.

[infobox]„Auerhaus“ – die nächsten Vorstellungen: 11., 20., 25. und 31. Oktober, 7., 13. und 23. November, jeweils 20 Uhr. Theater der Keller, Kleingedankstr. 6, 50677 Köln, Karten: Tel. 02 21 / 31 80 59 (Mo-Fr 10-17 Uhr), tickets@theater-der-keller.de, www.offticket.de, www.köln-ticket.de und an allen Vorverkaufsstellen.

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Autor: ehu | Foto: MeyerOriginals / TiB
Foto: Die (fast) leere Bühne im Theater der Keller scheint zu klein für Spiellust und Energie der sieben Schauspieler.